Tharsya. Die Rückkehr der roten Drachen
hatten die Schlangen die beiden fast erreicht.
„Tu endlich was, du verdammter Kristall!“ schrie Lumiggl und zerrte an der Kette. Wozu war das blöde Ding nütze? Damit nach einer Schlange zu werfen schien das einzig Wahre.
Da geschah es. Der Kristall, den er nun in beiden Händen hielt, schien zu pulsieren und dabei Wellen blauen Lichtes auszusenden, bis die ganze Welt in dieses Licht getaucht war, jedenfalls schien es Lumiggl so. Und mit dem Licht kam eine Melodie, einfache Harmonien, aber dafür um so eindringlicher. Die feindlichen Schlangen schienen darauf anzusprechen, während das Gefolge des Schlangenkönigs davon unberührt blieb und erstaunt beobachtete, wie ihre Gegner den Kampf aufgaben und sich statt dessen ekstatisch im Rhythmus der Musik wiegten. Auch Weg schien von dem Lied angetan, jedenfalls wippte sein Sand ein wenig im Takt auf und ab. Aber das konnte auch an den synchronen Bewegungen der Schlangen liegen, die mittlerweile verzückt in Zweierreihen davon schlängelten. Das Licht und die Musik gingen mit ihnen. Je weiter sie sich entfernten, desto mehr verebbte das Strahlen und die Musik wurde leiser. Schließlich herrschte wieder Stille.
Lumiggl und die zurückgebliebenen Nattern blickten den abziehenden Gegnern lange nach. Endlich räusperte sich Lumiggl und warf einen ratlosen Blick auf sein Amulett.
„Den Mechanismus begreife ich nicht“, murmelte er schließlich. „Der Kristall bevorzugt wohl rüde Behandlung.“
„Vielleicht wollte er nur sssicher sssein“, überlegte Keß. Er machte ein Bewegung, die bei Menschen wohl als Schulterzucken gelten konnte und wandte sich seinen Leuten zu, um sich zu überzeugen, dass niemand ernsthaften Schaden genommen hatte. Zum Glück zeigte sich, dass es allen gut ging. So kam der Natternkönig schon bald zu Lumiggl zurück.
„Wir ssstehen tief in deiner Sschuld“, verkündete er und neigte respektvoll den Kopf vor dem Wombling. „Sssei unssser Gassst, bevor wir dich zsum unsssichtbaren Berg geleiten. Wir Sschlangen sehen die Dinge andersss alsss ihr.“ Wie zur Demonstration schloss er kurz die dünnen Augenlider über den starren, dunklen Augen. „Und ssso isst unsss der Berg wohlbekannt. Für unsss sschimmert er durchsssichtig, aber wir können ihn sssehen. Es gibt nur eine Schtelle, an der man aufssteigen kann. Du müsssstest wahrsscheinlich lange sssuchen, es sssei denn, dein Freund“, Keß nickte in Richtung Weg, „kennt die Schtelle auch.“
Lumiggl kratzte sich am Ohr und schaute auf den Weg.
„Keine Ahnung“, gab er schließlich zu. „Wir kennen uns noch nicht so lange. Aber es ist gut möglich, dass er die Stelle zwar nicht kennt, aber weiß, dass Ihr sie kennt.“
„Dann issst er weissser, als bei Wegen üblich.“
„Nun ja, er macht auch sonst einiges anders, als bei anderen Wegen üblich.“
Schlangen ist die Fähigkeit zu lachen nicht gegeben. Sonst hätte Keß vielleicht gelacht. So aber neigte er nur noch einmal das Haupt und sagte nichts weiter dazu. Statt dessen wies er den Weg zum Lagerplatz der Schlangen. Er war tatsächlich mit Gefolge unterwegs. Auf dem Stein, erklärte er unterwegs, sei er nur allein gelegen, weil er in Ruhe hatte meditieren wollen. Das Wort sagte Lumiggl nichts, aber er wagte nicht zu fragen. Was hätte der Schlangenkönig sonst über seine Bildung gedacht! Er merkte sich lediglich, dass Meditieren etwas ist, was man am besten allein macht – so wie Träumen oder Nachdenken.
Kurze Zeit später hatten sie ein geschütztes Plätzchen erreicht und die Schlangen machten sich sofort eifrig daran, es ihrem Herrscher und seinem Gast gemütlich zu machen. Angerichtet auf grünen Blättern wurden allerlei Beeren und süß schmeckende Wurzeln vor ihnen ausgebreitet. Dazu gab es frisches Quellwasser. Lumiggl ließ sich nicht lange bitten und langte tüchtig zu. Das Mahl wurde begleitet von angenehmem Geplauder und Lumiggl fühlte sich rundum behaglich. Aber so nach und nach schlich sich ein unbehagliches Gefühl bei ihm ein. Er hatte schließlich eine Aufgabe zu erfüllen.
„Ich muss weiter“, entschuldigte er sich schließlich. „Eure Gastfreundschaft macht mir den Abschied schwer, aber bald ist Vollmond. Wenn ich bis dahin den Zauberer nicht finde, ist alles verloren.“
„Ja, du darfsst nicht verweilen“, stimmte Keß zu. „Verzzeih, ich vergassss esss. Wir werden sssofort aufbrechen.“
Keß persönlich, begleitet von vier perlmuttweißen Schlangen, wies Weg den Weg.
Am Rand einer
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