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Teuflische Stiche

Teuflische Stiche

Titel: Teuflische Stiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Brüning
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Sie meckert an allem rum. Deinem Büro würde ein neuer Anstrich gut tun und die Plakate an deinen Wänden seien überholt. Darum kümmert sie sich. Hat sie nichts anderes zu tun?« Er sah sich im Raum um und lachte. »Sie hat aber Recht. Mir ist das gar nicht aufgefallen. Hier sieht es wirklich wie im vorigen Jahrhundert aus. So lange bist du hier doch noch nicht Chef. Hast du die Dekoration etwa von deinem Vorgänger übernommen?«
    »Für so was habe ich keine Zeit. Und wenn ich Zeit hätte, gäbe es siebenunddreißig andere Dinge, die mir wichtiger wären.«
    »Nun gut. Was wollte ich noch? Ach ja. Erst meckert sie rum, aber jetzt ist sie ganz ruhig geworden. Verstehst du die Frau?«
    »Sie ist einsam, sie hat Angst, und wir haben ihr den Einstieg nicht erleichtert. Wir haben einfach so weitergemacht, als wäre Doktor Görner noch hier. Ist er aber nicht.«
    »Leider.«

    ***

    Bis auf die Schreibtischlampe hatte Dr. Jens Pauschler alle Lichter in seinem Büro gelöscht. Er wollte das Chaos nicht sehen, das die Durchsuchung angerichtet hatte. Er hatte sich sterile Einmalhandschuhe übergezogen und stand vornübergebeugt hinter seinem Schreibtisch. Mit der rechten Hand stützte er sich auf dem Rand ab. In der linken Hand schwenkte er bedächtig sein Cognacglas. Er blickte hinüber zum Besprechungstisch. Da hatte Wachsmuth das Kästchen und den Brief abgelegt und war fortgeschickt worden.
    Mit zwei schnellen, energischen Bewegungen seines rechten Arms fegte Pauschler über den Schreibtisch. Dann ging er zum Tischchen hinüber, hob die Glasschale aus der Kiste, schaute sie einen Moment lang an und ging zurück, um das Objekt direkt unter der Schreibtischlampe zu platzieren. Der Bodensatz schimmerte im starken Licht der LEDs wie Perlmutt. Er holte auch den Briefumschlag, lehnte ihn an den Fuß der Lampe und trat zurück.
    Mechanisch trank er einen kleinen Schluck und starrte das Arrangement auf der grünen Unterlage an. Sein Gesicht blieb ausdruckslos. Nur seine rechte Hand ballte sich unablässig zur Faust, spreizte die Finger wieder extrem ab, um sie erneut krampfhaft zusammenzuziehen. Den Schmerz der Fingernägel im Handballen spürte er nicht.
    Nach endlos erscheinenden Minuten stellte er das Glas ab und griff zum Brief. Mit dem linken Zeigefinger bohrte er ein Loch unter die Lasche und riss den Umschlag auf. Ein gefaltetes Stück Papier kam zum Vorschein. Vorsichtig zog er es heraus. Ein liniertes Blatt aus einem DIN-A5-Ringbuch. Herausgerissen. Er spürte die Unebenheiten, die der Kugelschreiber durchgedrückt hatte, zwischen Daumen und Mittelfinger. Druckbuchstaben. Aufgeblättert hielt er die Nachricht ins Licht und las leise: »Lüge weiter und du stirbst oder sage endlich die Wahrheit und lebe.«
    Sofort, mit absoluter Sicherheit, wusste Pauschler, wer das geschrieben hatte. Und ebenso stand für ihn fest, dass er weder sterben noch reden wollte.
    »Ich werde es dir noch einmal zeigen«, brüllte er in den Raum und zerknüllte das Papier in der Faust. Sekunden später strich er das Blatt wieder glatt. Er las die Handynummer, die wie zufällig am unteren Rand stand. Die Schrift war weiblicher, nicht so kräftig aufs Papier gedrückt. Hatte von Eck unachtsam einfach ein Blatt aus einem Ringbuch gerissen und die Nummer nicht bemerkt? Würde ihm so etwas passieren? Eher nicht.
    Pauschler schaute aus dem Fenster. Durch die Scheibe konnte er den dunklen Nachthimmel sehen. Einzelne Sterne blinkten. Was verliere ich, wenn die Nummer zu einer fremden Person gehört? Nichts!
    Er setzte sich und zog die Telefonanlage über den Tisch. Langsam wählte er Ziffer für Ziffer. Nach dem dritten Klingeln meldete sich eine Frauenstimme. »Du bist zu früh.« Sofort wurde die Verbindung unterbrochen.
    Ratlos erhob sich Pauschler und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. Er trank einen Schluck, kam zurück und drückte die Wahlwiederholungstaste. Bevor er etwas sagen konnte, hörte er: »Es ist noch zu früh!« und augenblicklich war das Gespräch beendet.
    »Verflucht!«

    ***

    Konnert ließ sich Addiksen in den Verhörraum bringen, lächelte ihn freundlich an und verschwand dann für eine Viertelstunde, bevor er wieder hineinging.
    »Dann wollen wir es noch einmal versuchen, Herr Addiksen. Kommen wir auch diesmal nicht weiter, müssen Sie etwas länger bleiben.«
    »Ich will eine Aussage machen.«
    Konnert zog die rechte Augenbraue hoch. »Nanu, jetzt kooperativ?«
    »Es ist besser für mich, wenn ich mit Ihnen

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