Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
Vielleicht bei Gregory Hesse. Nicht bei Myra Gelb. Gab es überhaupt irgendwelche Berührungspunkte zwischen den beiden Opfern, außer dass sie auf dieselbe Schule gingen?«
Marge dachte einen Moment lang nach. »Sie waren weder direkt Außenseiter, noch gehörten sie zu einer ›In-Clique‹ wie dieser B-and-W-Mafia, die nicht viel mehr ist als ein Haufen dämlicher reicher Kids, die idiotische Verbrecher spielen. Was nicht heißt, dass die Jungs keinen Schaden anrichten.«
»Stimmt, bewaffnete Teenager sind für niemanden eine gute Nachricht«, sagte Oliver. »Und Myra hatte also Depressionen?«
»Ja, laut ihrem Bruder. Wir haben keine Hinweise darauf, dass auch Gregory davon betroffen war. Die beiden haben keine gemeinsamen Freunde. Und bei rund fünfzehnhundert Schülern ist es eher unwahrscheinlich, dass sich die beiden kannten, vor allem deshalb, weil sie eine Klasse über ihm war.«
»Wie steht’s mit gemeinsamen Lehrern?«
»Keine Ahnung«, gab Marge zu. »Um die Wahrheit zu sagen, nachdem Wendy Hesse unsere Mini-Ermittlung abgeblockt hat, haben wir Gregory Hesses psychologische Autopsie eingestellt. Jetzt allerdings, mit zwei Selbstmorden, Kevin Stangers Mobbing und Berichten über Mini-Mafia-Banden, lohnt sich eine Analyse vielleicht doch. Cliquen gibt es immer, aber diese schießt wohl übers Ziel hinaus.«
In diesem Augenblick rauschte Martin Punsche wie ein Tornado ins Zimmer, bekleidet mit einem weißen Hemd und schwarzer Hose. Seine Gesichtsfalten waren seit seiner letzten Begegnung mit den Detectives deutlich tiefer geworden. Der VP blickte auf die Uhr. »Ich weiß, ich bin spät dran. Ließ sich nicht ändern. Es war … die reinste Hölle. Es gibt kein anderes Wort dafür. Die Hölle. So etwas hat es noch nie gegeben.«
»Sie hatten vorher noch nie Selbstmorde an der B and W?«, fragte Oliver.
»Zwei in den vergangenen acht Jahren, und selbst das hielten wir schon für eine Ausnahme. Wir suchen nach den psychologisch Robusten. Natürlich kann man Dinge wie Tod und Krankheit, die während des vierjährigen Aufenthalts der Schüler hier auftreten, nicht vorhersagen, aber wir versuchen dann, uns sofort mit diesen Dingen zu beschäftigen. Wir wussten, dass Myra einige Probleme hatte. Wir verlangen von allen Eltern eine Meldung darüber, welche Medikamente ihre Kinder einnehmen, schon aus rechtlichen Gründen. Ihre Mutter sagte uns, Myra nehme Antidepressiva. Aber es schien ihr gut zu gehen.«
»Was ist Ihre Definition von ›gut gehen‹?«, hakte Oliver nach.
»Sie hatte hervorragende Noten, und sie hatte Freunde. Ihre Lehrer hatten nicht Ungewöhnliches zu berichten.«
»Möchten Sie sich setzen, Sir?«, fragte Marge.
Punsche fiel auf, dass er in dem winzigen Büro auf und ab tigerte. Er ließ sich in einen gepolsterten Schreibtischstuhl fallen. »Ich habe nur eine Minute Zeit bis zum nächsten Seminar. Was kann ich für Sie tun?«
»Bei unserem letzten Gespräch sagten Sie uns, Sie hätten Gregory Hesse nicht sonderlich gut gekannt«, frischte Oliver Punsches Erinnerung auf.
»Ja, das stimmt. Seitdem habe ich mit einigen seiner Lehrer gesprochen. Gregory schien sich ebenfalls zu machen. Er war ein hervorragender Schüler, zeigte kein auffälliges Verhalten, keine sozialen Probleme. Er gab sogar Nachhilfe, wovon ich gar nichts wusste. Ich tappe völlig im Dunkeln.« Punsche starrte die Detectives an. »Ich bin mir noch nicht mal ganz sicher, warum Sie beide überhaupt hier sind. Ist ja toll, wenn sich die Polizei für das Wohlergehen unserer jungen Menschen interessiert, aber ich weiß nicht, ob das hier wirklich Sache der Polizei ist.«
»Wir wollen sichergehen«, sagte Oliver, »dass diese Todesfälle nicht Teil eines größeren Problems an der Schule sind … dass diese beiden Fälle nicht in Zusammenhang stehen.«
Punsche fuhr sich mit der Hand über seinen kahlen Schädel. »Ich wüsste nicht, wie. Myra und Gregory waren noch nicht einmal in derselben Klasse.«
»Trotzdem könnten sie sich gekannt haben.«
»Vielleicht hatten die beiden einen gemeinsamen Kurs«, sagte Marge.
»Normalerweise sind die Elft- und Zehntklässer ziemlich getrennt voneinander, aber es gibt ein paar Wahlfächer, die in jedem Jahr von allen Jahrgangsstufen genommen werden können. Einen Augenblick …« Er schaltete seinen Computer an. »Ich rufe Myras und Gregorys Fächerliste auf.«
»Die Liste mit Gregorys Fächern haben wir noch.« Marge zückte ein Blatt Papier. »Von dem, was wir gehört haben,
Weitere Kostenlose Bücher