THARKARÚN – Krieger der Nacht
wandte sich auch nicht um. Doch Morosilvo wurde den Eindruck nicht los, dass der Druide lächelte. Oder lachte er vielleicht sogar über ihn?
Die Stille des Waldes war schwer zu ertragen und gab ihm viel zu viel Zeit, über seine ungewisse Zukunft nachzudenken. Mit einem theatralischen Seufzer durchbrach Morosilvo das Schweigen. » Wer weiß, wo der Magus jetzt sein mag«, begann er in der stillen Hoffnung, der Druide würde darauf antworten. Warum auch immer, er hätte zu gern gewusst, wo sich der rotbärtige Riese aufhielt.Vielleicht, weil der Magus der Einzige auf der Welt war, vor dem er Respekt empfand, dieses höchst gefährliche Gefühl. Von ihm, das musste Morosilvo zugeben, würde er sogar Befehle entgegennehmen. Das war der Hauptgrund, warum er ihn fürchtete, gar nicht seine göttliche Herkunft.
Sirio tat ihm den Gefallen und antwortete ihm. Er wandte sich zu ihm um und sagte nach kurzem Nachdenken: »Er müsste bald in den Häusern des Friedens eintreffen, wenn das nicht schon während unserer netten Unterredung am Grünen Strom geschehen ist. In seiner letzten Depesche sprach er davon, dass er gerade aus dem Reich der Dämonen aufbrach, und zwar in Begleitung des Großen Wächters und Shaka Aleks.«
»Shaka Alek?« Dieser Name traf Morosilvo wie ein Schlag, und einen Augenblick lang hoffte er, er hätte sich verhört. »Doch wohl nicht der Shaka Alek, den ich kenne? Ihr wisst, was Shaka in der Sprache der Dämonen bedeutet? Geißel! Könnt Ihr Euch
vorstellen, wie abscheulich und grausam jemand sein muss, dem man einen solchen Namen gibt?«
»Dann ist er genau der Richtige«, entgegnete Sirio ruhig. Er bewegte nochmals die Hand, und der Wind, der Morosilvo transportierte, drehte jäh nach rechts. Gerade noch rechtzeitig, sonst wäre Morosilvo gegen einen Essigbaum geprallt. »Ich bin sicher, es handelt sich genau um diesen berühmt-berüchtigten Shaka Alek. Kennt Ihr ihn persönlich?«
»Eigentlich nicht«, antwortete Morosilvo schmallippig. Er war wütend. Shaka Alek hatte ihm gerade noch gefehlt, er war das i-Tüpfelchen der Schurkentruppe, der Einzige, der diese fürchterliche Lage noch verschlimmern konnte. »Im Allgemeinen ist er nicht gerade der Typ, mit dem man gerne zu tun hat. Ich habe ihn im Menschenreich kennengelernt, in Naredh Dunshair, der Stadt der Söldner. Shaka ist ein Söldner, doch wer ihn anheuert, muss in einer wirklich aussichtslosen Situation sein. Er ist völlig unkontrollierbar, ein blutrünstiger Sadist. Er liebt es, ein Blutbad zu veranstalten, und hält sich an keine Regeln, außerdem ist er ein Alchemist oder etwas ähnlich Finsteres. Er mischt sich in Angelegenheiten ein, von denen Sterbliche besser die Finger lassen sollten. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
»Sehr klar.« Sirio nickte, während er Morosilvo um einen zweiten Baum herum manövrierte. »Und ich bin jetzt mehr denn je überzeugt, dass er genau der Schurke ist, den wir brauchen.«
Sie waren nun wieder auf dem direkten Weg zu den Häusern des Friedens, und Morosilvo fragte sich, ob es seinem Bewacher gelungen war, sich aus der Toilette zu befreien, und wie wütend er jetzt wohl sein mochte. Ein ombresischer Hauptmann, halb Krieger und halb Zauberer, verfügte sicher über etliche Möglichkeiten, sich zu rächen. Besonders wenn er die Schlüssel zu seiner Zelle hatte und Morosilvos Kniescheiben gebrochen waren. Er hätte schwören können, dass der verdammte Wachhund genau jetzt zitternd vor Wut auf ihn wartete. Die ersten orangefarbenen Lichter des Sonnenuntergangs zwischen den Bäumen waren für
ihn deshalb kein gutes Zeichen. Am liebsten wäre er noch die ganze Nacht hinter Allan Sirio durch den Wald geschwebt. Doch als sie auf dem Platz vor den Häusern des Friedens ankamen, war kein wutschnaubender Ombrier zu sehen. Dafür waren dort Wachleute, Reiter und jede Menge emsig durcheinanderlaufende Druiden: ein heilloses Chaos.
»Ach, sehr gut«, sagte Allan Sirio, der keine Anstalten machte, Morosilvo zu Boden gleiten zu lassen. »Der Magus muss eingetroffen sein.«
Und tatsächlich sah Morosilvo aus seiner unangenehmen Position heraus, wie der mächtige Abgesandte der Götter auf seinem Fuchshengst heranritt, die Doppelaxt über der Schulter und die magische Lanze in der Hand. Sirio verneigte sich, und der Magus erwiderte den Gruß, indem er dem Druiden die Lanze entgegenstreckte. Dann brachte er das Pferd zum Stehen.
»Sei gegrüßt, Allan Sirio«, sagte der Magus und wischte sich den Schweiß von
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