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THARKARÚN – Krieger der Nacht

THARKARÚN – Krieger der Nacht

Titel: THARKARÚN – Krieger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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parierte. Wut und Trauer füllten seine Augen mit Tränen. Sein Haarband hatte sich gelöst, und die Strähnen hingen ihm wirr ins Gesicht, während er mit zusammengebissenen Zähnen Adileans Namen wiederholte, als sei dieser Name das Letzte, woran er sich noch
klammern konnte, der einzige Grund, warum er diese Wahnsinnstat beging.
    Adilean merkte erst jetzt, dass auch sie weinte. Ganz still rannen die Tränen ihr Gesicht unter dem Visier ihres Helms herab, wusste sie doch, wie alles enden würde und dass dieses Ende falsch war. Doch sie konnte nichts tun, sie konnte nicht verhindern, dass Sirdars Fäden ihren Platz im großen Gewebe des Schicksals einnahmen.
    Voller Bestürzung entdeckte sie, wie sich auf Amorannons Hemd unter dem Brustpanzer ein Blutfleck ausbreitete. Es musste eine klaffende Wunde sein, wenn das Blut selbst unter der Rüstung hervordringen konnte. Ihr Verlobter musste unerträgliche Schmerzen leiden und doch ließ er nicht von seinem Gegner ab. Amorannon schrie erneut, dieses Mal lauter als das erste Mal, ob vor Schmerz oder aus Wut oder aus beiden Gründen, wer konnte das schon wissen? Ligiyas Klinge blitzte gleißend hell auf und alle hielten den Atem an, als sie plötzlich Blut spritzen sahen.
    Zum zweiten Mal war General Asduvarlun das Unmögliche gelungen: Er hatte Tharkarún verletzt.
    Der Nekromant fuhr sich mit der Hand über die Wunde, die das magische Schwert auf seiner rechten Wange hinterlassen hatte. Das Blut auf Ligiyas Klinge dampfte und Tharkarúns Lippen verzogen sich zu einer grässlichen Grimasse. Es war wohl der letzte Schwerthieb des eisernen Generals gewesen und er wusste es. Er würde stolz und hoch erhobenen Hauptes abtreten, in dem Bewusstsein, ein unauslöschliches Zeichen seines Mutes gesetzt zu haben: Die Narbe auf Tharkarúns Wange würde für immer zu sehen sein.
    Tharkarún hob das schlanke Schwert mit der gebogenen Klinge, und allen war klar, dass der General wusste, was nun passieren würde, vielleicht hatte er dies auch gewollt. Genau in diesem Moment schienen seine Kräfte endgültig zu schwinden, und er taumelte einen Schritt zurück, konnte sich aber immer noch aufrecht halten. Er breitete die Arme aus, als wolle er sagen: »Komm, ich
ergebe mich, schlag zu!« Aber er ließ das Schwert nicht los, obwohl es inzwischen bleischwer in seiner müden Hand lag. Wenn er schon sterben musste, dann aufrecht. Das würdige Ende eines Helden, so stand es ihm zu. Er wollte bis zum letzten Atemzug der sein, der er war: der eiserne General. Es machte den Eindruck, als würde das auch Tharkarún anerkennen. Er presste eine Hand auf Asduvarluns Schulter und führte sein gezücktes Schwert gegen ihn.
    Adilean konnte sich nicht mehr beherrschen. Sie hatte nicht schreien wollen, aber als die schmale Klinge Amorannons Panzer durchstieß, als sei er aus Pergament, und sie sah, wie sie in sein Fleisch eindrang und dann blutend zwischen seinen Schulterblättern wieder hervorkam, als sie mit anschauen musste, wie der einzige Mann, den sie je geliebt hatte, der Vater ihrer Kinder, sich über diesem Schwert krümmte, da brach es aus ihr heraus. Sie schrie Amorannons Namen, schrie ihn zum letzten Mal laut und klar, so laut sie nur konnte. Er musste sie gehört haben, denn mit dem Schwert in der Brust drehte er sich ruckartig zu ihr um und sah sie ein allerletztes Mal. Und dieses Mal wusste er, wen er vor sich hatte. Er sah jetzt nicht den unbekannten Reiter in der Rüstung, den er nach seinem schrecklichen Entschluss für die Verkörperung seines Schicksals gehalten hatte. Er sah eine Gestalt in einer Rüstung, und obwohl der Helm noch immer das Gesicht verbarg, kannte er die Stimme. Er würde sie nie vergessen.
    In diesem letzten Moment, ehe sein Bewusstsein sich trübte, wurde ihm plötzlich alles klar, und seine Augen weiteten sich, während sie den Reiter am Rande des Schlachtfelds anstarrten.
    Adilean blickte in sein ungläubiges Gesicht und die Erkenntnis traf sie wie eine Ohrfeige. Es war alles falsch gewesen, ein einziger, schrecklicher, unverzeihlicher Irrtum.
    »Adilean …«, hauchte Amorannon, dann versiegte sein Atem. Er sprach nicht mit der Person, die er vermisste, sondern mit der, die ihn hätte retten können, wäre sie nur eine halbe Stunde früher
gekommen. Dann sank er über der Schwertklinge zusammen und Ligiyas Knauf entglitt seinen sich lösenden Fingern.
    Tharkarún verharrte wie eine Statue, hoch aufgerichtet, ernst und schweigsam. Adilean konnte den Anblick nicht

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