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Teuflische Stiche

Teuflische Stiche

Titel: Teuflische Stiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Brüning
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soll auch nichts essen, ist die braune Parole gewesen. Das steht angeblich in der Bibel. Sie werden das besser wissen als ich. Als asoziales Gesindel, das die Allgemeinheit gefährdet, hat die Gestapo ihn ins Arbeitslager gesteckt. Da ist er an einer Lungenentzündung gestorben. Das hat wenigstens auf dem Totenschein gestanden. In einer einfachen Holzkiste ist er zurückgekommen, und es ist verboten gewesen, sie zu öffnen. Mein Vater hätte ihm sehr leicht einen Arbeitsplatz besorgen können. Aber weil er mit diesem Familienzweig meiner Mutter wegen einer unbedeutenden Erbschaft verkracht gewesen ist, hat er keinen Finger für ihn gerührt. Nicht einmal als er verhaftet worden ist und für kurze Zeit hier in Oldenburg im Gefängnis gesessen hat, hat er seine Beziehungen spielen lassen.«
    Konnert saß breitbeinig vorgebeugt auf dem Sofa und stützte seine Hände auf den Knien ab. Er nickte ab und zu kräftig und murmelte: »Ich verstehe!«
    » Ich schäme mich für meinen Vater. Seitdem ich die ganze Geschichte kenne, fühle ich mich schuldig. Ich war noch nicht einmal geboren, als mein Onkel umgekommen ist. Gestorben, weil mein Vater so erbärmlich feige, so selbstgerecht, so geldgierig war. Wegen eines entgangenen Erbes von ein paar Reichsmark hat er einen Verwandten den braunen Mördern überlassen.« Sie stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Mit einem Mal blieb sie am Fenster stehen und sah hinaus. Als spräche sie mit sich selbst, flüsterte sie: »Ich mache die Schuld wieder gut. So gut ich kann. Keiner der Wohnungslosen, Bettler und Umherziehenden soll ohne Hilfe sein, wenn ich dazu die Mittel besitze.« Sie drehte sich zu Konnert um. »Verstehen Sie? Ich werde Ihnen Sibelius nicht ausliefern. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
    Schweigend saß Konnert da. Aus dem Dunst seines Unterbewussten stieg eine Erinnerung auf. Vor einem halben Jahr hatte eine andere Frau sich schützend vor Hilfsbedürftige gestellt und sich schwer schuldig gemacht. Warum bloß misstrauen so viele Menschen der Polizei, uns Beamten, dem Staat? Er kannte eine der Antworten. Wir sind für die Engagierten zu langsam. In unserem Rechtsstaat müssen alle Aktionen von Gesetzen abgedeckt sein. Das kann mitunter Zeit kosten. Aber ich lebe lieber hier und reibe mich an den Vorschriften, als in Russland oder China, wo jeder Staatsbedienstete meint, ein kleiner Gott zu sein. Er kannte auch noch eine weitere Antwort. Wir sind nicht immer freundlich zu den Menschen, die zu uns kommen, und manchmal auch überheblich und bisweilen einfach nur faul.
    » Was hecken Sie jetzt in Ihrem Polizistenhirn aus? Wollen Sie mich in Beugehaft nehmen?« Sie setzte sich und hielt Konnert ihre Hände hin. Ihre Finger mit den knallroten Nägeln bogen sich wie Krallen.
    » Reden wir über etwas anderes. Sie haben Renate Dreher gut gekannt. Welchen Eindruck haben Sie in den letzten Wochen vor ihrem Tod von ihr gehabt?«
    » Sie hat öfters gelacht als früher.« Die schöne Gertrud schaute wieder freundlich. »Sie hat auch mehr auf ihre Kleidung geachtet. Aber in der Woche vor ihrem Tod hat sie krank ausgesehen. Ich habe sogar angeboten, mit ihr zum Arzt zu gehen. Sie wollte nicht.«
    » War sie mit dem Freiherrn liiert?«
    » Darüber weiß ich nichts.«
    Das glaube ich dir nicht, sagte sich Konnert und fragte: »Sind Sie mit ihm liiert?«
    » Das geht Sie nichts an.«
    Dann bist du es wohl. Oder wärst es gern. Du beschützt den Freiherrn nicht nur, weil du ein schlechtes Gewissen hast. Du bist verliebt in ihn. Darauf gehe ich jede Wette ein. Und gleich war ihm klar, die schöne Gertrud würde mit ihm weder über das Versteck ihres Schützlings reden, noch über ihre Beziehung zu ihm.
    » Vor ihrem Tod haben sich bei Frau Dreher Symptome einer Knollenblätterpilzvergiftung gezeigt. Können Sie sich das erklären?«
    Mit den Händen stützte sie sich auf den Armlehnen ihres Sessels ab und stand auf. Wieder ging sie im Zimmer hin und her. »Ich sage Ihnen was.« Mit unter den Brüsten verschränkten Armen blieb sie stehen. »Renate hätte nicht sterben müssen. Die anderen Frauen sind ja auch nicht gestorben. So glauben Sie mir doch, Sibelius vergiftet niemanden mit Pilzen oder mit was weiß ich für Mitteln.«
    » Dann hat er auch nichts zu befürchten. Überreden Sie ihn doch bitte, sich noch einmal mit mir zu treffen. Herr von Eck kann mich auch anrufen. Aber lieber wäre mir ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht.«
    Mit einem Mal erschlafften ihre

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