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Teuflische Schwester

Teuflische Schwester

Titel: Teuflische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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angezogen. »So was ist wenigstens echt«,
hatte sie in den ersten Monaten ihrer Ehe immer wieder
betont, als er noch gehofft hatte, sie würden sich
zusammenraufen. »In Manhattan und Secret Cove werde
ich nie ein Kind großziehen können. Das wäre ja
entsetzlicher als jeder Elfenbeinturm!«
    Teilweise hatte Charles natürlich verstanden, was sie
meinte. Sie waren beide in Lebensverhältnissen
aufgewachsen, von denen die große Mehrheit nur träumen
kann. Charles hatte das einfach akzeptiert. Er war davon
ausgegangen, daß Polly ähnlich dachte. Wie er aber bald
merkte, hatte Polly den Reichtum und Rang ihrer Familie
schon immer verabscheut. Dabei waren die Porters bei
weitem nicht so wohlhabend wie die Holloways gewesen.
Auch in ihren Ansichten hatten sie sich von ihnen und den
meisten anderen in der Clique von Secret Cove
unterschieden – nichts galt bei ihnen als selbstverständlich. Bis zur Hochzeit freilich hatte Charles nie
etwas davon geahnt. Gut, er hatte gewußt, daß Polly in
Berkeley studiert hatte, wohingegen er und die anderen an
die Eliteuniversitäten der Ostküste gegangen waren. Aber
daß sie sich von der Westküstenmentalität hatte prägen
lassen, begriff er erst lange nach der Hochzeit.
    »Warum hast du mich überhaupt geheiratet, wenn du
von unserer Lebensweise nichts hältst?« hatte er sie nach
der Scheidung gefragt.
    »Weil es von uns erwartet wurde«, erklärte sie. »Mein
Gott, Charles, seit unserer frühesten Kindheit war für uns
doch klar, daß wir heiraten würden. Ich glaubte nur, daß es
schon irgendwie klappen würde. Aber nach Berkeley kam
mir die ganze Sache so unwirklich vor. Verstehst du,
Lenore Van Arsdale hat nicht nur keine Ahnung von
allem, was sich außerhalb von Secret Cove abspielt, es ist
ihr auch noch egal!«
Charles fiel die Kinnlade herunter. »Lenore war doch
deine beste Freundin. Ihr seid zusammen aufgewachsen.«
    Ein ironisches Lächeln spielte um Pollys Lippen. »Ich
weiß. Ich habe mich eben von ihr fortentwickelt, wie auch
von dir und allen anderen in Secret Cove. Ich kann nicht
mein ganzes Leben lang Partys organisieren, die dreimal
soviel kosten wie sie Geld für irgendeinen guten Zweck
einbringen, nur damit die vom Cove Club sich wieder als
Samariter aufspielen dürfen. Und ich habe es satt,
stapelweise sündteure Kleider zu kaufen, wenn Millionen
nackt herumlaufen müssen.«
    »Was hast du dann vor?« hatte Charles schließlich
gefragt. »Willst du jetzt alles verschenken?«
Zu seinem Entsetzen war genau das Pollys Absicht, die
sie dann auch in die Tat umsetzte. Sie gründete eine
Stiftung, wobei sie darauf achtete, daß Mitglieder des
Secret Cove Club nicht aufgenommen wurden. Dann
stellte sie ihr ganzes Guthaben der Stiftung zur Verfügung.
Hindern konnte sie niemand daran. Ihre Eltern waren drei
Jahre zuvor bei einem Skiunfall ums Leben gekommen.
Charles spielte zwar mit dem Gedanken, vor Gericht
wenigstens um das Sorgerecht für die kleine Teri zu
kämpfen, verwarf ihn aber wieder, weil er seiner Tochter
einen langwierigen Rechtsstreit nicht zumuten wollte.
Trotz allem war Polly auch eine hingebungsvolle Mutter.
Als Polly später Tom MacIver heiratete, willigte er sogar
in die Adoption ein. So zog die neue dreiköpfige Familie
an die Westküste, wo Tom und Polly eine
Universitätslaufbahn einschlugen.
Kaum war die Scheidung rechtskräftig geworden,
heiratete Charles Phyllis. Polly hatte sie als
Kindermädchen für Teri ins Haus gebracht. Wenn sie auch
von Geburt an nicht zum Secret Cove Club gehörte,
respektierte sie doch schnell seine Regeln. So führten sie
zwar nicht gerade eine erfüllte Ehe, aber er durfte in dem
Stil weiterleben, in dem er aufgewachsen war und in dem
er auch zu sterben hoffte. Schon wenige Monate nach der
Hochzeit schenkte ihm Phyllis ein Töchterchen. Die nach
Teris Verlust entstandene Lücke war also schnell
geschlossen worden. Alles hatte sich zum besten gefügt.
jetzt aber, da er vor den verkohlten Überresten des Hauses
der MacIvers stand, war ihm klar, daß es nicht mehr so
weitergehen konnte wie bisher. Teri sollte am anderen
Ende des Landes in eine völlig ungewohnte Umgebung
mit lauter unbekannten Menschen verfrachtet werden. Er
hatte den Verdacht, daß Polly sie nie über die Mentalität
an der Ostküste aufgeklärt hatte. Wozu auch, wo gar kein
Anlaß dazu bestanden hatte?
Er wandte sich von dem Trümmerhaufen ab und suchte
die Hausnummer, die er heute früh

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