The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
herrschen.«
»Laßt Frieden zwischen uns herrschen«, wiederholte Kevin und bemühte sich dann, nicht überrascht zurückzuzucken, als der Graf ihn auf beide Wangen küßte.
»Steht auf«, flüsterte der Graf. »Nehmt die Lanze.«
Kevin gehorchte, und alle brachen in Jubelrufe aus.
»Nun also!« rief Volmar aus. »Es ist vollbracht! Tut mir leid, daß ich Euch kein Land als Lehen geben kann, Junge, aber so stehen die Dinge unglücklicherweise nun mal. Doch von nun an dürft Ihr Euch Baronet nennen!«
»Ich … ehm … danke vielmals«, erwiderte Kevin hilflos. »Können wir jetzt …?«
»Jetzt, mein Junge«, fiel ihm der Graf ins Wort und schlug ihm dabei so herzlich auf die Schulter, daß der Bardling schwankte, »werden wir feiern!«
Und das taten sie, obwohl Kevin und seine Truppe keine genaue Vorstellung hatten, was sie eigentlich feierten. So schnell, daß es fast wie Zauberei wirkte, war der Große Saal voll mit Tischen, die mit feinem weißen Leinen gedeckt wurden und auf die man elegante goldene Wasserkrüge, Trinkbecher und Teller stellte.
Es gibt sogar Teller! Kevin war mehr die gewöhnlichen Holzbretter gewöhnt. Graf Volmar versuchte wahrhaftig, sie zu beeindrucken!
Sie waren Ehrengäste – wenn Kevin auch nicht wußte, aus welchem Grund – und saßen am Hohen Tisch bei Graf Volmar. Zu seiner Verlegenheit fand er sich neben Charina wieder. Und zwar so dicht, daß er den schwachen blumigen Duft ihres Parfüms riechen (offenbar ziemlich kostspieliges Zeug, bestimmt aus den Ländern des Fernen Ostens importiert) und ihre Wärme spüren konnte. Irgendwie gelang es ihr immer, daß ihre Hände sich berührten, wenn sie nach Speisen oder Getränken griffen. Und jeder Kontakt ging Kevin durch und durch, wie eine Flamme, eine angenehme Flamme, die eine sengende Hitze durch seinen ganzen Körper sandte. Er wußte, daß der Graf, der an Charinas anderer Seite saß, ihm Fragen stellte, und er merkte vage, daß er sie beantwortete. Doch Kevin war wie benommen von Charinas Gegenwart und merkte kaum, was er sagte, genausowenig wie er mitbekam, was von den unzähligen Gängen von Fisch, Fleisch und Geflügel er aß.
Die Luft in dem Großen Saal wurde schnell stickig von den verschiedenen Gerüchen nach Essen, Fackelrauch und den vielen Menschen, die sich auf einem Platz drängten. (Kevin konnte Eliathanis’ Mißbilligung beinahe spüren.) Trotz Charinas Reizen mußte der Bardling ein Gähnen unterdrücken.
Ah, endlich! Hier kamen die Finessen, die Süßspeisen –
bei diesem Festmahl war es eine Burg auf einem Marzipansaal und ein Schwan, der auf einem Marzipansee schwamm. Das hieß, in Kürze würde das Fest zu Ende sein. Bald, so dachte Kevin sehnsüchtig, würde er dem endlich entkommen und etwas Ruhe finden können.
Es sollte nicht sein. Dem Essen folgte eine scheinbar endlose Prozession von Jongleuren, Akrobaten, Tänzern und einem Illusionisten, der so zweitklassig war, daß Naitachal vor Verachtung schnaubte. Charina ohte und ahte bei jedem Künstler und applaudierte heftigst, womit sie Kevin jedesmal wachrüttelte, wenn der gerade im Begriff war, einzudösen. Mächte, wenn diese Feier nicht sehr bald endete, würde er mit dem Kopf in den Krümeln einschlafen.
Doch schließlich hatte die Qual ein Ende. Der letzte Künstler verabschiedete sich unter Verbeugungen aus dem Saal, und Graf Volmar erhob sich. Er wirkte so frisch wie zu Anfang.
»Die Zeit ist schon recht fortgeschritten. Also, meine Freunde, ich entbiete euch eine gute Nacht.« Mit strahlender Miene breitete er die Arme auseinander, als wolle er die Anwesenden segnen. »Hiermit eröffne ich eine Woche der Feierlichkeiten!«
Während die Höflinge jubelten, unterdrückte Kevin ein Stöhnen.
Ich weiß nicht, ob ich das eine Woche lang durchstehe!
Der Bardling bemühte sich, nicht zu schwanken, als er einem Schwarm unterwürfiger Diener zu den Gästequartieren folgte. Er zwinkerte nur müde, während sie sich über ihn hermachten und seinen geborgten Putz entfernten. Als sie ihn schließlich verließen, gähnte Kevin herzhaft. Er war überzeugt, daß er sofort einschlafen würde, wenn er ins Bett stieg.
Doch natürlich – kaum hatte er es sich in dem großen, gepolsterten Bett gemütlich gemacht, erwachten sein Verstand und sein Körper. Nachdem Kevin sich eine ganze Weile ruhelos herumgewälzt hatte, gab er den Versuch, einzuschlafen, vollständig auf. Er zog die Vorhänge des Baldachins zurück, so daß er etwas frische Luft
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