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Teuflische Schwester

Teuflische Schwester

Titel: Teuflische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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auf dem Gewissen hatte.
Vielleicht nicht mit der kalten Vorsätzlichkeit wie bei den
anderen, aber letztendlich hatte sie zu verantworten, daß es
soweit gekommen war.
Und ganz zum Schluß war sie fast sicher, daß sie durch
die dichten Maschen des Schleiers auch Melissas Augen
fast mitleidig anschauten.
Melissa, die sie schon lange vor der ersten Begegnung
gehaßt hatte.
Melissa, die sie zu guter Letzt aus ihrem eigenen Haus
und sogar aus ihrem Leben verbannt hatte.
All diese Menschen erkannte sie in der verhüllten
Gestalt. Die Erkenntnis der eigenen Schuld überlief sie
eiskalt. Sie war zu allem bereit, was die Getalt auch von
ihr verlangte.
Das Wesen hob seinen rechten Arm und deutete
anklagend auf sie.
Aber es hatte keine Hand.
An ihrer Stelle war nur ein blutiger Stumpf. Das Fleisch
und die Sehnen standen vom durchtrennten Knochen ab,
so daß ein weißer, glänzender Knochen auf sie deutete.
Teri wußte, was ihr noch zu tun verblieb. Sie erhob sich
und folgte der grauenerregenden Gestalt, die sich langsam
umdrehte und davonschlurfte.
    Melissa kam in ihrem Zimmer in der Harborview Clinic
langsam zu sich. Schon bevor sie die Augen aufschlug,
spürte sie, daß sie nicht im eigenen Bett in Maplecrest lag.
Nein, sie war irgendwoanders.
In einem Krankenhaus.
    In einem Krankenhaus, in das man sie gebracht hatte,
nachdem sie …
Mit einem Schlag öffneten sich die Schleusen der
Erinnerung. Sie riß die Augen auf und setzte sich abrupt
auf.
Die Bilder überstürzten sich. Jedes verlangte unbedingte
Aufmerksamkeit.
Einige waren vertraut – vertraut und auch entsetzlich.
Da war Todds Anblick. Sein verstümmelter Körper lag
unter den Dielen im alten Schuppen.
Und Blackie hing von einem Dachsparren auf dem
Speicher. Um seinen Hals lag eine Perlenkette.
Andere Bilder waren sehr seltsam.
Sie sah sich selbst unter der Dusche. Brühend heißes
Wasser lief über ihren Körper, während ihre Mutter sie
wütend abschrubbte und anbrüllte.
Dann lag sie endlose Nächte hindurch im Bett. Riemen
an den Hand- und Fußgelenken scheuerten ihr die Haut
wund.
Teris Gesicht tauchte in der Dunkelheit über ihr auf. Sie
sagte ihr etwas.
Aber nein! Sie sagte ja gar nichts zu ihr.
Sie sprach mit D’Arcy.
Sprach mit D’Arcy …
Ihre Gedanken wechselten die Richtung. Plötzlich
führten sie sie in die Nacht des Kostümballs zurück. Und
jetzt konnte sie sich an alles erinnern. Sie erinnerte sich,
wie sie die Perücke aufsetzte, zum Speicher hinaufging
und über die Dienstbotentreppe in die so komisch
andersartige Küche hinunterhuschte.
Und auch die Auffahrt hatte anders ausgesehen.
All die schwarzen Löcher in ihrer Erinnerung füllten
sich plötzlich. Im ersten Augenblick packte sie gräßliche
Angst.
Instinktiv rief sie nach D’Arcy.
Keine Antwort.
Eine Anwort konnte nicht kommen, denn D’Arcy war
weggegangen.
Gar nicht eigentlich weggegangen.
D’Arcy war vielmehr ein Teil von ihr geworden und
fügte ihre eigenen Erinnerungen denen Melissas hinzu.
Sie blieb still sitzen und ließ die Blicke durch das
Zimmer schweifen. Es kam ihr jetzt nicht mehr sonderbar
vor. Im Gegenteil, sie merkte, daß sie jeden Winkel, jeden
Fehler in der Tapete kannte. Und doch war ihr, als sähe sie
es zum erstenmal.
Ihr Blick wanderte zum Nachtkästchen und der darauf
liegenden Perlenkette. Sie nahm sie in die Hand, betastete
das vertraute Kleinod.
Aber etwas daran stimmte nicht.
Eine der Perlen – die dritte von unten – hätte eine kleine
unebene Stelle haben müssen. Aber sie fühlte sich
vollkommen glatt an. Nicht die geringste
Unregelmäßigkeit ließ sich feststellen.
Verwirrt sah sie sich die Perlen genauer an. Ihr Blick fiel
auf den goldenen Verschluß.
In winzigen Buchstaben standen dort ihre Initialen.
Sie führte den Verschluß bis nahe vor die Augen und
suchte nach dem vertrauten M. J. H.
Aber sie las ganz andere Buchstaben.
T. E. M.
Teresa Elaine MacIver.
Aber das war doch nicht möglich. Es waren ihre Perlen!
Ihr Vater hatte sie ihr letztes …
Und dann fiel es ihr ein.
Das waren die Perlen, die sie von Blackies Hals
abgenommen hatte, als sie ihn auf dem Speicher hatte
hängen sehen.
Lange Zeit blieb sie reglos sitzen und rätselte über die
Bedeutung ihrer Entdeckung.
Allmählich fügten sich sämtliche Erinnerungen – die
ihren und die von D’Arcy – ineinander zu einem logischen
Ganzen.
Dann endlich strömten Tränen über ihr Gesicht. Es
waren mehr Tränen des Mitleids für die Gestorbenen

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