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Teuflische Schwester

Teuflische Schwester

Titel: Teuflische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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auf einen
Schmierzettel gekritzelt hatte. Das Haus unterschied sich
in nichts von den übrigen in diesem Viertel. Es sah nicht
sehr groß aus und wirkte bescheiden, aber recht solide. Als
er zur Veranda hochstieg, stellte er sich unwillkürlich die
Frage, ob es genauso schnell abbrennen würde wie das
von Polly.
Er hielt es für sehr wahrscheinlich.
Charles drückte auf die Klingel. Von innen ertönte ein
gedämpftes Läuten. Einen Augenblick später ging die Tür
einen Spaltbreit auf, und eine mollige Frau spähte hinaus.
»Mrs. Barrow?« fragte er durch den Spalt. »Ich bin
Charles Holloway, Teris Vater.«
Sofort ging die Tür weiter auf und Mrs. Barrow machte
ihm Platz. »Mr. Holloway …« stöhnte sie. Die
Erleichterung war ihr förmlich anzumerken. »Gott sei
Dank. Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll … Es war
ein einziger Alptraum … Und als Teri mir gesagt hat, ich
soll Sie anrufen …« Sie brach mitten im Satz ab und blieb
kurz wie erstarrt stehen. Schon das Zittern ihrer Hände
verriet, wie durcheinander sie war. »Ich … Na ja, keiner
hier wußte etwas von Ihnen. Ich meine, Polly und Tom
haben uns nie etwas von Ihnen gesagt …« Erneut
verstummte sie.
Charles führte sie behutsam in ihr Wohnzimmer. »Es ist
ja gut, Mrs. Barrow«, sagte er beruhigend. »Ich kann Ihre
Empfindungen gut verstehen. Es …« Die Worte blieben
ihm in der Kehle stecken, als er Teri zusammengekauert
auf der Couch hocken sah. Den dünnen Bademantel hatte
sie ganz fest um den schmalen Körper geschlungen. Aus
weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn ängstlich an. Ihr
schien der Atem zu stocken, als hätte sie die ganze Zeit an
seinem Kommen gezweifelt.
Keiner sagte ein Wort. Nach einiger Zeit rührte sich Teri
auf ihrer Couch und stand unsicher auf. Ihr Mund ging
auf, und als sie endlich sprach, klang ihre Stimme rauh, als
hätte sie den ganzen Tag geweint. »V-Vater?«
Von Rührung überwältigt, durchmaß Charles mit drei
schnellen Schritten das Zimmer und legte den Arm um das
Mädchen. Sie erstarrte für einen Augenblick; die
Spannung schien dann aber nachzulassen, und sie legte
das Kinn an seine Brust. Unbeholfen streichelte er ihr das
Haar. Nach einer Weile nahm er ihr Kinn zwischen die
Finger, damit sie ihm in die Augen sehen konnte. »Es ist
jetzt alles vorbei, Teri«, flüsterte er. »Ich bin ja da, und du
bist nicht mehr allein. Und ich werde dafür sorgen, daß
jetzt alles gut wird.« Noch einmal drückte er sie fest an
sich. Ihr Gesicht konnte er zwar nicht sehen, aber er
glaubte ein erstes leises Lächeln an seiner Brust zu spüren.
Er begriff, daß sie sich bis zu diesem Augenblick
vollkommen allein auf der Welt vorgekommen sein
mußte.
Allein und verlassen.
    Melissa saß vor dem kleinen Schminktisch in ihrem
Zimmer und stocherte im Abendessen herum, das ihr Cora
vor gut einer Stunde gebracht hatte. So sehr sie es auch
versuchte, mehr als die Hälfte hatte sie nicht
hinunterwürgen können, und selbst das bißchen lag ihr wie
ein Stein im Magen. Untröstlich stierte sie auf den Teller.
Nichts würde sie in diesem Augenblick lieber tun als ihn
leerzuessen. Noch dazu hatte Cora zu ihrem Geburtstag ihr
Lieblingsgericht gekocht: ein kleines, halbrohes Steak, so
wie sie es mochte, einen Maiskolben – einen ganz jungen,
weil einem dann keine Fasern zwischen den Zähnen
steckenblieben – und grüne Bohnen, die sie letzten
Frühling gemeinsam mit Todd in Coras Garten hinter der
Garage eingepflanzt hatte. Dabei hätte Melissa eigentlich
ausgehungert sein müssen. Sie hatte den ganzen Tag kaum
etwas gegessen.
    Vor der Tür hörte sie Schritte und nahm hastig Messer
und Gabel in die Hände. Sicher kam ihre Mutter gleich
zum Kontrollieren herein. Statt dessen machte Cora die
Tür auf, und Melissa atmete erleichtert auf. Dennoch lief
sie schuldbewußt rot an, als die Haushälterin den
halbvollen Teller erblickte. »Es tut mir leid, Cora«,
murmelte sie.
    »Aber mehr bringe ich heute einfach nicht herunter.«
»Laß dir deswegen keine grauen Haare wachsen,
Missy«, tröstete Cora sie. Sie benutzte den Spitznamen
    ›Missy‹ trotz Phyllis’ ausdrücklichen Verbots. »Du ißt
einfach soviel, wie du willst, und läßt noch ein bißchen
Platz für die Nachspeise.« Sie stellte einen Teller mit
einem großen Stück Kuchen auf den Tisch. Mit einem
zufriedenen Nicken registrierte sie, wie Melissas
Niedergeschlagenheit einem scheuen Lächeln wich. »So
wie ich das

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