Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teuflischer Sog

Teuflischer Sog

Titel: Teuflischer Sog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
Kerntemperatur zu erhalten. Es war keine Frage von Willenskraft, sich diesen extremen Temperaturen zu stellen. Man konnte die Schmerzen einfach nicht ertragen. Die Antarktis war für menschliches Leben ebenso tödlich wie das absolute Vakuum des Weltraums.
    Wegen der klobigen Schutzhandschuhe über seinen Fingerhandschuhen brauchte Andy beide Hände, um den Türknauf zu drehen. Die extreme Kälte draußen traf ihn mit voller Wucht. Es würde einige Sekunden dauern, bis sich die Luft in seiner Kleidung gegen diese eisige Attacke ausreichend anwärmte. Für einen Moment erschauerte er fröstelnd, dann trat er um die Ecke, die den Ausgang vor dem Wind schützte. Er hielt sich am Geländer fest, während er die Treppe zu dem steinigen Untergrund hinabstieg. Heute herrschte kein allzu starker Wind, zehn Knoten vielleicht. Dafür war er dankbar.
    Er hob das etwa anderthalb Meter lange Stück eines metallenen Leitungsrohres auf, das so dick wie eine Fünfzigcentmünze war, und ging los.
    Die Sonne war nicht mehr als eine bleiche Verheißung, die am Horizont entlangwanderte und erst in einer Woche dahinter auftauchen würde. Doch sie spendete Andy genügend Licht, so dass er auf seine Stirnlampe verzichten konnte. Die Sohlen seiner Moonboots waren starr und erschwerten das Gehen, und das Gelände war ihm auch keine Hilfe. Dieser Teil der Antarktischen Halbinsel war vulkanischen Ursprungs, und seit der letzten Eruption war nicht genug Zeit verstrichen, um den Elementen Gelegenheit zu geben, das Gestein so glatt wie Glas zu schleifen, wie er es auf Bildern während des Orientierungskurses gesehen hatte.
    Was er während dieses Kurses ebenfalls gelernt hatte, war, niemals im Freien zu schwitzen. Ironischerweise war dies das sichere Rezept für eine rasante Hypothermie, weil der Körper seine Wärme wesentlich schneller abgab, wenn erhöhte Belastung dafür sorgte, dass sich die Hautporen öffneten. Daher brauchte Andy zwanzig Minuten, um sein Suchgebiet zu erreichen. Falls Greg Lamont recht hatte und dies der letzte Tag war, an dem er sich draußen aufhalten konnte, dann, so meinte Gangle, wäre dies vielleicht die beste Stelle. Sie befand sich näher am Strand, also dort, wo er seine Entdeckung gemacht hatte, lag jedoch auf einer Linie mit einer kleinen Bergkette, die ein wenig Schutz bot. Während der nächsten beiden Stunden stapfte er auf und ab, wobei seine Augen hinter der Schutzbrille aufmerksam den Boden absuchten. Immer wenn er auf etwas Vielversprechendes stieß, stocherte er mit dem Stahlrohr im Eis oder im Schnee herum oder schob damit Steine beiseite. Es war eine ziemlich stupide Tätigkeit, für die er sich besonders gut eignete, und die Zeit schien zu verfliegen. Er wurde nur ein einziges Mal abgelenkt, als er das Bedürfnis verspürte, für ein paar Minuten im Kreis zu laufen. Er schaffte es, sich rechtzeitig zu bremsen, ehe er zu schwitzen begann, doch sein Atem war in den drei Schals, die er sich um Nase und Mund geschlungen hatte, gefroren. Also lockerte er sie, um sie erneut festzubinden, so dass sich der Eisklumpen in seinem Nacken befand.
    Er entschied, dass er genauso gut auch gleich Feierabend machen könne. Dann betrachtete er für einen Moment den fernen Ozean und fragte sich, welche Geheimnisse er unter seiner von Eisbergen bedeckten Oberfläche wohl verbarg. Danach machte er sich auf den Rückweg zu Wilson/George, wobei er das Stahlrohr wie einen Wanderarbeiterstock auf der Schulter trug.
    Andy Gangle hatte die Entdeckung seines Lebens gemacht. Damit war er zufrieden. Wenn es hier draußen noch mehr davon gab, dann könnte sie ruhig ein anderer finden, während er den Rest seines Lebens in einem Luxus verbrachte, den er sich niemals auch nur erträumt hätte.

3
    Ein zweites Mal betrachtete Cabrillo prüfend den dunklen Fluss, ehe er sich zu der verlassenen Hütte umdrehte, die sie als Basis benutzten. Sie stand auf Pfählen ein Stück über dem Wasser, und die Leiter, die zu dem einzelnen Raum hinaufführte, war aus Balken erbaut, die mit Sisalseilen zusammengebunden worden waren. Sie knarrte protestierend, als er darauf nach oben stieg, doch sie trug sein Gewicht. Das Strohdach war zum größten Teil verschwunden, daher wurde der dämmernde Himmel durch hölzerne Dachbalken unterteilt, die noch mit Rinde umhüllt waren.
    »Der Kaffee ist fertig«, flüsterte Mike Trono und reichte eine Tasse herüber.
    Trono, ein ehemaliger Rettungsfallschirmspringer, der im Kosovo, im Irak und in Afghanistan

Weitere Kostenlose Bücher