Teuflischer Sog
einen Handschuh geschützte Faust um das Seil gelegt hatte, ließ Mark sie genauso sanft wie ein Otis-Lift auf den Bürgersteig hinunter. Linda hatte den Wagen an den Bordstein gelenkt und die Türen bereits geöffnet. Die Scheibenwischer kämpften hektisch gegen den Regen.
Mark sprang aus dem Führerhaus des Krans, und er und Linc nahmen Tamara Wright auf dem Rücksitz in die Mitte. Der Fußraum war mit Ausrüstungsgegenständen so vollgepackt, dass Linc die Knie fast bis in Kopfhöhe hochziehen musste. Linda war auf den Beifahrersitz gerutscht und überließ Juan den Platz hinter dem Lenkrad. In der Ferne ertönten Polizeisirenen. Er legte den Gang ein und lenkte die Limousine auf die Fahrbahn, als hätten sie alle Zeit der Welt.
Vielleicht ist damit der schwierige Teil überstanden, dachte Juan, wagte jedoch nicht, es auch laut auszusprechen.
Aber die Schicksalsgöttinnen hörten ihn trotzdem.
Ein großer schwarzer Straßenkreuzer jagte über die Kreuzung, kam dicht vor ihrer Stoßstange schlingernd zum Stehen und zwang Cabrillo, den Fuß aufs Bremspedal zu rammen. Türen flogen auf, und ein großer kahlköpfiger Mann in einer Paradeuniform schoss aus dem Fond des Cadillac heraus. Er hatte eine Pistole in der Hand und eröffnete sofort das Feuer.
Die Insassen der Limousine duckten sich, als Kugeln die Windschutzscheibe durchschlugen. Juan schaltete in den Rückwärtsgang und griff nach oben, um den Rückspiegel auszurichten. Ein Projektil sirrte so dicht an seinem Handgelenk vorbei, dass er seine Hitze spüren konnte. Aber jetzt war es wenigstens möglich, nach hinten zu schauen, ohne den Kopf aus der Deckung heben zu müssen.
Sie fuhren zwanzig Meter rückwärts, wo nur noch ein absoluter Meisterschütze sie mit einer Pistole treffen konnte, bevor Juan die Handbremse anzog und am Lenkrad kurbelte. Der nasse Asphalt half ihm, mit dem hoffnungslos untermotorisierten Wagen eine hollywoodreife Pirouette zu drehen.
Er löste die Bremse, legte den ersten Gang ein und beschleunigte vom Ort des Geschehens weg. Eine weitere Kugel traf den Wagen – ein ungezielter Schuss, der einen der Außenspiegel zertrümmerte.
»Sind alle okay?«, rief er, ohne den Blick von der Straße zu lösen. Es war, als rasten sie durch einen Wasserfall.
»Ja, hier ist alles bestens«, erwiderte Mark. »Wer war das?«
»General Philippe Espinoza, dessen Haus wir soeben überfallen haben. Er muss auf dem Rückweg von seinem Dinner gewesen sein, als ihn der Portier anrief.«
»Das war der Mann, der mir die Fragen gestellt hat«, berichtete Tamara, »er und dieser widerwärtige Chinese namens Sun. Ich konnte feststellen, dass er aus Peking kam, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er zur Staatssicherheit gehörte.«
»Zweifellos mit einem Diplomatenpass hier in Argentinien.« Die Sirenen kamen näher. Juan fuhr langsamer. Die einzige Möglichkeit, sich aus dieser Situation zu befreien, bestand darin, keine Aufmerksamkeit zu erregen und zu hoffen, dass sie Espinoza abschütteln konnten, denn der General würde sie mit Sicherheit verfolgen. »Mark, hast du deine Trickkiste bereit?«
»Ein Wort von dir genügt, großer Meister.«
Juan dachte über Befehlsketten nach. Zweifellos kannte Espinoza jemanden bei der Polizei – einen Chief oder einen Commissioner höchstwahrscheinlich. Fünfzehn Minuten wären verstrichen, wenn der General seinen Freund anrief, der seinerseits einen Rangniederen in der Polizeihierarchie anriefe und so weiter, bis eine Beschreibung ihres Fahrzeugs zu den Streifenwagen auf den Straßen gelangte. Wenn sie Espinoza jetzt entschlüpfen könnten und nicht weiter auffielen, hätten sie die Stadt schon halb durchquert, bevor die Fahndung nach ihnen überhaupt ausgerufen wurde.
Er blickte in den Spiegel, als der Straßenkreuzer einen Block hinter ihnen um die Ecke bog. Juan lenkte einen überladenen Mitsubishi und machte sich keine Illusionen, dass er dem amerikanischen Achtzylinder entkommen konnte, selbst wenn er eine Panzerung hatte, was wahrscheinlich der Fall war.
Juan bog zweimal schnell ab und bremste, als ein Polizeiwagen mit rotierenden Warnlichtern vorbeiraste, gefolgt von einem weiteren Zivilfahrzeug.
Seine Zuversicht schwand, als er beide Fahrzeuge im Rückspiegel scharf bremsen sah. Sie brauchten einige Zeit, um in dieser schmalen Straße zu wenden, und zwangen Espinoza anzuhalten. Offensichtlich kannte dieser jemanden, der in der Nahrungskette wesentlich weiter unten rangierte, als Cabrillo geschätzt
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