Teuflischer Pakt - Thriller
Vielleicht hatte es ihn schon damals nicht berührt … Und der kleine Zwischenfall auf dem Polizeirevier würde ebenfalls schnell vergessen sein. Am liebsten würde Alex Tim schlagen, ihm den dümmlichen, arroganten Ausdruck aus dem Gesicht wischen, aber wozu? Egal was er sagte, Tim würde es nie verstehen. Zwischen ihnen lagen Welten. Das war schon immer so gewesen; wenn er es nur begreifen würde …
»Normal?«, sagte er zu Tim. »Du kapierst es einfach nicht, oder?«
»Was meinst du?«
»Hau einfach ab, und lass mich in Ruhe!«, schrie er, die Blicke der Menschen um sich herum ignorierend. Er sah eine Lücke zwischen den Autos und rannte im Zickzack über die Straße und durch die Menge wartender Fußgänger auf der anderen Seite. Tim rief ihm etwas hinterher, doch die Worte gingen im Verkehrslärm unter. Obwohl ihm der Schweiß in Strömen lief, rannte Alex weiter, bis er einen sicheren Abstand zwischen sich und Tim gelegt hatte.
Vielleicht hatte er ja überreagiert, aber die Vernehmung war so intensiv gewesen. Nie zuvor hatte er sich in einer solchen Situation befunden, und er hoffte, er würde es auch nie wieder erleben. Er dachte an den Detective mit den schwarzen Haaren und dem italienisch klingenden Namen, der ihn verhört hatte. Sie waren darin geübt, aber Alex hätte es sich nie so bohrend und moralisch vernichtend vorgestellt. Er hatte sich nackt gefühlt, während Gedanken und Bilder aus der Tiefe an die Oberfläche stiegen: so vieles, was im Unterbewusstsein verborgen war und nun freigesetzt wurde, dass er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte. Einen Moment lang stand alles wieder erstaunlich klar vor seinen Augen, doch dann hatte er angefangen, an seiner Erinnerung zu zweifeln. Wie ein Zauberer, der aus dem Nichts Bilder beschwört, hatte der Detective Dinge in den Raum gestellt, die vorher nicht da gewesen waren, üble Ideen,
die sich in Alex’ Kopf festsetzten, bis er nicht mehr wusste, was richtig und was falsch war.
Der Detective hatte bewegungslos auf dem Stuhl gesessen, den Kopf locker auf die Finger gestützt, und ihm Fragen gestellt. Hatte Alex sie wirklich einfach da am See liegen lassen und war ins Bett gegangen? Er dachte, sie sei tot? Nein? Nur bewusstlos? Hatte er versucht, sie wiederzubeleben? Warum nicht? Was war seiner Meinung nach mit ihr passiert? War sie verletzt? Nein? War er sich sicher? Hatte sie Blutergüsse, Schwellungen, Zeichen, dass sie missbraucht worden war … Missbrauch. Das Wort traf ihn wie ein Pistolenschuss. Niemand konnte wissen, was er getan hatte. Hatte er in seinem Wahn das Offensichtliche nicht bemerkt? Er rief sich ihr Bild ins Gedächtnis, sah Schatten wie verschüttete Tinte sich auf ihrer Haut ausbreiten, verfärbtes, schwellendes Fleisch, als drückten und schoben unsichtbare Hände. Ihre Schenkel? Verdammt. Er hatte ihre Schenkel oder irgendwelche anderen Körperteile nicht gesehen. Er hatte sie überhaupt nicht angeschaut. Sein Kopf war ganz woanders gewesen, hatte sich vorgestellt, sie sei jemand anders. Wie zum Teufel sollte er das erklären? Blut? Da war kein Blut. Nicht dass er sich erinnerte. Nein, er hatte sie nicht berührt. Nein, er hatte keinen Sex mit ihr. Niemand hatte etwas mit ihr. Was auch immer geschehen war, es war ein Unfall, Herrgott noch mal. Ein Unfall!
Einen Moment lang war er wieder dort, mit ihr im Wasser. Es war wie ein Traum, das Bild drehte sich um ihn, als wäre er der einzige Fixpunkt. Er sah den schwarzen Baldachin aus Zweigen, die verschwommene Silhouette des Mondes, Sterne wie winzige Lichtpunkte am Himmel. Das dumpfe Dröhnen der Musik drang über den See herüber und füllte seinen Kopf. Eine Brise kam auf, und er fröstelte, als er mit ihr ans Ufer trat. Schlaff hing sie in seinen Armen, ihr Kopf rollte über seine Schulter, ihr langes, schlammverkrustetes Haar klebte an seinem
Rücken. Er spürte ihre kühle Haut an seiner, das trockene Gras stach unter seinen Füßen, als er die Böschung hinaufstieg und sie niederlegte. Er vergaß die anderen da draußen im See, wo auch immer sie waren. Ihre Stimmen in der Ferne hörte er kaum. Er war allein mit ihr, nur sie beide. Er breitete ihre Arme und Beine im Gras aus und betrachtete sie einen Moment lang, begehrte sie, wünschte, sie würde die Augen öffnen und ihn ansehen. Aber sie bewegte sich nicht. Er kniete sich hin und küsste sie, dann ein zweites Mal, inniger, spürte sie klamm und weich unter sich. Langsam fuhr er mit den Fingern über ihre Haut,
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