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Teuflische List

Teuflische List

Titel: Teuflische List Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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das will sie glücklicherweise nicht. Wenn wir verminderte Zurechnungsfähigkeit beweisen wollen, liegt alles in den Händen der Psychiater und Psychologen. Natürlich habe ich aufgrund von Abigails Meinungswandel schon die entsprechenden Berichte angefordert, aber trotzdem noch einmal um Ergänzungen zu diesen Berichten gebeten.«
    »Und dann?«, fragte Jules.
    »Das hängt von den Berichten ab«, antwortete der Anwalt. »Wenn die Geschworenen sie zu lesen bekommen, werden sie glauben, dass Abigail sich zum Zeitpunkt der Tat in einem abnormalen Zustand befunden hat, da bin ich sicher. Aber ich werde ihnen die Berichte nur zugänglich machen, wenn ich der Meinung bin, dass der Schuss nicht nach hinten losgeht. Eine Einweisung in die geschlossene Psychiatrie ist das Letzte, was wir wollen …«
    »Heißt das, man könnte sie zwangseinweisen?« Michael Moran riss entsetzt die Augen auf.
    »Möglich ist es, aber hoffentlich nicht in diesem Fall«, antwortete Quinlan. »Die Psychiater und Psychologen müssen erklären, dass sie in jenem Augenblick geistig nicht zurechnungsfähig und ihre Taten deshalb nicht vorsätzlich waren.«
    »Das hört sich nach einem riskanten Balanceakt an«, bemerkte Moran.
    »Wenn ich mit den Berichten zufrieden bin«, fuhr Quinlan fort, ohne auf Morans Bemerkung einzugehen, »werde ich sie an Trevor Butler weitergeben. Falls er zu einem ähnlichen Schluss kommt, wird er den Ankläger und das Gericht kontaktieren, und die andere Seite wird ihre eigenen Experten schicken, um Abigail zu untersuchen und entsprechende Gutachten zu verfassen.«
    Er atmete tief durch. »Und wenn diese Experten dann – wie wir hoffen – darin übereinstimmen, dass Abigail zum Zeitpunkt der Tat nicht zurechnungsfähig war, bleibt ihnen keine andere Wahl, als das zu akzeptieren, so sehr es der Anklage auch gegen den Strich gehen mag.«
    »Und was würde das bedeuten?« Jules bemühte sich, Quinlans Ausführungen zu folgen.
    »Dann würde alles sehr schnell gehen«, erklärte Quinlan. »Wir würden fast sofort eine neue Anhörung bekommen, um neu zu plädieren, und dafür würden wir dann alles Hilfreiche zusammenkratzen, vor allem Leumundszeugnisse. Abigail wäre so lange noch immer auf Kaution frei.«
    »Und wie lange dauert es dann?«, fragte Moran.
    »Vier Wochen, schätze ich.«
    »Und dann?«, fragte Jules.
    »Dann wird das Urteil verkündet«, sagte Quinlan.
    Sie schwiegen ein paar Augenblicke lang.
    »Sie glauben doch immer noch, dass Sie Abigail frei bekommen könnten, nicht wahr?«, ergriff Jules schließlich wieder das Wort.
    »Wenn sie auf Notwehr plädiert, ja«, antwortete der Anwalt. »Aber garantieren kann ich es natürlich nicht.«
    »Also könnte sie sogar lebenslänglich bekommen«, sagte Jules.
    »Vergessen Sie nicht«, sagte der Anwalt, »dass niemand die Expertengutachten sehen wird, sollte ich nicht damit zufrieden sein, und dann geht es in jedem Fall vor Gericht, wo wir alles geltend machen können: Affekt, Notwehr und verminderte Zurechnungsfähigkeit.« Er hielt kurz inne. »Nicht anders, als wenn die Gutachter der Anklage unseren widersprechen würden.«
    »Aber wenn beide sie für vermindert zurechnungsfähig halten«, fragte Moran, »würde Abigail dann zu einer Haftstrafe oder zur Bewährung verurteilt werden?«
    »Bewährung wäre möglich«, antwortete Quinlan.
    »Aber nicht wahrscheinlich«, sagte Jules.
    Quinlan lächelte grimmig. »Das hängt vom Richter ab.«
    »Hat Abigail Ihnen erzählt«, fragte Jules, »dass ich Thomas zu mir nehmen soll, falls sie in Haft muss?«
    »Hat sie.« Quinlan lächelte. »Das war eine ihrer besseren Ideen.«
    »Aber sie ist seine Mutter«, sagte Jules. »Sie sollte bei ihm sein.«
    »Natürlich«, pflichtete der Anwalt ihr bei. »Und sieweiß, dass es für bestimmte Fälle auch einen ›Mutter-und-Kind-Vollzug‹ gibt.«
    »Ich rede nicht davon, dass sie im Gefängnis bei ihm sein sollte.« Jules war entsetzt.
    »Nein«, sagte Quinlan. »Das weiß ich.«

61.
    Am 23. Dezember, knapp fünf Wochen, nachdem die von Philip Quinlan beauftragten Gutachter erklärt hatten, ihrer Meinung nach habe Abigail zum Zeitpunkt von Silas’ Tötung unter »einer geistigen Anormalität gelitten, welche ihre Zurechnungsfähigkeit erheblich beeinträchtigte«, kamen die Psychiater und Psychologen der Anklage zum selben Schluss.
    »Leider ist es schon zu spät, um noch vor Weihnachten alles zu regeln«, sagte Quinlan am Telefon zu Abigail. »Ich fürchte, Sie werden noch

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