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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Friede mit Österreich unterzeichnet. Das gleiche mit den Franzosen. Seit frühester Kindheit hatte man Don Ramón gelehrt, sie zu fürchten, aber jetzt waren alle früher französischen Gebiete entlang des Mississippi spanisch.
    Alle seine Söhne tot! Mehr als viele andere war sich Don Ramón des furchtbaren Preises bewußt, den jene Spanier bezahlen mußten, die danach gestrebt hatten, die Zivilisation nach Tejas zu bringen: die Einsamkeit jener ersten Missionen, die Jahre unbelohnter Schinderei in den Presidios, die Märtyrer unter den Fratres, die gefallenen Helden wie seine Söhne, die Sorgen der Gouverneure, die sich bemühten, ohne ausreichende Mittel und ohne einen adäquaten Polizeiapparat zu regieren, und die zermürbende Plackerei der Frauen wie seiner verstorbenen Gemahlin, die ihre Männer unterstützten, wo sie nur konnten.
    Don Ramón, seine Enkelin Trinidad und ihre Mutter Engracia, Witwe von Agustin de Saldaña, den die Apachen ermordet hatten, wohnten in einem schönen, großen Haus mit Adobemauern. Vorübergehende waren von dem Haus der
    Saldañas entzückt: »Das Haus von Don Ramón sieht aus, als ob glückliche Menschen darin wohnten.«
    Hinter der einladenden Mauer verbargen sich elf kleine, miteinander verbundene Zimmer, die eine Hufeisenform bildeten; in der Mitte befand sich ein herrlicher Innenhof, der sich nach einem wunderschönen Garten hin öffnete, wo Steinbänke vor einem Springbrunnen standen, aus dem kühles Wasser sprudelte, wenn indianische Diener die Fußpumpen bedienten. Dicke Mauern sicherten die Bewohner vor Gefahren von außerhalb, und eine kleine Kapelle ermöglichte es ihnen, private Gottesdienste abzuhalten. Und so, wie das Haus die Familie schützte, wachte die Familie über ihre Vorrechte. Die Saldañas kämpften dagegen an, in einem Meer von Mestizen und Indianern unterzugehen; sie waren entschlossen, allen Eindringlingen Widerstand zu leisten, die den Camino Real aus den neuen spanischen Besitzungen in Louisiana oder aus dem unzivilisierten Land weit im Norden und Osten herunterkamen; diese kleine Familie hatte sich die Aufgabe gestellt, spanisch zu bleiben.
    Und das war der Punkt, an dem die zweite Tragödie in Don Ramóns Leben ihm unsäglichen Kummer bescherte: Sein Blut war rein spanisch, das konnte keiner bestreiten, aber von geringerer Qualität, weil er nicht in Spanien das Licht der Welt erblickt hatte. Er war ein Criollo, kein Peninsular. Da die einzige Chance der Saldañas aus Béjar, ihre Ehre wiederherzustellen, darin bestand, Trinidad an einen Herrn aus Spanien zu verheiraten, wurde dieses Problem zu Don Ramóns Hauptsorge. Eines Tages im Jahre 1788 sagte er zu Engracia: »Mit jedem Tag wird unser kleines Mädchen mehr zu einer Frau. Wir müssen ihr einen passenden Mann finden - einen richtigen Spanier!«
    Engracia Sarmiento de Saldaña, einer Seitenlinie der angesehenen Sarmientos in Mittelspanien entstammend, war als Kind nach Mexico gekommen, wo ihr Vater als Gouverneur einer Provinz im Süden diente. Sie wußte, was es bedeutete, die mexikanischen Saldañas zum Spaniertum zurückzuführen, deshalb hörte sie interessiert zu, als Ramón ihr einen Vorschlag unterbreitete: »Vielleicht sollten wir einmal nach Mexico-Stadt hinunterfahren. Wenn wir nächstes Jahr im Februar aufbrechen, ist Trinidad vierzehn. Sie ist ein sehr hübsches Mädchen, und es muß doch dort viele junge Offiziere aus Spanien geben.«
    »Ich würde noch viel weiter reisen, um für meine Tochter einen geeigneten Mann zu finden.«
    »Laß mich mit Veramendi darüber reden.«
    In der Galle Soledad, viele Jahre die einzige gepflasterte Straße in der Stadt, besaß der in Béjar ansässige Zweig der einflußreichen Familie Veramendi aus Saltillo zwei schöne, große Häuser mit einem gemeinsamen Innenhof, der schon allein ein Kunstwerk war: sieben alte Bäume spendeten Schatten, und die mit Kies bestreuten Wege waren von Statuen gesäumt, die indianische Arbeiter von italienischen Bildern religiöser Figuren kopiert hatten. Ein halbes Dutzend Nischen in den Adobemauern enthielten Blumentöpfe mit Kletterpflanzen, deren Ranken über die Mauern fielen und wunderschöne Muster formten, wenn die Sonne darauf schien.
    Im größeren der beiden Häuser wohnte das Oberhaupt der in Béjar ansässigen Veramendis, ein strenger Mann, der zurückgezogen lebte und die Erziehung seiner vielen Kinder überwachte. Sein sehr begabter Sohn Juan Martin, der jetzt zehn Jahre alt war, beherrschte bereits drei

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