THARKARÚN – Krieger der Nacht
Daher hatte man jetzt die zuverlässige Leibgarde zusammengerufen, um Thix Arnur Velinan zu suchen.
Bereits seit geraumer Zeit war die Elbenarmee diesem Verbrecher auf den Fersen, allerdings erfolglos. Er schien sie ständig an der Nase herumzuführen. Kaum hatten sie ihn aufgestöbert, war er auch schon wieder verschwunden, als hätte er sich in Luft aufgelöst. General Asduvarlun hatte sich persönlich auf die Suche nach ihm gemacht und war ihm so nahe gekommen, dass er ihn beinahe am Kragen seiner Jacke packen konnte. Doch dann war der Schurke wieder im Nichts verschwunden. Seit vielen Jahren terrorisierte Thix Arnur Velinan das Elbenreich. Er war sein größtes Problem, und auch wenn sich die Anzeichen für eine weit schlimmere Gefahr mehrten, machte es ihre Lage bestimmt nicht besser, wenn er jetzt nicht zu greifen war.
Denn sie brauchten ihn. Im ganzen Elbenreich gab es keinen schlimmeren Schurken als Thix Arnur Velinan. Die Liste seiner
Untaten war lang; nichts, was im Elbenreich unter Strafe stand, fehlte. Er war ein Dieb, ein Mörder, ein Betrüger und Erpresser. Trotzdem hatte er in seinem ganzen Leben keine einzige Stunde im Gefängnis verbracht, einfach deshalb, weil er immer wieder den Ordnungshütern entwischt war. Beim letzten Mal, als es dem General wieder einmal gelungen war, ihn in einer Höhle aufzuspüren, und es endlich so aussah, als könne er ihn in Ketten legen, hatte er zu seiner Bestürzung feststellen müssen, dass Thix auf einem Haufen Zwergensprengstoff saß, die Lunte in der einen, das Zündholz in der anderen Hand. Und was das Schlimmste war: Diesmal war er tatsächlich so verrückt gewesen und hatte alles in die Luft gesprengt, anstatt sich festnehmen zu lassen. Die Belagerer, die eigentlich nicht damit gerechnet hatten, dass er wirklich so etwas Verrücktes tun würde, waren sich längere Zeit ziemlich sicher, dass er die gewaltige Explosion nicht überlebt hatte. Doch einmal mehr hatte sie der Gauner überlistet: Thix musste durch ein unterirdisches Gangsystem aus der Höhle ins Freie geflüchtet sein, denn einige Monate später war er erneut gesichtet worden, als er eine Karawane auf ihrem Weg zur Südküste überfallen hatte. Dhannam erinnerte sich nicht daran, den General jemals so wütend gesehen zu haben wie bei dieser Nachricht.
Jetzt legte Dhannam das Buch mit Feengedichten beiseite, mit dem er sich abzulenken versuchte. Gerade rechtzeitig, um Oberst Lisannon Seridien mit raschen Schritten auf das Zelt zugehen zu sehen, in dem sein Vater sich ausruhte. Der stellvertretende General wirkte besorgt, sein Eintreffen verhieß nichts Gutes. Am Vorabend hatte die Leibgarde Thix Velinans neues Versteck entdeckt, eine Höhle unter einem kleinen Hügel, und auch die Meldung weitergegeben, dass sich der Gesuchte zweifellos dort befand. Oberst Seridien hatte befohlen, die Höhle unverzüglich zu umstellen und nach geheimen Ausgängen zu suchen, doch es wurden keine gefunden. Was Seridiens Sorge nur verstärkte.
Er war etwas jünger als Alfargus, ein intelligenter und ehrgeiziger Mann, nach Amorannon Asduvarlun der beste Stratege, den
es im Elbenreich gab. Aber selbstverständlich konnte er nicht wie der eiserne General auf reichhaltige Erfahrungen zurückgreifen, außerdem fehlte ihm dessen Kaltblütigkeit. Dhannam konnte sich gut vorstellen, was dem Oberst Sorgen machte. Wenn es Thix Velinan gelungen war, selbst einem Mann wie Asduvarlun zu entkommen, wie sollte er es dann schaffen, ihn gefangen zu nehmen? Ein Grünschnabel, nicht einmal halb so alt wie der General?
Dhannam mochte den jungen Elben mit den stets ungekämmten strohblonden Haaren, den violetten Augen und dem breiten Lächeln, der beim Sprechen ständig mit den Händen durch die Luft fuchtelte und es niemals schaffte, Ordnung in seine Karten und Unterlagen zu bringen. Jetzt konnte sich der Königssohn gut in Seridiens missliche Lage hineinversetzen.
»Der Oberst informiert unseren Vater«, sagte eine Stimme aus dem Hintergrund. Dhannam wandte sich um und bemerkte Alfargus hinter sich, der dort schon eine Weile gestanden haben musste. Er trug ein schlichtes braunes Gewand und einen weiten purpurfarbenen Umhang.
Dhannam nickte und schenkte ihm ein müdes Lächeln. »Es muss irgendetwas passiert sein.«
»Zweifellos.« Auf Alfargus’ Stirn erschien eine leichte Falte, die aber sofort wieder verschwand. »Lisannon ist ein zuverlässiger Mann und ein guter Soldat. Er würde unseren Vater niemals stören, wenn er nichts
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