THARKARÚN – Krieger der Nacht
die Beherrschung des Okkulten war ihnen in einem gewissen Maß bereits in die Wiege gelegt. Doch wenn dieses magische Potenzial nur ein wenig höher ausfiel als normal, war ihr Verstand nicht mehr in der Lage, diese Kräfte im Zaum zu halten.
Die Dämonen waren davon am schlimmsten betroffen. Sie trugen nicht nur von allen acht Völkern am meisten Magie in sich, ihre Kräfte nahmen auch noch mit fortschreitendem Alter zu. Es gab drei Ebenen der Zauberkraft, die ein Dämon früher oder später erreichen konnte, und bei jedem Übergang auf die nächste Ebene kam es zu einem wahren Kampf zwischen dem eigenen Bewusstsein und dem überschäumenden inneren Drang. Sobald ein Dämon die Schwelle zur nächsten Ebene überschritt, verlor er die Selbstkontrolle, was bedeutete, dass er zu einer Art mörderischer
Bestie mit ungeheuren Kräften wurde, die überhaupt nicht wusste, was sie tat. Erst mit der Zeit und unter enormen Anstrengungen konnte er diesen inneren Kampf beenden und bekam seine Kraft unter Kontrolle. Manchmal vergingen darüber Monate oder es kam gar nicht erst dazu. Doch auch nach Beendigung dieses Zwiespalts war die Gefahr nicht etwa gebannt: Bei der geringsten Schwäche konnte die Magie wieder die Oberhand gewinnen. Die Zauberkraft eines Dämons lag in seinen langen Haaren, die niemals geschnitten wurden, aber auch nicht mehr nachwuchsen. Wurden sie dennoch abgeschnitten, bedeutete dies den Verlust aller magischen Fähigkeiten. Die Haare eines Dämons wurden immer mit Dutzenden Bändern und Riemen zusammengebunden, an denen Metallmünzen befestigt waren (bei genauerer Betrachtung sah man, dass es sich um Amulette handelte). Sobald man diese Bänder löste, ließ man damit der Magie freien Lauf.
Bei den Feen gab es ein ähnliches Phänomen, allerdings war die Wirkung nicht so heftig. Es kam höchstens dazu, dass etwas durch die Luft flog oder explodierte, wenn eine von ihnen die Beherrschung verlor. Doch zuweilen wurde eine Fee geboren, die zu viel Magie in sich trug, um sie unter Kontrolle halten zu können. Wie bereits erwähnt, wächst das magische Potenzial zusammen mit dem, der es in seinem Inneren trägt, und so konnte es passieren, dass dieses Übermaß an Magie zu spät erkannt wurde.
Trat die Zauberkraft zum Vorschein, äußerte sie sich meist in heftigen Krisen, bei denen die Betroffenen vollkommen ihre Selbstbeherrschung verloren und sich zunehmend auch in den klaren Momenten ungewöhnlich verhielten. Oft befanden sie sich bei Ausbruch ihrer Krisen bereits bei den Caleth und absolvierten eine Ausbildung zum Krieger, da diejenigen, die zu viel Magie in sich trugen, wohl eine angeborene Neigung zu aggressivem Verhalten mitbrachten. Allerdings führte dieses Zusammentreffen dazu, dass sich zahlreiche abergläubische Gerüchte um den elften Feenclan rankten.
Die Caleth waren an Wahnsinn in ihren Reihen gewöhnt, ja sie betrachteten ihn nicht einmal als Nachteil. Denn die rasenden Irren zeichneten sich durch verbissenen Kampfgeist und außergewöhnliche Kraft aus. Sie waren die besten Kämpfer in der Schlacht und erwiesen sich zweifellos würdig, den Namen Caleth zu tragen. Man musste nur darauf achten, sie während der schlimmsten Anfälle unter Kontrolle zu halten, wenn sie weder sich selbst noch andere erkannten und jeden töteten, der sich in ihrer Nähe befand.
Unter diesen Voraussetzungen musste schon einiges vorgefallen sein, wenn es sich als notwendig erwies, einen dieser berühmten Irren wegzusperren.
Wie bei Ardrachan Caleth.
Ardrachan Caleth hatte die letzten zehn Jahre in einem hermetisch abgeriegelten Raum in der Stadt Djarkin verbracht, unter Verschluss gehalten von einer Vielzahl mächtiger Zaubersprüche und jeder Menge bestens geschulter Wachen. Deren Zahl hatte nach dem letzten, besonders heftigen Anfall, bei dem Ardrachan einfach eine Mauer seines Gefängnisses niedergerissen hatte und so entkommen war, verdoppelt werden müssen. Ehe man ihn wieder einfangen konnte, hatte man, abgesehen von vier toten Wachen, sechzehn weitere Opfer zu beklagen. Der Tod der Wachleute war reine Selbstverteidigung gewesen. Bei den anderen sechzehn Opfern konnte man das nicht behaupten.
Ardrachan war nicht einfach nur verrückt. Er war bösartig und äußerst intelligent. In der jüngeren Geschichte des Feenreiches hatte es keinen schlimmeren Serienmörder als ihn gegeben.Vierundsiebzig Opfer – Männer und Frauen jeden Alters und aus mehreren Völkern – gingen auf sein Konto, doch man
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