THARKARÚN – Krieger der Nacht
dir lauert.«
»Ich glaube nicht, dass die Nadel magisch ist«, sagte Thix und seine Finger glitten über seinen Talisman. Er fühlte sich glatt und kalt an. »Sie ist einfach nur schön. So wie viele Dinge, die die Elben herstellen: Sie sind schön und sonst nichts.«
»Ich habe schon immer gesagt, dass euch Elben der Sinn für das Praktische fehlt. Ihr schmiedet leichte Rüstungen, weil sie elegant aussehen, und beschwert euch dann, wenn der erste Goblinpfeil in eurer Brust steckt. Ich werde euch nie verstehen.«
Thix sah ihn vorwurfsvoll an. »Vergiss das ›euch‹, ich bin nicht wie die anderen Elben.«
Morosilvo schwieg, in seinem verbliebenen Auge spiegelte sich das Flackern des Lagerfeuers der Zwerge. »Nun gut«, sagte er schließlich, »aber trotzdem hast du dieses Teil da angesteckt.«
Einige Tage vergingen und die Stunde der Trennung rückte immer näher. Bei gleichbleibendem Tempo würden sie den Fjomm-See am Nachmittag des folgenden Tages erreichen. Die Feenköniginnen würden Abschied von dem Magus und den acht nehmen und mit ihren Truppen unterhalb des lang gestreckten, gekrümmten Rückens des Flail-Gebirges nach Westen zur Großen Mauer der Ebene ziehen. Hinter diesem, ehemals von den Gnomen zum Schutz gegen Übergriffe von Räubern und Briganten aus dem Faunenreich errichteten mächtigen Bollwerk wollte sich das vereinte Heer der acht Reiche verschanzen und Widerstand gegen die Feinde leisten. Die Gruppe der acht hingegen würde sich nach Norden wenden, ins Herz des Faunenreichs. Sie würden den Fluss Valdalis überqueren, und danach lagen erneut endlose Wälder vor ihnen, bis sie den Undurchdringlichen
Hort erreichten. Nur Shaka Alek wusste, dass der Hort irgendwo in der Nähe der Grenze zwischen dem Dämonenreich und dem Goblinreich lag. Sein Volk hatte die Erinnerung an den Bau und den Standort der Festung bewahrt, und die alten Überlieferungen beschrieben auch die Gefahren auf dem Weg dorthin und den magischen Schutzwall um die Festung.
Vor vielen Jahren war es einmal einer Gruppe Schwarzer Hexer gelungen, den geheimen Ort zu finden, so wurde jedenfalls berichtet. Sie hatten unwirtliche raue Landstriche voller heimtückischer Gefahren durchquert, bevor die legendäre Festung aus schwarz glänzenden Lavasteinen zwischen den Bäumen aufgetaucht war, wo nun die Rettung der acht Völker zu finden sein sollte. Trotz aller Versuchungen hatten es die Schwarzen Hexer nicht gewagt, die Festung zu betreten, schon gar nicht den Großen Saal mit dem Weißen Stein. Nach ihrer Rückkehr hatten die Schwarzen Hexer eine Karte gezeichnet, allerdings war die sehr ungenau, denn sie hatten den Eindruck, als würde sich die Festung bewegen und der Weg dorthin wäre immer ein anderer.
Shaka hatte diese Karte während seiner Lehrzeit bei den Schwarzen Hexern gesehen, an die er sich nicht gerne zurückerinnerte, obwohl er damals viel gelernt hatte. Eine dünne rote Linie, die in vielen Windungen an den vielen Tausend Gefahren vorbei durch die ursprünglichen Wälder führte, bezeichnete den Weg zum Hort. Immer wieder hatte er davorgestanden und sich gesagt, dass eines Tages er selbst diesen Pfad beschreiten würde, um so zu sehen, wohin er ihn brächte.
Bei den Schwarzen Hexen rankten sich viele traurig endende Legenden um den Weg, sie hatten ihm den unheilvollen Namen »Die Straße hinab in den Schatten« gegeben. Diese Bezeichnung war mehr als gerechtfertigt und hatte gerade jetzt eine neue, noch dramatischere Bedeutung erlangt, denn die bedrohliche Finsternis, die sich von dort über die Reiche legte, war noch dunkler als die Gefahren, vor denen die Reisenden sich in der Vergangenheit gefürchtet hatten. Und es gab keine Möglichkeit, sich einem
anderen Ort zuzuwenden, wo man sich mehr Licht erhoffen konnte.
Shaka Alek hatte dennoch keine Angst. Dunkle Mächte konnten ihn nicht schrecken, selbst wenn er mit den Gremlins und ihrer Art von schwarzer Magie nicht vertraut war. Wenn er eines bei den Schwarzen Hexern gelernt hatte, dann war es Gelassenheit und Distanz zu Dingen, die bei anderen Entsetzen auslösten. Endlich wurde sein Traum wahr: Er würde die Straße hinab in den Schatten gehen, und zwar bis zum äußersten Ende, weiter als alle anderen vor ihm. Bis in den Großen Saal mit dem Weißen Stein. Das Unbekannte, das dort am Ende des Weges bewahrt wurde, er würde es sehen und erfahren.
Shaka hatte schon immer den Wunsch gehabt, Grenzen zu überschreiten, mehr zu sehen, mehr zu wissen, mehr zu
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