Thanatos
wäre, würdest du unseren Sohn nicht wegwerfen.«
Schmerz durchbohrte sie, aber sie schleuderte ihn sofort auf ihn zurück. »Wenn wir dir wirklich wichtig wären, würdest du mich diesen Band lesen lassen, in der Hoffnung, dass ich darin etwas finde, das sein Leben rettet!«
Es folgte eine lange, angespannte Pause, während der Thanatos sie mit lodernden Augen anstarrte und ihm praktisch der Dampf aus der Nase schoss, wie bei einem wütenden Bullen im Comic. Der Höllenhund hatte sich näher an sie herangemacht, aber sie war nicht sicher, ob das gut war oder nicht.
»Wo im Irak?«, brachte Thanatos schließlich mit Mühe heraus.
»In der Moschee Al-Sheoulat.«
Er schnaubte. »Die gibt es gar nicht.«
Noch vor neun Monaten hätte Regan triumphiert, dass die Aegis etwas wusste, was ein fünftausend Jahre altes übernatürliches Wesen nicht wusste. Aber inzwischen war es wichtiger, ihn bei Laune zu halten. Zumindest so weit, dass er nicht wieder in mörderische Wut verfiel, die unzählige Menschen das Leben kostete.
»Es handelt sich um eine Dämonenhochburg unter einer existierenden Moschee. Darum konnten wir bislang nicht hineingelangen.«
»Auch im Irak gibt es Aegi, warum haben die sich nicht um die Dämonen gekümmert?«
»Weil sich die Moschee in einer Stadt befindet, in der der größte Teil der örtlichen Regierung aus
ter’taceo
besteht, genau wie eine bedeutende Anzahl der Bevölkerung. Die Aegis konnte bislang nicht einmal in die Nähe der Moschee gelangen.«
»Sag mir, wo sie sich befindet. Meine Geschwister und ich werden uns um die Dämonen kümmern.«
»Ich zeig’s dir.«
Er kreuzte die Arme vor der Brust. »Du wirst es mir sagen.«
»Wollen wir jetzt wirklich deswegen streiten?«
»Du bist nicht in der Verfassung, mitzukommen. Ich werde die Schriftrollen holen und herbringen.«
»Thanatos, wenn du sie aus der Moschee entfernst, zerfallen sie zu Staub. Alles in der Moschee ist an sie gebunden. Du weißt doch, wie häufig es bei Dämonen vorkommt, dass sie eine unverbrüchliche Verbindung zwischen ihren heiligen Orten und bestimmten Objekten herstellen. Also, wenn deine Geschwister oder du keine Empathen seid, die Pergament auf die Art lesen können wie ich, dann braucht ihr mich. Ihr könnt mich doch im Handumdrehen rein- und wieder rausbringen.« Beiläufig fuhr sie mit der Fingerspitze über die Schrift in dem Buch, das Thanatos nach wie vor auf dem Tisch festhielt, und öffnete sich ihrer empathischen Gabe. Der Autor war wütend gewesen, als er es schrieb. So wütend auf den
Bludrexe
. »Außerdem beginne ich mich langsam ein bisschen klaustrophobisch zu fühlen. Ich muss hier dringend mal raus. Und darf ich dich daran erinnern, dass mich kein Dämon anfassen kann? Ich wage zu bezweifeln, dass es im Irak Dämonen gibt, die flüssigen Stickstoff ausatmen.«
»Na schön«, knurrte er. »Aber du bleibst immer an meiner Seite, und beim ersten Anzeichen von Gefahr sind wir weg.«
»So langsam glaube ich, ihr meldet euch immer nur dann, wenn ihr was von mir wollt.« Wraith boxte Thanatos so fest gegen die Schulter, dass es sogar durch den Panzer hindurch wehtat. »Wenn ihr das nächste Mal anruft, könntet ihr mich ja mal zu einer Bierparty einladen.«
»Ich dachte, du liebst es zu kämpfen, Dämon.«
»Das ist das, was ich am zweitliebsten mache.« Wraith, der sein schulterlanges blondes Haar mit einem Lederband zurückgebunden trug, testete eine der Spitzen seines Wurfsterns. »Aber ihr könntet mich doch wenigstens vorher mit Burgern und Bier gnädig stimmen.«
Than musste nicht fragen, was er am liebsten tat. Der Kerl war ein Sexdämon, genau wie seine Brüder Shade und Eidolon. »Keine Zeit für Burger und Bier.«
»Die tragische Geschichte meines Lebens«, murrte Wraith.
Limos, die am Eingang zu der geheimen unterirdischen Moschee stand, zu der Regan sie geführt hatte, band ihr Haar zu einem Knoten auf ihrem Kopf. »Wir hätten das gut ohne diesen lästigen Dämon machen können.«
Ares unterbrach das Gezanke, indem er in den dunklen Gang eintauchte. »Weißt du nicht mehr, wie Wraith deinen
Agimortus
entdeckt hat? Er findet einfach alles, und je schneller er Regans Texte findet, umso besser.«
Texte, die von niemandem außer Thanatos gelesen werden würden. Er war nicht sicher, was darin stehen würde, aber wenn sie auch nur den Hauch eines Hinweises auf sein Geheimnis enthielten, durfte er nicht riskieren, dass ein anderer davon Kenntnis erlangte. Er konnte einfach nicht
Weitere Kostenlose Bücher