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Thanatos

Thanatos

Titel: Thanatos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Ione
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werden durch meine Hände über sie kommen und durch keine anderen.«
    Eine ganze Weile starrte Gethel ihn an; ihre Augen brannten sich in ihn hinein, als wollte sie bis auf den Grund der Wahrheit hinabsehen. Die Wahrheit war, dass er tatsächlich Rache an Harvester üben wollte, aber sie würden es als Ebenbürtige in einem Kampf austragen. Sie hatte ihm Grauenhaftes angetan, doch war sie auch zu Zeiten seltsam … zärtlich gewesen, so als ob sie ihre Handlungen bedauere. Er würde ihr nicht dieselbe Zartheit zubilligen, aber er würde sie gewiss nicht foltern, während sie wehrlos dalag.
    Schließlich schob Gethel ihm den Stachel in die Hand und blitzte sich beleidigt davon. Harvester, deren Augen zu stark geschwollen waren, um sie mehr als einen Schlitz zu öffnen, zitterte so heftig, dass der Tisch wackelte.
    Heilige Hölle.
    Die eine Hälfte von ihm, die sie am liebsten hiergelassen hätte, bis sie verrottete, hatte ihren Wettstreit mit seiner anderen Hälfte beendet, die danach strebte, ihrem Leid ein Ende zu bereiten. Jetzt zog er fünf der
treclan
-Stachel heraus, ließ aber den letzten stecken, damit er sie festhalte, während er die Fesseln löste, die ihre Arme und Beine an den Tisch banden. Sobald er das erledigt hatte, zog er den letzten Nagel mit einem Ruck aus ihrer Schulter.
    Ehe er es verhindern konnte, rollte Harvester vom Tisch und landete als Knäuel auf dem Boden. Als er um den Tisch herumging, schleppte sie ihren Körper gerade auf einen staubigen Schreibtisch zu, der in einer Ecke des Raums stand. Sobald er nach ihr griff, kroch sie unter den Tisch und rollte sich zu einer Kugel zusammen.
    »Gefallene.« Reaver verwendete den abfälligen Spitznamen für gefallene Engel als Befehl; er verwendete absichtlich seinen schärfsten Kommandoton, um sie sauer zu machen, damit sie wieder zu ihrem normalen, niederträchtigen Ich zurückfand.
    Stattdessen schrie sie beim Klang seiner Stimme auf, und ihr ganzer Körper begann zu beben. Gethel hatte sie wirklich schlimm fertiggemacht.
    Er ging in die Hocke und streckte die Hand nach ihr aus. »Harvester?« Diesmal war seine Stimme sanfter, aber sie zuckte dennoch zusammen, sodass er die Hand wieder zurückzog.
    »Ich werde dir nicht wehtun.«
    »Warum nicht?«, zischte sie.
    »Wie es aussieht, hat Gethel das schon überreichlich besorgt.«
    »Sie ist nicht bei Sinnen –«
    »Aber sie hat recht. Du wirst vernichtet werden, weil du Pestilence geholfen hast.«
    »Nein, ich meine …« Ihr Körper erschauerte von Neuem, und ihr Blick wirkte gequält. »Auch egal.« Ihre Stimme war so rau, dass es schmerzte, sie zu hören, nachdem sie sich die Kehle mit ihren Schreien zerfetzt hatte. »Wie du das genießen musst.«
    Seltsamerweise war dem nicht so. Er wünschte, er könnte es, und wenn sie vom Tisch aufgesprungen wäre und sich auf ihn gestürzt hätte, hätte er das auch getan. Aber es missfiel ihm, jemanden, der so mächtig war wie Harvester, als Häufchen Elend zu seinen Füßen liegen zu sehen.
    »Komm heraus. Ich tu dir nichts.«
    »Als ob du das könntest«, gab sie herausfordernd zurück, doch die Schauer, die ihr nach wie vor über die Haut liefen, sprachen ihren prahlerischen Worten hohn.
    »Immer noch so aufsässig«, murmelte er.
    Eine wirre Locke war ihr ins Gesicht gefallen, und ohne nachzudenken, streckte er die Hand aus und strich sie zurück. In dem Moment, in dem seine Finger sie berührten, rollte sie sich noch enger zusammen und riss die Hände hoch, um ihr Gesicht zu schützen. Aber er hatte gesehen, dass sich in einem Auge eine einzelne Träne bildete.
    Diese eine Träne traf Reaver hart. Harvester könnte Schmerz und Angst vortäuschen, könnte versuchen, zu übertreiben, um seine Sympathie zu gewinnen, aber er bezweifelte es. Sie hatte wahrhaftig Angst um ihr Leben.
    »Was meinte Gethel damit, als sie sagte, du wüsstest genau, worum es hierbei ginge?«
    Harvester zuckte zusammen – eine kaum wahrnehmbare Anspannung der Muskeln, aber es entging Reaver nicht. »Nichts«, krächzte sie. »Lass mich allein. Wenn du mich nicht umbringen willst, dann geh weg.«
    Sie wollte nicht, dass er sie in diesem Zustand sah, wehrlos, schwach und verängstigt. Das konnte Reaver ihr nicht verdenken. »Ich werde gehen«, sagte er und erhob sich. »Aber, Harvester? Wenn du dich noch einmal mit mir anlegst, dann werde ich Gethel nicht aufhalten. Und wenn ich herausfinde, dass du in irgendeiner Weise an dem Versuch beteiligst warst, Thanatos’ Siegel zu

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