Texas
Nachtwächter, der sie anhalten würde, wenn er sie auf der Straße entdeckte. Und dann fanden sie ein Gäßchen, das zu einem Garten führte. Sie stellten sich unter einen Baum, und René-Claude flüsterte seiner Braut zu: »Jetzt darf ich Euch zu meiner Frau machen.« Und sie besiegelten ihre Liebe.
Sie waren noch eine Tagesreise von Béjar entfernt, und Don Ramón hatte sich schon beinahe dazu entschlossen, bald mit René-Claude über Trinidads Mitgift zu reden. Die meisten Soldaten waren vorausgaloppiert, um die Stadt von der Rückkehr der Saldañas in Kenntnis zu setzen, und während die nun kleine Karawane begann, durch eine Furt ans andere Ufer des Rio Medina zu gelangen, griffen die Apachen an. Es waren mehr als zwei Dutzend Krieger. Kaum hatten sie Trinidad gesehen, versuchten sie das Mädchen gefangenzunehmen. Im Lager würde sie ein begehrter Siegespreis sein.
Doch nun sprengte René-Claude auf sie los, trieb sie zurück und wurde von drei Pfeilen in die Brust getroffen. Sein Pferd raste blindlings weiter, auf die Indianer zu, die es nun darauf anlegten, ihn lebend zu fassen, um sich an den grausamen
Martern zu ergötzen, denen sie ihn unterziehen würden. Mit letzten Kräften hieb er auf sie ein, bis sie ihm, um ihn zu bezwingen, die Kehle durchschnitten.
Die Saldañas brachten Trinidad in ihr Haus an der Plaza, wo sie in eine Art Koma verfiel. Sie wollte nicht glauben, daß ihr junger Mann von der Erdoberfläche verschwunden, daß er tot war. Dieser Dämmerzustand hielt mehrere Tage an. Fray Ybarra, der neue Priester, der nach Norden gekommen war, um zu überprüfen, ob man die Missionen schließen sollte, kam, um mit ihr zu sprechen, aber sie starrte an ihm vorbei und blieb stumm. Am fünften Tag schließlich schüttelte er sie und sagte streng: »Du hast schon fünf Tage verloren. Steh jetzt auf und zieh dich an!«
Als sie wieder zu Kräften gekommen war, gewann Trinidad allmählich auch wieder die Kontrolle über sich. René-Claude war tot. Fray Ybarra versuchte sie dazu zu bringen, sich ihrer Situation bewußt zu werden. »Du bist fünfzehn Jahre alt. Viermal soviel Jahre liegen noch vor dir, und du mußt sie gut nutzen. Gott wollte, daß du die Mutter von Kindern sein solltest. Das ist deine stolze Bestimmung, auf sie mußt du hinarbeiten.«
Trinidad weigerte sich standhaft, dies zu tun. Mit wachsendem Unmut beobachtete der strenge Fray Ybarra, wie sie in der Stadt umherging, als ob sie eine verheiratete Frau wäre. Aus keinem besonderen Grund faßte er eine tiefe Abneigung gegen diese junge Frau mit dem schiefen Mund, die immer höhnisch zu grinsen schien, wenn er etwas sagte. Er begann sie aufmerksam zu beobachten in der Hoffnung, daß sie schwanger war, und es ärgerte ihn sehr, als sich herausstellte, daß sie kein Kind erwartete.
Während er weiter seinen Pflichten nachging - Pflichten, die ihm vom Vizekönig zugeteilt worden waren, der seit langem argwöhnte, daß die Kosten der Missionen im Norden, verglichen mit den mageren Resultaten ihrer Arbeit, ungerechtfertigt waren -, entwickelte er ausgeprägte Haßgefühle gegen die Mission Santa Teresa, deren frommen Gründer, Fray Damián, Trinidads Großonkel, er als Scharlatan ansah. Trinidad selbst war, davon war er überzeugt, ein lockeres, respektloses Mädchen, das kein gutes Ende nehmen würde, und er zog mehrmals in Erwägung, sie zu exkommunizieren, kam aber dann wegen des Ansehens der Saldañas und ihrer Freundschaft mit den Veramendis wieder davon ab.
Als er eines Morgens über die Plaza ging, beobachtete er, wie Trinidad ihr Haus verließ, vermutlich um sich auf ungebührliche Weise in anderer Leute Angelegenheiten zu mischen. Aber dann sah er sie über die Plaza auf Amalia Veramendi zulaufen und ihre Arme um den Hals der Freundin schlingen. Nachdem sich die Mädchen einige Minuten angeregt unterhalten hatten, gingen sie Arm in Arm davon. Er fragte sich, was sie wohl für Geheimnisse miteinander teilten.
Diese Frage war leicht zu beantworten. Seit dem Tag des Überfalls durch die Apachen war Trinidad nicht imstande gewesen, René-Claudes Namen auszusprechen, obwohl sie sich verzweifelt bemühte. Jetzt aber, in Gesellschaft einer gleichaltrigen mitfühlenden und interessierten jungen Frau, konnte sie endlich frei sprechen: »Du kannst dir nicht vorstellen, wie wunderbar er war, Amalia.« Das war kein guter Anfang, denn Amalia sah ihre Freundin von der Seite an und dachte: Du würdest dich wundern, was ich mir alles vorstellen
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