THARKARÚN – Krieger der Nacht
aber gut, ihn zu kennen«, entgegnete Allan Sirio beharrlich. »Ihr ahnt ja gar nicht, wie nützlich das sein kann. Ihr scheint ein Mann der Tat zu sein, Euer Baum ist vielleicht die widerstandsfähige Ulme, die starke Eiche oder die Esche, das Symbol für Durchsetzungskraft und Tapferkeit. Da Ihr gerade auf
der Heiligen Erde weilt, könntet Ihr einen Druiden bitten, den Baum für Euch herauszufinden. Zum Beispiel mich.«
Morosilvo hatte den Schluss gar nicht mehr gehört, schon nach den ersten Worten des Druiden hatte er beschlossen, seinem Geschwätz ein Ende zu machen. Doch was dann folgte, verwirrte ihn zutiefst. Er wusste noch, dass er gerade beschlossen hatte, dem Ganzen ein Ende zu setzen, und seinen Dolch gezogen hatte. Vielleicht war er allerdings gar nicht dazu gekommen, denn sofort nachdem er an seinen Gürtel gefasst hatte, lag er plötzlich auf dem Boden. Der Dolch lag einige Meter entfernt und ein fürchterlicher Schmerz tobte in seinen Beinen. Der Hieb mit dem Druidenstab war nicht nur sehr heftig gewesen, er war auch blitzschnell gewesen. Morosilvo hatte ihn überhaupt nicht kommen sehen. Doch jetzt tat es höllisch weh.
»Das«, sagte Allan Sirio sanft, den Stab noch immer fest in der Hand, »meinte ich damit, als ich sagte, die Kraft der Birke liegt in ihrer Schnelligkeit und Anmut. Selbst ein starker Gegner, und das seid Ihr zweifellos, hat kaum eine Chance, einem Schlag auszuweichen, den er nicht erwartet und erst bemerkt, wenn er bereits getroffen ist.« Allan Sirio seufzte leicht und blickte Morosilvo dabei fest in die Augen. »Ich wundere mich sehr über Euch, Morosilvo Dan, hatte ich doch sehr auf einen Kampf unter ebenbürtigen Gegnern gehofft, nachdem Ihr darauf verzichtet hattet, mich von hinten anzugreifen. Ein heimtückischer Schlag ist nicht gerade fair, und Euch auf diese Weise ausschalten zu müssen, hat mir gar nicht gefallen.«
Das Erstaunen darüber, dass der Druide seinen Namen nannte, ließ ihn den Schmerz in seinen Beinen vergessen. »Ihr wisst, wer ich bin?«, stammelte Morosilvo.
»Selbstverständlich weiß ich das.« In Allan Sirios sanfter Stimme lag nicht der leiseste Hauch von Spott. »Wie sollte ich Euch auch nicht kennen? Es gibt nicht viele, auf die Eure Beschreibung passt, vor allem nicht hier auf der Heiligen Erde. Ich glaube wohl, Morosilvo, dass an Euren Händen Blut klebt. Wenn Ihr so weitermacht,
werdet Ihr nicht weit kommen. Der Auftrag, den Euch der Große Rat der acht Völker erteilen will, geht weit darüber hinaus, nur Eurem König einen Dienst zu erweisen. Wenn Ihr Euch verweigert, dann rennt Ihr geradewegs auf den Weltuntergang zu. Ich will Euch keineswegs ängstigen, aber was habt Ihr von der Welt, wenn sie nicht mehr existiert? Ich hoffe, ich habe Euch einen guten Grund zum Nachdenken geliefert. Wenn Ihr gestattet, werde ich Euch jetzt zurück zu den Häusern des Friedens begleiten.«
Morosilvo hätte dieses Angebot nur zu gerne abgelehnt, aber was blieb ihm anderes übrig? Außerdem gefiel ihm diese ganze Geschichte über das Ende der acht Reiche überhaupt nicht. Es war ja nicht das erste Mal, dass er davon hörte. Handelte es sich etwa doch nicht um eine völlig überzogene Drohung von Zarak Fudrigus? Er stützte sich auf die Ellenbogen und versuchte sich aufzurichten, doch ein neuerlicher Schmerz in den Knien ließ ihn wieder zu Boden sinken. Er fluchte. »Habt Ihr mir etwa die Knochen gebrochen?«
Auf Allan Sirios braunem Gesicht machte sich ein schuldbewusstes Lächeln breit. »Nun, beide Kniescheiben, denke ich.« Als er den gequälten Seufzer Morosilvos hörte, verzog er schuldbewusst sein Gesicht.
»Es tut mir leid, aber ich fürchte, dies ist die einzige Möglichkeit, Euch davon abzuhalten, jemandem Schaden zuzufügen, bis einige wichtige Punkte dieser Angelegenheit geklärt sind. Der Magus hatte mich gewarnt, dass ich gegebenenfalls zu so drastischen Maßnahmen greifen müsste. Aber keine Sorge, ich bin vor allem Heiler und füge niemandem Verletzungen zu, die ich nicht wieder in Ordnung bringen kann. Ich begleite Euch jetzt zu den Häusern des Friedens und mit ein bisschen Magie werdet Ihr bald wieder gesund. Zwar werdet Ihr starke Schmerzen haben, die ersten Tage nicht aufstehen können und einige bittere Zaubertränke schlucken müssen, aber am Tag Eures Aufbruchs wird alles wieder in Ordnung sein. Eure Knie werden funktionieren,
als sei nie etwas passiert. In der Zwischenzeit könnt Ihr lesen, und wenn Ihr es wünscht, kann auch ein
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