Teuflische Versprechen
Angenehmes, oder sehen Sie das anders?«, fragte er zynisch.
»Ich mag das nicht glauben«, stieß sie hervor und lief nervös im Zimmer auf und ab.
»Es ist aber die Wahrheit. Und ich könnte Ihnen noch viel mehr erzählen, was Grausamkeiten angeht.« Er hielt inne und sah die Männer und Frauen um sich herum an.
»Fahren Sie fort«, sagte Berger. »Wenn wir schon dabei sind, wollen wir auch alles hören. Oder ist da jemand anderer Meinung?«
Kopfschütteln.
»Gut. Die Zahl, die Herr Bäumer genannt hat, fünfhunderttausend Frauen, die jährlich in den Westen geschleust werden, stimmt, allerdings ist die Zahl steigend, weil die Nachfrage entsprechend hoch ist. Hier bestimmt die Nachfrage das Angebot. Von diesen fünfhunderttausend kehren etwa die Hälfte in die Heimat zurück. Das geschieht meist so nach drei bis sechs Jahren, es kommt ganz darauf an, wie alt sie waren, als sie herkamen, und wie gut ihre körperliche Verfassung ist. Gerade in den nobleren Etablissements wird großer Wert auf den äußeren Zustand der Frauen gelegt. Die sehr erlauchte und vor allem betuchte Kundschaft erwartet für gutes Geld natürlich einen entsprechenden Service …«
»Woher haben Sie all diese Insiderinformationen?«, fragte Bäumer.
»Gleich, lassen Sie mich meine Ausführungen erst zu Ende bringen. Die Frauen sind meist zwischen sechzehn und maximal vierundzwanzig Jahre alt, haben in der Regel eine gute Schulbildung genossen, was ich nur bestätigen kann, denn ich habe Akademikerinnen kennen gelernt, Lehrerinnen, Schiffsbau- und Maschinenbauingenieurinnen und so weiter, die allesamtals Prostituierte hier gearbeitet haben. Und sie sind durch die Bank ausgesprochen attraktiv. Sie werden, sofern sie nicht nach ein paar ›Reitstunden‹ gefügig sind, zum Teil mit Alkohol und Drogen oder Medikamenten willenlos gemacht, vor allem aber auch mit Schlägen. Es dauert nicht lange, bis ihr Wille vollständig gebrochen ist und sie nur noch Befehle ausführen wie ein Roboter. Dass diese Belastung und diesen Druck keine Frau auf längere Zeit durchhält, müsste jedem von uns vollkommen klar sein. Und da hängt es von jedem Bordellbetreiber ab, inwieweit er noch einigermaßen menschlich handelt, wobei es eigentlich in diesem Metier den Begriff Menschlichkeit nicht gibt. Wie gesagt, manche dürfen wieder nach Hause, aber sie sind durchweg seelische und meist auch körperliche Wracks, andere sehen ihre Heimat nie wieder. Wie weit die Hemmschwelle gesunken ist, erleben wir auch am Beispiel Tschechien, wo man nur über die Grenze zu fahren braucht, und wenn ein Pädophiler ein Kind oder auch ein Baby haben möchte, er bekommt’s. Hilfe von den tschechischen Behörden ist nicht zu erwarten, die kümmern sich einen feuchten Dreck drum, und hier bei uns reden die Politiker auch nur heiße Luft. Wir sind eben eine dekadente und degenerierte Gesellschaft, wo man schon für ein bisschen Geld alles bekommt, was man will. Traurig, aber wahr.«
Er machte eine kurze Pause und steckte sich eine Zigarette an. Durant, die seinen Ausführungen aufmerksam und interessiert gelauscht und ihn dabei aus dem Augenwinkel, aber doch sehr intensiv beobachtet und seine Haltung, Mimik und Gestik studiert hatte, revidierte ihre anfängliche Einschätzung Vukovics Person betreffend, der zwar kühl und reserviert wirkte, aber dies wohl nur als Fassade benutzte, um niemanden in sein Inneres schauen zu lassen. Seine Hände und auch seine Stimme hatten, während er sprach, ein paar Malleicht gezittert, und manchmal schien er kurz davor, die Fassung zu verlieren. Er schien sehr mitgenommen von dem, was er wusste und berichtet hatte. Dieser Typ sieht so finster aus, aber in Wirklichkeit ist er ein richtig guter Kerl. So kann man sich täuschen, dachte sie.
Vukovic, der entweder nicht bemerkte oder nicht bemerken wollte, wie er beobachtet wurde, fuhr nach zwei Zügen fort: »Jetzt kommt aber das vielleicht Härteste, was man im Bereich Menschenhandel findet. Sie kennen wahrscheinlich aus dem Fernsehen oder aus der Zeitung Berichte über Kinder und Jugendliche in Rumänien oder einigen andern Ländern, die auf der Straße leben oder in der Kanalisation, ohne irgendeine Chance auf eine einigermaßen menschenwürdige Zukunft. Sie schnüffeln Nagellack oder inhalieren Klebstoff oder anderes Zeug, um das Hungergefühl zu unterdrücken, und viele von ihnen sind krank. Wie ich von meinem Informanten ebenfalls erfahren habe, werden regelmäßig solche sogenannten
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