The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
bekam, und saß allein im Dunkeln, während er über die seltsamen Ereignisse des Abends nachdachte.
Charina frei? Er selbst ein Held?
Aber ich habe doch gar nichts gemacht!
Es ergab keinen Sinn. Sicher, sie hatten mit den Wegelagerern und dem Schwarzen Magier gekämpft. Aber alles andere an ihrer Suche war so … so leicht, so lächerlich und frustrierend einfach gewesen, daß …
Kevin erstarrte, als er das leise Knarren von Holz hörte. Das war die Tür! Irgend jemand schlich sich in sein Zimmer!
Der Bardling schoß vom Bett hoch und griff blindlings nach einer Waffe. Seine Hand schloß sich um einen schweren Kerzenleuchter, und er wog ihn in der Hand. Sein Herz schlug heftig, während er versuchte herauszufinden, wo genau der Eindringling sich befinden mochte …
»Junge? Hey, Kind?«
Lydia!
»Komm schon, Kevin«, fügte eine hohe, schrille Stimme hinzu. »Wir wissen, daß du hier drin bist!«
Flügel surrten in der Finsternis. Das mußte Tich’ki sein!
Kevin stellte den Kerzenleuchter zurück neben den Nachttisch, von wo er ihn weggenommen hatte, und fummelte eine Zeitlang mit Feuerstein und Stahl herum, bis er die dicke, teure Bienenwachskerze angezündet hatte. In ihrem flackernden Licht sah er Lydia grinsen und Tich’ki eine graziöse Landung auf dem Bett vollführen.
Zwei weitere Gestalten traten lautlos aus dem Dunkel vor: Eliathanis und Naitachal, der letztere war nahezu unsichtbar, denn er hatte sich wieder in seinen schwarzen Zaubermantel gehüllt.
»Wir müssen reden«, sagte der Dunkle Elf leise.
»Und ob wir das müssen!« stimmte Kevin zu. »Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich habe das Gefühl, daß mir diese ganze glitzernde Pracht um die Ohren fliegen wird.«
Eliathanis schnitt eine Grimasse. »Wahrhaftig. Die ganze Affäre stinkt wie alte Stiefel, um mit euch Menschen zu sprechen.«
Kevin nickte eifrig. »Das liegt daran, daß sie ihr Bestes tun, um uns zu verwirren.«
»Aber wer genau sind ›sie‹?« fragte der Weiße Elf.
»Und warum tun ›sie‹ das?«
»Ja, warum?« räsonierte Naitachal. »Ich frage mich …
Könnte jemand Graf Volmar getäuscht haben? Ihm vielleicht von Heldentaten berichtet haben, die wir gar nicht vollbracht haben?«
»Warum sollte sich jemand diese Mühe machen?« gab Lydia zu bedenken. »Das ergibt keinen Sinn.«
Tich’ki zuckte mit den Schultern. »Vielleicht handelte es sich um so einen eigenartigen menschlichen Scherz?«
Kevin schüttelte den Kopf. »Kaum, da Charina hier ist. Ihr Verschwinden war alles andere als ein Scherz!«
»Bleibt nur noch die Möglichkeit«, sagte Naitachal gedehnt, »daß der Graf selbst darin verwickelt ist.«
Lydia machte eine ungeduldige Handbewegung. »In was verwickelt? Wir wissen nur, daß er uns angestellt hat, seine Nichte zu suchen. Als wir zurückkehrten, war besagte Nichte bereits frei. Jeder glaubt, daß wir Helden sind. Sicher, es ist eine merkwürdige Situation, aber wo ist das Verbrechen dabei?«
»O Mächte …«
»Kevin? Was ist los?«
Er starrte sie der Reihe nach an. »Ich hatte gerade einen entsetzlichen Gedanken. Erinnert ihr euch daran, was die Arachnia in Westerin uns erzählt hat? Über Carlotta?
Nun, was, wenn … Wenn es gar nicht Charina ist? Ich weiß, daß sie keine Illusion ist, schließlich habe ich beim Dinner neben ihr gesessen und alles, aber …« Er schüttelte kläglich den Kopf.
»Du meinst«, murmelte der Dunkle Elf, »daß sie niemand anders als Carlotta in einer Verkleidung sein könnte?«
»Ich … ich mag das nicht glauben, aber wenn es nun die Wahrheit ist? Dann fängt diese ganze Sache, diese lächerlichen Feierlichkeiten, an, Sinn zu machen. Es könnte alles ein Teil ihres Plans sein.«
Naitachal fluchte leise. »Das könnte sein. Nein, es ist so! Ich dachte doch, ich würde eine seltsame Aura bei dem Mädchen wahrnehmen, einen Hauch von Zauberei, der sie umgibt. Ich sagte mir, nein, das kann nicht sein, ich muß mich irren. Ich habe mich genauso täuschen lassen wie ihr.«
Der Dunkle Elf straffte sich entschieden. »Was geschehen ist, ist geschehen. Wenn es wirklich Carlotta ist, steht der Graf sicher unter ihrem Einfluß.«
»Das bedeutet, sie wollen vermutlich beide, daß ich das Manuskript für sie wiederfinde«, fügte Kevin hinzu.
»Schließlich erwartet man ja immer noch von mir, es zu kopieren, damit ich Meister Aidan den Zauberspruch bringen kann.«
»Nun, das kannst du vergessen!« rief Lydia aus. »Das letzte, was wir wollen, ist, Carlotta
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