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Teuflische Schwester

Teuflische Schwester

Titel: Teuflische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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MacIver stand wie angewurzelt auf dem Rasen vor
dem Haus. Mit der rechten Hand umklammerte sie den
Saum ihres Frotteebademantels. Sie war ein verschämtes
Mädchen von noch nicht ganz fünfzehn Jahren. Sie starrte
gebannt auf das nun überall brennende Haus, das seit zehn
Jahren ihr Heim gewesen war. Es war recht alt. Gebaut
worden war es vor fünfzig Jahren, als San Fernando noch
ein kleines Landstädtchen im gleichnamigen Tal in
Kalifornien gewesen war. Es bestand ganz aus Holz, und
die Sonne hatte es im Laufe der Jahre ausgebacken und
ausgetrocknet. Als das Feuer ausgebrochen war, war es zu
Teris Verblüffung mit atemberaubender Geschwindigkeit
durch sämtliche Zimmer gerast. Es war, als hätten es die
Flammen von einem Augenblick zum anderen
verschlungen. Teri nahm nur am Rande wahr, was sich um
sie herum abspielte. Eine in der Ferne aufheulende Sirene
wurde stetig schriller, doch Teri hörte sie kaum. Ihre
Aufmerksamkeit galt ganz dem Donnern des Feuers und
dem Knistern des Verputzes. Der fiel nach und nach vom
Gerippe des Hauses ab. So gab er das Innere der frischen
Luft preis, die die tosenden Flammen mit noch mehr
Nahrung versorgte.
    Ihre Eltern …
Wo waren sie? Waren sie rausgekommen? Sie zwang
sich, den Blick von diesem seltsam faszinierenden Inferno
abzuwenden, und sah sich um. Von der Straße her kam
jemand auf sie zugelaufen, aber im Grau der
Morgendämmerung war die Gestalt kaum mehr als ein
Schatten.
Stimmen drangen allmählich in ihr Bewußtsein, Leute
riefen einander etwas zu, wollten wissen, was geschehen
war.
Dann erhob sich über das donnernde Feuer und das
Stimmengewirr ein gellender Schrei. Er kam vom Haus.
Da die Wände schon in sich zusammenfielen, konnte ihn
nichts mehr dämpfen. Der schrille Laut befreite Teri aus
ihrer Lähmung. Sie rannte zur Auffahrt. Mit weit
aufgerissenen Augen starrte sie zum ersten Stock hinauf,
zum Schlafzimmerfenster ihrer Eltern.
Dort erblickte sie eine dunkle Silhouette vor dem grell
glühenden Feuer, ihre Mutter. Sie war in etwas gehüllt –
eine Decke oder vielleicht auch die Bettdecke. Teri
beobachtete, wie die Beine ihrer Mutter über dem
Fensterbrett auftauchten, und eine Sekunde später sah sie
sie springen – und sich in der Luft umdrehen, weil sich die
Bettdecke um ihre Füße zusammengezogen hatte.
Einen Augenblick lang schien ihre Mutter in der Luft zu
hängen, zwischen Himmel und Erde einfach zu schweben,
dann gab sie die Bettdecke frei, und sie stürzte mit dem
Kopf vornüber auf die Betonauffahrt.
Hatte sie den Aufprall gehört oder bildete sie sich das
ein?
Teri fing an zu laufen, doch es war, als blieben ihre Füße
in Schlamm stecken. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis
sie die Stelle erreichte, an der ihre Mutter zerschmettert
und regungslos liegengeblieben war. Ein Arm war
ausgestreckt, als deute er auf ihre Tochter, als greife er
selbst noch im Tod nach dem Leben.
»M-Mom?« stammelte Teri. Sie ließ den Bademantel los
und betastete vorsichtig ihre Mutter. Dann schwoll ihre
Stimme zu einem angstvollen Kreischen an. » Mom! «
Sie bekam keine Antwort. Als Teri herbeieilende
Schritte wahrnahm, warf sie sich über Pollys Körper,
wiegte den Kopf in ihrem Schoß und streichelte das von
Brandblasen entstellte Gesicht, so wie ihre Mutter sie vor
wenigen Stunden noch beim Gutenachtkuß gestreichelt
hatte. »Nein«, wimmerte sie. Die Tränen quollen ihr aus
den Augen. »Nein! Nein! Bitte, lieber Gott, laß Mami
nicht sterben!« Aber sobald sie die eigenen Worte hörte,
wußte Teri bereits tief in ihrem Innersten, daß es zu spät
war, daß ihre Mutter unwiderruflich tot war.
Als sie sanfte Hände an den Schultern spürte, sah sie
langsam auf. Es war Lucy Barrow vom Haus gegenüber.
»Sie ist tot«, sagte Teri mit gebrochener Stimme. Ihre
Worte schienen einen Schwall von Gefühlen zu entfesseln,
die bislang in ihr eingeschlossen gewesen waren. Sie riß
die Hände vor das Gesicht und fing an, hemmungslos zu
schluchzen, so daß sie am ganzen Körper zitterte.
Lucy selbst hatte einen Schock erlitten beim Anblick
von Pollys versengtem und zerbrochenem Körper. Wie
betäubt zog sie Teri hoch und führte sie langsam fort.
»Dein Vater …?« fragte sie. »Wo ist dein Vater? Ist er
rausgekommen?«
Teri ließ die Hände verblüfft vom Gesicht sinken. Ganz
kurz zuckten ihre Augen, dann setzte sie zu einer Antwort
an, doch bevor sie ein Wort bilden konnte, gab es plötzlich
einen kurzen, scharfen

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