Teuflische Schwester
will auf ein
College gehen und Architekt werden.«
Phyllis bedachte ihre Tochter mit einem bösen Blick.
»Ach ja? Und wer soll so ein Studium bezahlen?«
Melissa zuckte mit den Schultern. »Ich … ich nehme an,
er wird etwas arbeiten oder ein Stipendium oder so etwas
bekommen. Es muß ja nicht jeder nach Harvard oder Yale
gehen.«
»Wer wirklich etwas im Leben erreichen will, studiert
nur dort«, erwiderte Phyllis. »Wie ist das mit dir, Teri.
Hast du dir schon mal übers Studium Gedanken
gemacht?«
Teri schüttelte den Kopf. »Ich hätte wohl in Los Angeles
studiert, aber jetzt …« Ihre Stimme erstarb wieder. Jeder
im Wagen begriff, daß sämtliche Pläne, die sie gehabt
haben mochte, unter den Trümmern des Hauses begraben
lagen.
»Du hast ja noch genügend Zeit, dir Gedanken zu
machen«, sagte Phyllis eilig. »Was meinst du, wieviel
Spaß es machen wird, die richtige Schule für dich
herauszusuchen. Eleanor Stevens schaut sich nächste
Woche ein paar Colleges mit ihrer Tochter zusammen an.
Vielleicht sollten wir uns anschließen.«
Charles warf seiner Frau von der Seite her einen Blick
zu. »Nur nichts überstürzen, Phyllis. Erst muß sie ja noch
zwei Jahre lang zur Schule gehen.«
»Mit dem Planen kann man nicht früh genug anfangen«,
verteidigte sich Phyllis. »In die wirklich guten Colleges
kommt man unheimlich schwer hinein, und da kann es nie
schaden, wenn man beizeiten Beziehungen anknüpft.«
Teri wandte sich an Melissa. »In welche Schule gehst du
denn?«
»Prissy Preston«, antwortete Melissa und mußte über
Teris verdutztes Gesicht lachen. »Eigentlich heißt sie ja
›Priscilla Preston Academy For Young Ladys‹«, erklärte
sie. »Ich kann sie nicht ausstehen. Aber Mom meint, ich
muß sie besuchen, weil alle dorthin gehen. Sie ist
fürchterlich alt und muffig und ganz entsetzlich streng.
Und weil auch noch die Lehrer alle so verstaubt sind,
nennen wir sie immer Prissy Preston.«
»Es ist eine hervorragende Schule, Melissa, und du
solltest dankbar sein, daß du sie besuchen darfst.«
Melissa verdrehte die Augen und Teri grinste sie an. Für
Melissa stand nun fest, daß sie sich gut verstehen würden.
Dann passierte der Wagen das Tor von Maplecrest. Auf
der langen Zufahrt zum Haus starrte Teri wieder gebannt
zum Fenster hinaus.
Als sie aus dem Wald kamen, stockte Teri der Atem.
Irgend etwas kam ihr vertraut vor. Sie wußte nur nicht,
ob es das große Haus war oder der weite Rasen davor.
Das Haus türmte sich gewaltig vor ihnen auf. Oben
zierten es Dachschindeln, als Vorbau hatte es eine
Veranda, auf die von fast allen Zimmern Loggiatüren
gingen. In der Mitte führte eine große Tür ins Innere. Als
sie auf die Tür starrte, wußte Teri plötzlich wieder, was
sich dahinter verbarg.
Eine überwältigende Vorhalle – zumindest war sie ihr
als kleines Kind überwältigend vorgekommen –, von der
eine Treppe in den ersten Stock führte. Von einem riesigen
Absatz auf halber Höhe teilte sie sich nach links und
rechts und dann …
Der Rest war Leere, denn außer dem Treppenhaus war
ihr nichts in Erinnerung geblieben.
Charles parkte den Wagen auf dem Kiesweg vor dem
Haus. Beinahe zögernd stieg Teri aus. Ehrfurchtsvoll sah
sie an der Fassade empor.
»Es ist so groß«, flüsterte sie fast unhörbar. »Ich hätte
nie gedacht … Es ist ja ein richtiges Herrenhaus!«
»Gemütlich ist es auf alle Fälle«, sagte Phyllis. Wie
immer, wenn sie Fremden das Haus zeigte, tat sie, als sei
es nichts Besonderes. »Aber ein Herrenhaus ist es nicht.
So etwas kann sich ja heutzutage kein Mensch mehr
leisten. In den wenigen, die es noch gibt, sitzen jetzt
Behörden oder Sekten.«
Die Tür ging auf. Ohne der Haushälterin auch nur
zuzunicken, hastete Phyllis an Cora vorbei und ging
hinein. Cora, die sich eine frische Schürze umgebunden
hatte, kam herausgewetzt. Todd war seiner Großmutter
gefolgt, blieb aber oben auf der Veranda stehen, während
Cora die Stufen hinunterlief.
»Teri! Bist das wirklich du?« Sie warf die Arme um das
Mädchen und drückte sie fest an ihre breite Brust. Dann
hielt sie sie eine Armlänge von sich. »Du bist ja richtig
erwachsen geworden! Und das genaue Abbild deiner
Mutter!« Kaum waren die Worte heraus, erstarb ihr
Lächeln.
»Ach, mein liebes Kind«, murmelte sie. »Es ist ja so
schrecklich, und ich tue einfach so, als würdest du auf
einen normalen Besuch kommen.« Aus ihren Augen
quollen Tränen. Sie wischte sie mit dem
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