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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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lachte. Er zog es an sich, küßte es und sagte: »Ich möchte, daß du einen solchen Mann heiratest, Amalia. Einen Mann mit Mumm.«
    Als Trinidad erfuhr, daß sie in die Hauptstadt reisen sollte, hätte sie Mutter und Großvater am liebsten geküßt, aber sie war so von Freude übermannt, daß sie einfach nur schweigend dastand. Dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht, sie machte einen Luftsprung und schrie: »Olé! Wie herrlich!«
    Mehrere Tage lang, während die Vorbereitungen für die Reise getroffen wurden, hielt ihre große Freude an. Es waren mehr als tausendsechshundert Kilometer bis zur Hauptstadt, und jeder Bewohner von Béjar hätte sich glücklich geschätzt, diese Reise einmal im Leben machen zu können.
    Zu dieser Zeit war Béjar nicht sehr groß, zählte weniger als zweitausend Einwohner, doch nachdem man die alte Hauptstadt Los Adaes aufgelassen hatte, galt es als die bedeutendste spanische Siedlung nördlich von Monclova. Und auf Grund einer überraschenden Verfügung der vizeköniglichen Verwaltung hatte Béjar jetzt auch zusätzliche Verantwortung zu tragen: Kalifornien, Nueva Mexico und Tejas im Norden waren zusammen mit sechs ausgedehnten Provinzen, darunter Coahuila und Sonora im Süden zu den Provincias Internas zusammengefaßt worden. Ihre Hauptstadt war Chihuahua, aber sie lag achthundert Kilometer westlich und war von Béjar aus nur über Indianerpfade zu erreichen. Deshalb mußten viele ortsgebundene Entscheidungen in der Hauptstadt von Tejas getroffen werden.
    Die Stadt war sehr schön gelegen. Vier Wasserläufe flossen jetzt parallel von Norden nach Süden, gesäumt von schattigen Bäumen: im Osten der Kanal, der den Missionen Wasser zugeleitet hatte; daneben der Rio San Antonio, im Westen der Bewässerungsgraben, den Fray Damián 1732 für die Siedler von den Kanarischen Inseln angelegt hatte; und noch weiter westlich ein kleiner Fluß, dessen Wasser für die ständig größer werdenden landwirtschaftlichen Gebiete genutzt wurde. Diese Wasserläufe schufen vier genau abgegrenzte bebaubare Areale.
    Um 1788 begannen sie sich mit Häusern von Siedlern zu füllen.
    Ein gutes Stück östlich, auf der anderen Seite des Flusses, erhoben sich die unfertigen Gebäude der sterbenden Mission, die eines Tages den Namen Alamo erhalten würde. Rundherum standen dichtgedrängt einige elende Hütten, in denen Indianer wohnten. Am Westufer, in der großen Flußschleife, waren elf schöne Häuser erbaut worden, die angesehenen Mestizen gehörten. Das vornehmste Wohngebiet lag zwischen den westlichsten Bewässerungsgräben rund um die Stadtmitte. Hier wohnten die Saldanas und die Veramendis.
    Mehr als sechshundert Indianer lebten in den sechs Missionen oder in deren Nähe, doch die einst so wertvollen Institutionen befanden sich in so jähem Niedergang, daß man schon von einer möglichen Schließung sprach; und tatsächlich war vor kurzem ein gewisser Vater Ybarra nach Norden gekommen, um darüber zu berichten, ob ein solcher Schritt wohl ratsam wäre. Er arbeitete jetzt an seinen Empfehlungen, und weil er ein düsterer und unfreundlicher Mann war, nahmen die Bürger an, daß sein Bericht es ebenfalls sein würde.
    Trinidad liebte Bejar. Am schönsten fand sie die zwei Plazas gegenüber der Kirche: eine kleinere, die sich nach Osten zum Fluß hin, und eine größere, die sich zum Hügelland im Westen zog. Auf diesen Plazas verbrachten sie und ihre Freundinnen viele Stunden. Trinidad fuhr auch immer wieder gerne zu »unserer Familienmission«, Santa Teresa, um die herrlichen Bildwerke von Simon Garza zu betrachten, die die Stationen des Kreuzwegs darstellten.
    Als sie eines Morgens, nachdem sie wieder einmal die Schnitzereien bewundert hatte, nach Hause kam, fragte sie ihren Großvater: »Ist es wahr, daß ein Indianer sie gemacht hat?« »Ein Halbindianer. Sein spanisches Blut hat es ihm möglich gemacht, diese Kunstwerke zu schaffen.«
    »Stimmt es, daß er der Großvater oder so etwas Ähnliches von Domingo war, der auf dem Rancho arbeitet?«
    »Woher kennst du Domingo?«
    »Wir haben zusammen gespielt. Ich habe ihn lesen gelehrt. Er hat mir das Reiten beigebracht.«
    »Halte dich fern von ihm!«
    »Warum?«
    »Weil ich es sage.«
    In dieser Nacht schlief Don Ramón schlecht. Ihn quälten Alpträume, seine Enkelin könnte einen wilden Indianer aus den Bergen Mexicos heiraten. Er wußte, daß er das verhindern mußte. Früh am nächsten Morgen ließ er sein bestes Pferd satteln, gab ihm die Sporen und

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