THARKARÚN – Krieger der Nacht
plötzlich. »Ich glaube, dass wir endlich an einem sicheren Ort angekommen sind! Was stand dort über der Tür? Ein freundliches Dach oder so ähnlich, einfach unglaublich, dieser Empfang.« Er holte tief Luft. »Gib mir die Fackel, Lisannon. Ich möchte die Kerzen dort anzünden, um der Göttin unseren Dank zu erweisen, dass sie uns unversehrt bis hierher gebracht hat.«
Lisannon reichte ihm wortlos die Fackel, denn er dachte genauso. Für alle drei war es eine Erleichterung, eine Nacht in Sicherheit verbringen zu können, ohne dass sie sich vor etwas Dunklem, Grauenhaftem fürchten mussten, das durch die Nacht schlich und sie im Schlaf angriff. Die Ritter dort vor dem Tor bewachten es gut und aus irgendeinem ihm selbst unbekannten Grund war Dhannam überzeugt, dass ihre Mauern auch dunklen Mächten standhalten würden. In diesen Mauern wohnte Magie, doch es war eine alte und gütige Magie, das merkte man an der freundlichen Wärme, die in der Luft lag und den Raum einhüllte.
Er kniete vor Sadhiras Statue nieder und zündete eine Kerze nach der anderen an. Erst nach einer Weile bemerkte er, dass die beiden Obersten ihm gefolgt waren und schweigend hinter ihm knieten. Wortlos dankten nun alle drei der Göttin, dass die sie sicher bis in den Tempel geführt hatte.
VIERZIG
I N DEN TAGEN, die auf ihre seltsame nächtliche Begegnung folgten, war Thix sehr erfreut darüber, dass Shaka den Magus über das Geschehene in Kenntnis gesetzt hatte, denn in ihrer Umgebung häuften sich die Anzeichen dafür, dass etwas Seltsames im Gange war.
Dabei handelte es sich einfach nicht nur um einen Eindruck, den sie teilten, denn obwohl sich die grüne und heitere Landschaft des Zwergenreiches nicht verändert zu haben schien, braute sich über ihnen am Himmel etwas zusammen, das sich von einem Moment zum anderen über ihren Köpfen entladen konnte. Doch es war wohl nicht nur eine Bedrohung von außen, sie kam auch aus den eigenen Reihen, und Thix war vollkommen überzeugt, dass er das nicht als Einziger bemerkt hatte.
Bei diesem Eindruck ging es vor allem um Farik. Einem aufmerksamen Beobachter hätten zunächst Widersprüche in seinem Verhalten auffallen können, doch da er bereits gewarnt war, häuften sich außerdem zu viele seltsame Zufälle, als dass er sie übersehen konnte. Ametista war es als Erster aufgefallen, sie hatte sich mit Thix auf ihrem Marsch im Flüsterton lange darüber unterhalten. Sie hatte bemerkt, dass Farik, wenn man mit ihm sprach, plötzlich und ohne sichtlichen Grund nicht mehr wusste, wovon die Rede war, und dass er das Gespräch unvermittelt an einem Punkt wieder aufnahm, den die anderen vielleicht schon seit Stunden für erledigt hielten.
Außerdem stand Farik nachts oft auf und unternahm aufs Geratewohl lange Spaziergänge, bis er üblicherweise an einem erhöhten Platz stehen blieb und mit abwesendem Blick auf die unter ihm liegende Landschaft starrte. Dann kehrte er zurück, die Gefährten fanden ihn später irgendwo in der Nähe der Zelte. Oft wusste er nicht mehr, wohin er gegangen war. Die anderen hatten gehört, wie er abgehackte, sinnlose Sätze von sich gab, die wohl auf etwas anspielten, das nur er verstehen konnte. Und manchmal platzte er aus heiterem Himmel heraus, obwohl überhaupt kein Anlass dazu bestand. Dann warf er den Kopf mit den schönen braunen Locken zurück und lachte lange, laut und genießerisch. In diesen Momenten kam er Thix verrückter vor, als es Ardrachan je gewesen war. Der Feenmann beobachtete Farik misstrauischer als alle anderen. Vielleicht lag das daran, dass er den Wahnsinn am eigenen Leib gespürt hatte und nun geeigneter war, ihn bei anderen zu erkennen.
Und dann war da noch Shaka. Bei ihm eine Veränderung festzustellen, war unmöglich, doch Thix wusste Bescheid. Shaka hatte ihm enthüllt, was in ihm vorging. Und mit dem Wissen darum bemerkte Thix die kaum wahrnehmbaren Anzeichen, die den anderen entgingen.
Der Dämon presste seine Lippen jetzt stärker aufeinander, wie jemand, der eine große Anstrengung ertragen muss. In seinen purpurroten Augen blitzte Unruhe auf, und dass seine lange, schmale Hand, die den Eibenholzstab hielt, zitterte und die Münzen in seinem Haar klirrten, hatte nichts mit einer Bewegung zu tun. Außerdem zog er sich mehr und mehr zurück und war noch schweigsamer als sonst. Vielleicht bereute er ja, Thix sein Problem offenbart zu haben. Ob er mit dem Magus gesprochen hatte? Man wusste es nicht.
Thix schlief praktisch keine Nacht
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