THARKARÚN – Krieger der Nacht
Worten zu sagen. Er hatte Alfargus über alles geliebt und spürte mit jeder Faser seines Herzens, wie sehr er ihm fehlte. Ihm zum Gedenken musste er zum Schwert greifen, auch wenn er ihn damit nicht wieder lebendig machte. Er musste es einfach tun. Vielleicht würde Alfargus in den eisigen Hallen von Sirdar, dem Gott des Todes, sogar davon erfahren.
Alfargus hätte es mit Stolz erfüllt zu sehen, dass sein kleiner Bruder alles daransetzte, seinen Mörder zu stellen, auch wenn Dhannam keine Vorstellung davon hatte, wo sich der Unbekannte befinden könnte, der seinen Bruder auf dem Gewissen hatte.
»Vaskas, schau dir das an!«, die überraschte Stimme des obersten Zaubermeisters durchbrach die Stille. Vaskas Rannaril hob den Kopf in die Richtung, in die Araneus zeigte, Dhannam, Lisannon
und Ulf Ghandar taten es ihm nach und sahen, dass jemand auf dem Weg vor ihnen ging. Die Gestalt war zwar noch weit entfernt, aber schon deutlich zu erkennen. Eine seltsame Erscheinung, gestützt auf einen langen Zauberstab, kam näher, dann blieb sie mitten auf dem Weg stehen. Jetzt konnte man die kohlrabenschwarzen Haare erkennen, die bis auf von einem weiten violetten Umhang bedeckte, magere Schultern reichten. Am meisten fiel jedoch der seltsam geformte breitkrempige Hut auf, den der Fremde tief ins Gesicht gezogen hatte. Dhannam zuckte zusammen.
Ihm kam die Geschichte in den Sinn, die Elirion Fudrigus über sein Erlebnis in Carith Shehon erzählt hatte, über seine mysteriöse Begegnung mit dem Nekromanten, der auf der Seite der Gremlins kämpfte. Hatte er nicht gesagt, der Unbekannte habe einen breitkrempigen Hut getragen? Und einen altmodisch geschnittenen, violetten Umhang? So eine Beschreibung war ziemlich ungewöhnlich. Dhannam erkannte das Gefühl, wie ihm die Eingeweide zusammengepresst wurden, und wusste, dass es nackte Angst war.
»Vorsicht«, rief er mit beschwörender Stimme den anderen zu. »Das ist der Nekromant, der in Carith Shehon an der Seite der Gremlins gekämpft hat, nicht wahr, Oberst Ghandar? Ihr wart doch dabei, Ihr habt ihn gesehen! Oder irre ich mich?«
»In der Tat, das ist er, sonst fress ich auf der Stelle meine Spitzhacke«, Ghandar starrte die verhasste Gestalt an, alles andere schien vergessen, seine Hand hielt den Knauf seiner Waffe umklammert. »Gut, da er so freundlich ist, uns den Weg zu versperren, kommen wir seiner Aufforderung nach und bringen ihn einfach um.«
Doch Dhannam traute dem Ganzen nicht. »Vorsicht!«, wiederholte er zutiefst beunruhigt. Der geheimnisvolle Unbekannte verharrte reglos mitten auf dem Weg. Trotz der Entfernung war Dhannam sicher: Er lächelte.
»Vaskas!«, rief Araneus dem obersten Kampfmeister zu und
nahm seinen Bogen von der Schulter. »Ist er in Reichweite unserer Bogen, was meinst du?«
Vaskas schätzte die Entfernung ab. Seine violetten Augen schimmerten, als er die Gestalt fixierte. »Eigentlich schon«, sagte er. »Ich würde allerdings lieber noch etwas näher herankommen, wenn wir es wagen wollen. Ich weiß zwar nicht, was er vorhat, aber sicher ist, dass er uns genauso gesehen hat wie wir ihn. Falls er uns die Zeit für einen Angriff lässt, werden wir nur einen Versuch haben.« Dann hob er die Hand und befahl: »Bogen bereit!«
Dhannam konnte seine Augen nicht von der Gestalt abwenden, das musste er sein, der Nekromant von Carith Shehon, kein Zweifel. Er hörte, wie die Ritter den Befehl ausführten und ihre Pfeile aus den Köchern zogen. Ohne ihr Tempo zu vermindern, spannten die Ritter ihre Bogen und jetzt wusste Dhannam, dass zumindest eine der Legenden, die sich um die Ritter der Finsternis rankten, nicht übertrieben war: Sie waren verwegen, hervorragende Kämpfer, egal ob zu Pferd oder zu Fuß.
Vaskas hatte seine Lippen entschlossen aufeinandergepresst, während er die Sekunden zählte, mit der immer noch erhobenen Hand hielt er seine Männer zurück. Dhannam betete leise zu Talon und bat um göttlichen Beistand. Vielleicht war der Gott der dunklen Künste wirklich der Einzige, der in diesem Kampf etwas für sie tun konnte. Selbst wenn der Nekromant allein war, fürchtete er ihn mehr als eine ganze Horde Gremlins.
Vaskas suchte den Blick des obersten Zaubermeisters und Araneus nickte. Beide wussten, was zu tun war.
»Schießt!«, befahl Vaskas ruhig, aber bestimmt. Die Bogenschützen ließen die Pfeile synchron von den Sehnen schnellen. Wie ein Vogelschwarm schwirrten sie auf den Nekromanten zu, doch der zuckte nicht einmal. Wie zu einem
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