Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
dich singen!«, heulte sie.
»Nein, nein, nein.« Er zog sie von seiner Brust weg. »Damit kommst du nicht durch.«
»Du wirst denken, dass ich wie ein Truthahnfurz klinge.«
Er musste ein Lachen unterdrücken. »Du klingst bestimmt nicht wie ein Truthahnfurz. Und selbst wenn, würde ich’s dir nicht sagen.« Er stand auf; ihre Beine hielten ihn immer noch an der Taille umschlungen. Er setzte sie ab, damit sie gerade stehen musste, und sah ihre Noten durch. »Okay, da ist es ja. ›Der Hölle Rache‹.« Er schnalzte mit der Zunge. »Das ist eine sehr anspruchsvolle Arie. Du musst schon eine ganze Weile Gesangsstunden nehmen.«
Sie nickte.
»Bereit zum Aufwärmen?«
»Nein.«
»Los, komm schon.«
»Ich will mich nicht aufwärmen.«
»Du willst kalt lossingen?«
»Ja.«
»Du willst das F über dem Hohen C ohne Aufwärmen singen?«
»Ja.«
»Jetzt benimmst du dich wirklich wie ein verrücktes Huhn.« Sie schmollte nur weiter. Gabe breitete die Noten auf seinem Notenhalter aus. »Also gut.« Er gab ihr einen d-Moll-Akkord und signalisierte ihr mit einem Nicken anzufangen.
Da kam nichts.
Er sah sie erstaunt an. »Dann fang einfach an, wenn du so weit bist, und ich folge.«
»Ich will nicht singen.«
»Hör auf damit.« Er spielte den Akkord im Tremolo und wartete. Sie brachte die ersten Töne heraus, dann waren die Tränen wieder da.
»Du wirst mich auslachen.«
»Nein, werd ich nicht.« Er seufzte und atmete laut aus. »Kann ich dir ein Geheimnis anvertrauen?« Als sie keine Antwort gab, fuhr er fort: »Wenn ein Junge ein Mädchen mag, so wie ich dich mag, dann sind wir … quasi ohne Hirn unterwegs. Ihr müsst nur auftauchen, und schon macht ihr uns glücklich. Also stress dich nicht selbst. Alles, was du tust, ist toll. Sing dir einfach die Seele aus der Brust.«
»Aus meiner kleinen Brust.«
»Wirst du mir das eigentlich nie verzeihen?« Er sah sie wütend an. »Es tut mir leid, okay?«
»Okay«, sagte Yasmine. »Mein Busen ist ja auch klein. Aber das wird nicht so bleiben.«
»Ich weiß, ich hab deine Schwestern gesehen. Ich hoffe nur, ich bin noch am Start, um diese Verwandlung mitzukriegen.«
Sie schlug ihn noch mal.
»Ich bekomm lauter blaue Flecken.«
»Geschieht dir recht.«
Er schlug wieder den d-Moll-Akkord an. »Jetzt aber, Himmelherrgott.«
Endlich legte sie los. Anfangs definitiv wackelig. Erst als sie bei der Koloratur angekommen war, hatte sie ihre Stimmbänder wiedergefunden. Und als sie fertig war, war er nicht nur verblüfft, sondern geradezu platt.
»Mamma mia.« Er lachte leise vor sich hin. »Du hast eine richtige Stimme.«
Sofort breitete sich auf ihrem Gesicht ein Lächeln aus. »Das sagst du nur, weil du nett sein willst.«
»Wenn’s um Musik geht, bin ich nie wirklich nett, sondern sehr kritisch. Du warst … gut.«
Sie strahlte vor Freude. »Echt?«
»Echt.« Er schüttelte den Kopf. »Mann, in ein paar Jahren bist du der Wahnsinn, wenn deine Stimmbänder länger werden und die Brusthöhle größer wird, und bitte keine Bemerkung über deinen kleinen Busen. Ich mein das sehr positiv.«
»Ich muss an meiner Atemkontrolle arbeiten.«
»Ja, ehrlich gesagt stimmt das. Aber dafür ist der Gesangslehrer da.« Erneut schüttelte er den Kopf. »Du triffst alle Noten. Hast du das absolute Gehör?«
Sie nickte.
»Sollten du und ich jemals Nachwuchs haben, produzieren wir eine kleine Herde Kinder, die sich ständig die Ohren zuhalten müssen, weil alles andere im Leben so grässlich klingt. Super Leistung, Yasmine. Einfach unglaublich.«
Sie strahlte noch mehr. »Noch was?«
»Nein, nicht wirklich«, erwiderte Gabe.
»Wie meinst du das?« Yasmine setzte sich neben ihn. »Ich bin ein großes Mädchen. Ich kann das ab.« Als er nicht darauf reagierte, fuhr sie fort: »Wenn du es mir nicht sagst, bin ich verunsichert.«
»Also … du musst eine Lösung finden, was du mit deinen Händen anstellst.«
»Allerdings. Ich bin ein bisschen steif beim Singen.«
»So in der Art.« Gabe räusperte sich. »Als Einziges würde ich anmerken, dass … du die Noten gesungen hast … aber nicht die Worte. Weißt du, was du da singst?«
»Ich kenn die Übersetzung.«
» Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen« , rezitierte er. »Die Königin der Nacht vergeht vor Rachegelüsten gegen ihren Rivalen Sarastro und würde ihre eigene Tochter opfern, nur um ihren Rachedurst zu befriedigen. Also, meinen Dad zum Beispiel kann ich mir so total gut vorstellen. Dass er sagt: ›Los,
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