Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teuflische Stiche

Teuflische Stiche

Titel: Teuflische Stiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Brüning
Vom Netzwerk:
einem offenen Feuer und wärmten sich die Hände. Im Hintergrund zog die Kanzlerin schwitzend einen riesigen Handwagen mit hoch aufgestapelten Geldbündeln in den Glaspalast einer Bank. In der Sprechblase über ihrem Kopf stand: »Wäre doch schlimm, wenn die Spekulanten kalte Füße bekämen.«
    Die senkrechte Falte zwischen Konnerts Augenbrauen wurde tiefer. Arbeitslos, obdachlos, rechtlos. Er brauchte nicht lange zu überlegen, wem seine Sympathie galt.
    Zahra brachte mit einem gewinnenden Lächeln einen duftenden Kaffee, vier dick mit Butter bestrichene Brötchenhälften und ein Honigglas. Sie flüsterte: »Aus meinem privaten Vorrat. Nur für dich. Lass ihn dir gut schmecken!«
    Er legte die Zeitung beiseite. »Ich danke dir!«
    »Sie duzen sich?«, fragte erstaunt ein Mann, der sich an den Tisch setzte, ohne um Erlaubnis zu bitten.
    Konnert sah nur kurz zu ihm hin. Sein dunkelblauer Anzug war abgetragen. In der Brusttasche steckte ein zur blassen Krawatte passendes Tuch. Die dünnen Haare trug er streng nach hinten gekämmt. Sie hingen ungeschnitten über den Kragen seines blau-weiß gestreiften Hemds. Zeigefinger und Mittelfinger der linken Hand schimmerten bis zu den Fingernägeln nikotingelb. Ein Duftgemisch aus Zigarettenrauch und etwas Undefinierbarem waberte zu Konnert hinüber.
    »Sie frühstücken oft hier. Ich habe Sie beobachtet. Sie kommen vor allem wegen Zahra, stimmt’s? Sie ist so ausgeglichen, so freundlich, ja fröhlich. Finden Sie nicht auch? Vielleicht liegt das an ihrer Herkunft. Afrikaner, so sagt man doch, sollen ja von Natur ein heiteres Gemüt mitbekommen haben.«
    Konnert verteilte Honig auf eine Brötchenhälfte. Er presste die Lippen zusammen. Es wurmte ihn, dass sein Gegenüber geistlose Vorurteile über Afrikaner im Allgemeinen und Zahra im Besonderen ausbreitete. Er verkniff sich einen Kommentar.
    »Sie sind nicht sehr mitteilsam, nicht?«
    »Ich würde gern in Ruhe frühstücken. Am Nebentisch ist auch noch Platz.«
    »Warum so abweisend? Ich wollte nur ein bisschen mit Ihnen plaudern. Vielleicht haben wir ja gemeinsame Themen.«
    Sofort meldete sich Konnerts schlechtes Gewissen. »Entschuldigung.« Eigentlich sollte er als Christ Gelegenheiten zum Gespräch nicht abwürgen. Sein Mund verzog sich zu einem verlegenen Lächeln. Er hob beschwichtigend eine Hand. »Bleiben Sie bitte sitzen. Aber ich möchte mich heute Morgen nicht unterhalten. Bitte verstehen Sie das.«
    Zahra brachte dem Mann einen Becher Kaffee. Konnert beobachtete, wie sie auch ihm ein Lächeln schenkte. Er spürte den Stich der Eifersucht so intensiv, dass er sich zwingen musste, nicht aufzustehen und zu gehen. Das ist eindeutig eine Überreaktion. Sie ist doch zu jedem Kunden freundlich, versuchte er sich zu beruhigen, und griff zu seinem Kaffeebecher. Was mache ich deswegen bloß für einen Aufstand? Trotzdem wollte ihm das Frühstück nicht mehr schmecken. Er rang sich dazu durch, eine zweite Hälfte hinunterzuwürgen, und schob dann den Teller von sich.
    »Essen Sie den Rest nicht?«
    »Ich trinke nur noch meinen Kaffee aus.«
    »Kann ich das Brötchen bekommen?«
    Mit einer Handbewegung überließ er dem Mann die Mahlzeit und fühlte sich miserabel.
    Er kramte sein Portemonnaie aus der Gesäßtasche. Zahra kam. Mit dem Wechselgeld schmuggelte sie ihm ein gefaltetes Stück Papier zu.
    Vor dem Backshop las Konnert: »Zwei Uhr – mit deinem Auto – hier – es gibt eine Überraschung!«

    ***

    Die Ausgaben für den gemahlenen Kaffee, Zucker und Kondensmilch standen mal wieder in keinem Verhältnis zu den Einnahmen. Wie am Ende fast jeden Monats würde er mit der Dose betteln gehen müssen. Bernd Venske rechnete die Kaffeekasse im Kommissariat ab. Er kaufte für alle ein und zahlte. Ständig musste er sich die Ausreden seiner Kollegen anhören. »Ich bringe mir meinen Tee selbst mit.« »Ich trinke nur ganz wenig Kaffee.« »In anderen Firmen spendiert der Chef die Getränke.« Er war es leid. Dann sollte eben ein Automat aufgestellt werden, auch wenn ihm selbst die Brühe aus der Maschine sicher nicht schmecken würde. Er schrieb einen Zettel mit der Summe der Ausgaben und Einnahmen und in großen roten Zahlen darunter den Fehlbetrag, um ihn vor die Kaffeedose zu hängen. Vielleicht komme ich so um die leidige Bettelei herum.
    Er sah aus dem Fenster und erinnerte sich an Klaus Stelzig alias Freiherr Sibelius Balthasar von Eck und die unbekannte Frauenleiche in dessen Wohnung. Der Abgleich der Fingerabdrücke

Weitere Kostenlose Bücher