Texas
County vertreiben wollten. Bei Wahlen hatte er die Wahllokale überwacht und Unruhestifter sowie jeden, den er für einen Liberalen hielt, abgeschreckt. Nach der Wahl hatte er dafür gesorgt, daß jede Beschwerde im Keim erstickt wurde. Macnab hatte der Gerechtigkeit auf seine Weise gedient. Er hatte herausgefunden, wo die Interessen der herrschenden Schicht, zum Beispiel Norman Vigils oder der Großgrundbesitzer, lagen und dafür gesorgt, daß diese Interessen gewahrt wurden. In einer geordneten Gesellschaft konnte es seiner Meinung nach gar nicht anders zugehen.
Während der ersten zwanzig Jahre seiner Amtszeit am Rio Grande hatte er Hunderte von Mexikanern eingesperrt, die seiner Meinung nach nicht in die texanische Lebensweise paßten. Entweder stahlen sie oder prügelten ihre Krauen oder fuhren mit Autos davon, die Weißen gehörten. Wenn man in jenen Jahren mit Macnab sprach, hörte man nie etwas über die zahllosen gesetzestreuen Hispanos. Wie bei den Schweden in Minnesota oder den Tschechen in Iowa gab es auch unter den Mexikanern in Texas gute und böse Menschen. Macnab hatte nur mit den Bösen zu tun gehabt, und es war auch jetzt noch seine Meinung, daß zu dieser Gruppe jeder gehörte, der mexikanischer Abstammung war und auch nur im geringsten versuchte, den Lebensstil im Tal zu ändern. Macnab wollte, daß es immer so blieb, wie es gewesen war. Deshalb war er beunruhigt, als ihn Norman Vigil, der jetzt in einem geräumigen, weit vom Bierdepot entfernten Haus lebte, unerwartet zu einer Besprechung bestellte.
»Ich habe das Gefühl, Captain, daß uns Schwierigkeiten, ernstliche Schwierigkeiten bevorstehen.«
»Und zwar?«
»Dieser Hector Garza, der für meinen Onkel gearbeitet hat und bis jetzt eigentlich ein verläßlicher Mann war, will einen verdammten Meskin für das Bürgermeisteramt kandidieren lassen.«
»Sie haben doch schon einen Bürgermeister. Warum will dann Hector...«:
»Er behauptet, es wäre an der Zeit, daß die Meskins einen eigenen Bürgermeister bekommen.«
»Sagen Sie ihm doch, daß er den Unsinn vergessen soll.«
»Er weigert sich. Er bildet sich ein, er muß jetzt seine letzte Schlacht schlagen.«
»In seinem Alter legt er doch bestimmt keinen Wert mehr auf dieses Amt?«
»Nein. Er baut seinen Enkel auf.«
»Simon? Der oben in Kansas ein College besucht hat?«
»Genau. Wenn man einem von diesen Mcskins ein Buch in die Hand drückt, hält er sich schon für Karl den Großen.«
Und so begann der Bravo-Skandal, der einige Monate lang in der Presse des Landes Schlagzeilen machte. Hector Garza, dessen Leben sich dem Ende zuneigte, fand, daß seine Hispanos, die über fünfundachtzig Prozent der Bevölkerung des Tales ausmachten, auch ein Mitspracherecht in der Verwaltung besitzen sollten. Als er diese Ansicht öffentlich vertrat, kam er Norman Vigils politischem Machtstreben und Oscar Macnabs Polizeigewalt in die Quere.
Die Konfrontation hielt sich anfangs in Grenzen. Macnab wendete jeden erdenklichen politischen Trick an, um die Hispanos zu verunsichern. Er hütete sich, den alten Garza oder dessen Enkel anzurühren, aber er ließ sie zweimal verhaften, weil sie den Highway blockierten, und er sorgte dafür, daß sie drei Nächte im Gefängnis verbrachten. Weniger angesehene Hispanos dagegen behandelte er sehr rauh, richtete sie übel zu und drohte ihnen, daß es ihnen noch schlimmer ergehen werde, wenn sie darauf bestanden, einen mexikanischen Bürgermeister statt des ausgezeichneten Mannes zu wählen, der mit Norman Vigils Hilfe die Stadt während des letzten Jahrzehnts regiert hatte.
Doch dann schickte Hector Garza ein Telegramm nach Washington, und in der Stadt tauchte ein Mr. Henderson, ein hochgewachsener Mann in blauem Sergeanzug, auf. Er bestellte Norman Vigil und Oscar Macnab in sein Hotelzimmer und teilte ihnen mit: »Ich bin Thomas Henderson vom Justizministerium. Ich bin hier, um dafür zu sorgen, daß bei den kommenden Wahlen die Rechte Ihrer hispanischen Bürger gewahrt werden. Ich setze dafür zwei von mir beauftragte Männer ein, also lassen Sie sich besser nichts zuschulden kommen!«
Die Vigils von Saldana County hatten seit 1880 Washington abgewehrt und seine Vertreter daran gehindert, die Machtverhältnisse am Rio Grande zu verändern. Norman glaubte, daß er diese Politik fortsetzen könnte, aber Mr. Henderson holte sich seine gerichtlichen Verfügungen beim Bundesgericht in Corpus Christi statt in Bravo und setzte jeder gesetzwidrigen Handlung, die
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