The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
ich sehe genauso gern hübsch aus wie jede andere Frau.« Sie zwinkerte Kevin zu. »Du solltest mich sehen, wenn ich mich zurechtgemacht habe. Aber unter dem ganzen Zeug, was ich jetzt getragen habe, hatte ich das Gefühl, ich würde ein Gefängnis mit mir rumschleppen!«
Während sie ihr Schwert umgurtete, hielt sie plötzlich inne und schaute erstaunt über den Weiher. »Na, wenn das kein erfreulicher Anblick ist!«
Naitachal hatte sich bis zur Hüfte ausgezogen, um sich die letzten Reste Puder abzuwaschen. Sein Körper war unmenschlich schlank und elegant, aber ebenso unbestreitbar männlich. Glatte Muskeln spielten unter der dunklen Haut, die bei jeder Bewegung glänzte. Als er bemerkte, daß die anderen ihm zuschauten, verschwand er hinter den Büschen und trat dann einen Augenblick später wieder in seinen schwarzen Mantel gehüllt hervor.
Jetzt war jeder Hauch von Frivolität verschwunden.
Fast so, als wäre er vorher betrunken gewesen und nun wieder nüchtern , dachte Kevin.
Vielleicht war das gar keine so abwegige Idee.
Schließlich mußte es für einen Dunklen Elf, einen Geisterbeschwörer, einen Schwarzen Magier, der eine finstere Welt von Zauberei und Tod beherrschte, eine berauschende Erfahrung gewesen sein, plötzlich mitten in ein so lebhaftes, geschäftiges Treiben geworfen zu sein! Als der Bardling seine Laute unter dem Kleiderhaufen herauszog, hörte er Naitachal murmeln:
»Bei allen Mächten, bin ich froh, daß es vorbei ist.«
»Ich dachte, Ihr hättet Spaß gehabt.« Eliathanis’
Stimme war kühl vor Mißbilligung.
Naitachal warf dem Weißen Elf einen scharfen Blick zu. »Bis zu einem gewissen Punkt, ja. Aber noch einen Moment mehr, und ich hätte erbrechen müssen.«
»Aus Angst?« fragte Kevin ungläubig.
»Wohl kaum!« Der Dunkle Elf lächelte scharf. »Eher aus Überdruß!«
15. KAPITEL
Als der Trupp die sanften Hügel der Flußebene hinauf ritt, in der Westerin lag, zügelte Kevin plötzlich sein Maultier. »Lydia, wenn wir den ganzen Weg zu Graf Volmars Burg zurückreiten müssen, verlieren wir zuviel Zeit!«
»Stimmt. Außerdem will ich nicht riskieren, noch mal durch diese Schlucht zu reiten. Ein Hinterhalt ist mehr als genug, vielen Dank.« Die Amazone zögerte und kaute nachdenklich an ihrer Unterlippe. »Ich kenne eine viel kürzere Strecke. Das Problem dabei ist nur … nun, ich will es so formulieren: Hat jemand etwas dagegen, über ein Schlachtfeld zu reiten?«
»Ein was ?«
»Ein uraltes Schlachtfeld. Ich weiß nicht einmal, worum es damals ging, so lange ist es schon her. Sollte nichts mehr übrig sein, was uns noch stören könnte.« Sie hielt inne und warf dem Dunklen Elf einen unbehaglichen Blick zu. »Es sei denn natürlich, jemand versucht, die Dinge zu stören.«
Naitachals Augen glitzerten kalt. »Ich habe nicht die Gewohnheit zu wecken, was nicht geweckt werden sollte. Reite du voran.«
Kevin kämpfte gegen den Drang, über seine Schulter zu schauen. Es war lächerlich! Ein entspannter Ritt, ein angenehmer, strahlend sonniger Tag, eine glatte, grasige Weide, die sich ohne jedes Hindernis vor ihm erstreckte, und ein großartiges Bergpanorama in der Ferne – es gab nicht den leisesten Grund zur Furcht.
Warum also bombardierte ihn sein Verstand ständig mit diesen Anfällen von Nervosität?
»Naitachal«, fragte der Bardling unbehaglich. »Ist das
… war das …«
»Das Schlachtfeld?« Die Stimme des Dunklen Elfs klang angespannt und abwesend. »Ja … Ihr spürt es auch, nicht wahr, Barde in spe? So viele verlorene Leben, Menschen und Andere … ich kann ihre Aura fühlen …
selbst jetzt noch … sie rufen mich …«
»Nun, dann antwortet ihnen nicht!« fuhr Lydia ihn an.
Naitachal zwinkerte, als hätte man ihn plötzlich aus einem Traum wachgerüttelt.
»Nein«, sagte er, dann, zuversichtlicher: »Nein!«
Doch während sie über die Weide ritten, sahen die anderen, wie seine zarte Gestalt wie von Krämpfen geschüttelt wurde. Der Dunkle Elf focht offenbar in einem schrecklichen inneren Kampf gegen all die langen, grausamen Jahre der Kindheit, die ihn geprägt hatten und ihn eindringlich mahnten: Du bist ein Geschöpf der Finsternis! Laß das Licht hinter dir!
Unerwarteterweise lenkte Eliathanis sein Maultier neben seins. »Nehmt meine Hand«, sagte er leise.
»Was …?«
»Nehmt sie. Und haltet sie fest. Ja, genau so. Denkt an das Sonnenlicht, Naitachal. Denkt an das Leben und die Freude. Das ist die einzig greifbare Wirklichkeit
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