Texas
feste Überzeugungen im Hinblick auf irgendwelche bestimmten theologischen Richtungen, und ganz gewiß wollten wir uns nicht in religiöse Themen einmischen, aber es war nun einmal nicht zu übersehen, daß der religiöse Fanatismus beim Zustandekommen der typischen texanischen Geisteshaltung mehr als einmal eine bedeutende Rolle gespielt hatte.
Dr. Garza schlug den Professor einer katholischen Hochschule in New Mexico vor. Quimper jedoch protestierte energisch, und mit Berechtigung: »Wir hatten schon einen katholischen Historiker bei der ersten Tagung, den Angehörigen einer katholischen Mission bei der zweiten und dann einen Experten für die Geschichte des katholischen Kanada. Texas ist kein katholischer Staat, Dr. Garza, sondern ein protestantischer, dessen Geisteshaltung von Protestanten geprägt wurde!«
»Sie haben recht«, gab Garza zu. »Ich habe nur versucht, die Interessen meiner Leute zu fördern.«
»Das verüble ich Ihnen nicht«, schmunzelte Rusk, »aber jetzt möchte ich die Interessen meiner Leute fördern. Meine Großeltern waren Quäker und Baptisten. Gott sei Dank gibt es ja nur wenige Quäker in Texas, und so schlage ich vor, daß wir einen baptistischen Geistlichen einladen.«
»Augenblick mal, Rance«, ließ sich Quimper wieder hören. »Texas wurde vor allem von Methodisten besiedelt. Und ich würde gern mal eine ehrliche methodistische Darstellung hören.« Worauf Rusk das Wort an Miss Cobb richtete: »Welcher Religionsgemeinschaft gehören Sie eigentlich an, Lorena?« Miss Cobb antwortete: »Wie alle besseren Leute in den Südstaaten gehöre auch ich der Episkopalkirche an. In Texas allerdings hat sie nie großen Einfluß gehabt.«
Wir konnten uns einfach nicht einigen. Um weitere Meinungsverschiedenheiten zu vermeiden, verschoben wir die Tagung auf November.
Nachdem ich eine Reihe von Telefonaten geführt hatte, konnte ich mit einer fast perfekten Lösung aufwarten, und bei unserem Novembertreffen in Tyler präsentierte ich meinen Kollegen und Mitarbeitern meinen Kandidaten, einen großgewachsenen, mageren Mann Mitte fünfzig.
Ich bat ihn, sich selbst vorzustellen. Er tat es mit viel Geschick: »Ich bin ordinierter Geistlicher, Professor für Religionswissenschaft am Abilene Christian College. Die römische Zahl nach meinem Namen zeigt an, wie viele Generationen meiner Familie in Texas gedient haben. Ich bin Joel Job Harrison VI. Ich werde Ihnen jetzt kurz die
Geschichte meiner Familie erzählen, anhand deren Sie einen Überblick gewinnen können über die religiösen Stürme, die von Zeit zu Zeit über Texas hinweggebraust sind.
Der erste Joel Job Harrison kam 1820 als geheimer Reiseprediger mit dem Auftrag an den Trinity River, das katholische Mexiko zu infiltrieren. Streng religiöse Eiferer in Kentucky hatten ihm die Anweisung gegeben: >Kämpfen Sie gegen die Papisten! < Er scheint ein leidenschaftlicher Verteidiger des Glaubens gewesen zu sein und hielt flußauf und flußab geheime Erweckungsversammlungen ab. Dem, was er predigte, getreu folgend, führte er einen der entscheidenden Angriffe bei San Jacinto. In der Zeit der Republik zog er kreuz und quer durch das Land und baute die methodistischen Kirchen auf, die unter der mexikanischen Herrschaft verboten gewesen waren.
Joel Job III. war einer jener geistlichen Titanen, die von Zeit zu Zeit über Texas hinwegstürmen. Seine Auslegung der Bibel führte dazu, daß er in endlose Kämpfe gegen Baptisten, Presbyterianer und alle anderen >ungläubigen< Sekten verstrickt wurde. Die Baptisten warfen drei ihrer besten Leute gegen ihn in den Kampf. In ganz Nordtexas fanden große öffentliche Debatten statt. Man stellte ein Zelt auf oder mietete einen Saal, und J. J. Harrison III. in schwarzem Anzug und rotem Kordelschlips, kreuzte die Klingen mit dem damaligen baptistischen Champion. An fünf aufeinanderfolgenden Tagen debattierten sie jeden Tag von zwei bis fünf, und Tausende lauschten aufmerksam, um sich nur ja kein Wort entgehen zu lassen. Diese Streitgespräche wurden berühmt.
Im Jahre 1894 erlitt die kirchliche Welt von Texas einen Schock, als diese mächtige Stütze des Methodismus, dieser unvergleichliche Redner, sich in die Abgeschiedenheit zurückzog, die Bibel studierte und eines Tages eine aufsehenerregende Erklärung an die Öffentlichkeit brachte: >Ich kann die methodistische Kirche in ihrer heutigen Form nicht mehr unterstützen. Ich verlasse sie, um Prediger der Kirche Christi zu werden.< Das war gleich ein
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