Teuflische Stiche
ganz gute Freunde geworden. Wir haben sogar zusammen das Abitur bestanden. Er ist danach zum Studium gegangen. Als er von seinen Weltreisen zurück gewesen ist, habe ich ihn ein paar Mal besucht.«
Babsi entschied sich, zu schweigen. Sie wusste, dass das andere oft zum Reden animierte.
» Klaus ist schon immer ein komischer Kauz gewesen. Wo seine Eltern ehemals ihr Wohnzimmer gehabt haben, hat er sich ein Labor mit gefliesten Wänden und Steinfußboden eingerichtet. Er hat versucht, ein Medikament gegen irgendein Fieber zu entwickeln. Soweit ich das weiß, hat er es aber nicht geschafft.« Er trank. »Als ich dann mal wieder in der Gegend gewesen bin und bei ihm vorbeischauen wollte, war er tot. Ich habe sogar Blumen gekauft und sie auf sein Grab gelegt.« Das Grinsen zeigte sich.
» Sie sind sicher, dass Sibelius von Eck mit Klaus Stelzig aus Roetgen identisch ist?«
» Ja. Ich bin fast in Ohnmacht gefallen, als ich ihm gegenübergestanden habe. Auferstanden von den Toten. Ist ja schon einmal vorgekommen, sagt man. Aber damals hat Jesus seine Kollegen wenigstens zu einer Fischmahlzeit eingeladen. Ist doch so gewesen, oder? Der Stelzig hat so getan, als würde er mich nicht kennen. Ist eben ein Arschloch geworden.« Den leeren Becher schob der Bettler in Richtung Bedienung und deutete mit dem Daumen an, dass nachgefüllt werden sollte.
Ein Nicken von Babsi signalisierte Zustimmung. »Wissen Sie von anderen Kollegen, die mehr über von Eck sagen wollen?«
» Der lässt ja keinen an sich ran. Früher, in Roetgen, ist er ein richtig guter Typ gewesen. Jetzt ist er misstrauisch, verbittert und abweisend. Ich glaube nicht, dass einer von uns noch etwas mit dem zu tun haben will.«
Mit dem frisch aufgefüllten Kaffeebecher in beiden Händen fragte er: »Wie sieht es mit was zum Rauchen aus?«
Die Frau hinter dem Tresen schaute Babsi fragend an. »Tabak und Blättchen sind in Ordnung.«
» Es ist angenehm, mit Ihnen zu plaudern.«
» Wissen Sie denn noch mehr?«
Seine Stirn legte sich in tiefe Furchen. Es war für Babsi nicht schwer zu erkennen, dass es nur eine gespielte Nachdenklichkeit war. Sie holte ihre Visitenkarte aus ihrer Umhängetasche. »Rufen Sie mich an, wenn Ihnen noch etwas einfällt. Und vielen Dank für die Informationen.«
» Gern geschehen.« Die Falten verschwanden und sein Mund verzog sich wieder zu einem Grinsen.
***
Sie hatten nach einer Besprechung am großen Tisch schweigend ihre Notizen durchgesehen und sich dann ratlos an die Schreibtische oder schon zum Mittagessen zurückgezogen. Mit dem Rücken zum Fenster stand Konnert in seinem Büro und paffte Rauchringe gegen die Zimmerdecke. Ihm waren bei den Berichten zwei Dinge aufgefallen. Als Babsi davon gesprochen hatte, dass Klaus Stelzig versucht hatte, ein Medikament zu entwickeln, hatte er sich an die Information von Alois Weis erinnert. Stelzig hatte ein Pharmaziestudium abgebrochen. Er überlegte, wer ihm etwas über die Entwicklung von Arzneimitteln erzählen könnte. Gregor Geiger aus dem Backshop kam ihm in den Sinn. Und plötzlich fragte er sich: Seit wann kommt der dahin und setzt sich gleich dreist an meinen Tisch? Den Mann habe ich vorher nie bei uns in der Siedlung gesehen.
Beunruhigt dachte er danach an die Mitteilung aus Aachen. Nun zweifelten also auch die Kollegen dort, dass es Klaus Stelzig war, den man vor vielen Jahren bestattet hatte. Aber wen hatte man dann in dessen Haus gefunden und beerdigt? Venske wollte da dran bleiben. Aber was hatte das mit der Todesermittlung Dreher zu tun? Mit der waren sie noch keinen Schritt weiter.
Vor sich einen Block mit karierten Blättern, in der Hand seinen abgegriffenen Vierfarbstift, saß Konnert an seinem Schreibtisch. Der Versuch, still zu beten, war gescheitert. Ihm fehlte die Konzentration. In solchen Situationen half es ihm, seine Anliegen aufzuschreiben. Er schloss für einen Moment die Augen und notierte: »Himmlischer Vater. Du kennst mein Herz und weißt, wie ich es meine. Ich muss mich endlich wieder um den Fall Renate Dreher kümmern. Was den Tod von Karl Dreher angeht und welche Schuld ich daran trage, konnte ich mit meinen Vorgesetzten nicht klären. Ich weiß nicht, wie ich mich weiter verhalten soll. Ich könnte dazu einen Tipp von dir gut gebrauchen.«
Mit dem Stift in der Hand schaute er durch die große Scheibe seines Büros hinüber zu seinen Mitarbeitern. Bei der neuen Kommissarin stand Venske und erklärte ihr gestenreich wohl den aktuellen Fall. Kilian
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