The Bards Tale 02 - Festung aus Feuer und Eis
Jedenfalls konnten sie die Umrisse nicht erkennen, so sehr sie sich auch bemühten. »In der Mitte ist ein Turm«, sagte Naitachal schließlich. »Jedenfalls glaube ich das. Und eine große Mauer vielleicht.«
»Äh, Sirs …«, unterbrach Ilya ihn nervös. Trotz der kühlen Luft und dem bewölkten Himmel war er naßgeschwitzt. Das Haar klebte ihm auf der Stirn. »Sirs, da Ihr von hier aus alles klar sehen könnt, habe ich getan, was ich versprochen habe. Ich wollte Euch in Sichtweite dieses verfluchten Platzes bringen, zum Ausgleich für Eure Gesellschaft auf unserer Reise.«
»Du hast dein Versprechen gehalten«, erklärte Raven ihm, aber er wandte den Blick nicht von dem weißen Fleck in der Ferne ab.
»Dann darf ich Euch jetzt verlassen?« wollte Ilya nervös wissen. »Meine Großmutter Katya kocht mir ihre beste Zwiebelsuppe als Willkommensgeschenk. Und ich würde wirklich gern nach Hause zu ihr.«
Mühsam richtete Naitachal sich auf, drehte sich um und schlug dem Jungen auf die Schulter. »Du hast getan, was du versprochen hast. Es steht dir frei, zu gehen – mit meinem Dank. Es kann gut sein, daß uns unser Rückweg nicht durch Euer Dorf führt, also ist dies hier vielleicht ein Lebewohl.«
Der Bauernjunge schaute ihn lange an, doch schließlich wandte er das Pferd und ritt davon.
»Abergläubische Bauern«, knurrte Arturis. »Ein wahrhaft gottgläubiger Mann würde niemals …«
»Ein wahrhaft vernünftiger Mann würde die Klappe halten«, sagte Tem-Telek leise, doch mit einem höchst unfreundlichen Blick. »Damit die anderen nachdenken und entscheiden können, wie man sich diesem Wunder am besten nähert.«
Arturis preßte beleidigt die Lippen fest aufeinander.
»Annähern … Tja, warum tun wir nicht genau das?«
schlug Naitachal vor.
Niemand antwortete, aber Raven trieb sein Pferd mit einem Schnalzen an. Es war weiter entfernt, als es aussah. Sowohl der Abstieg als auch der Weg zum Tal. Sie erreichten es erst am späten Nachmittag.
Ein letzter niedriger Kamm verbarg ihr Ziel, sie mußten absteigen und die Pferde über herabgefallene Felsbrocken und Geröll führen. Cedric war vorangegangen und blieb stehen, als er die Spitze erreicht hatte. Wulf gar und sein Herr folgten ihm, dann der Barde, schließlich Arturis und Cedric. Staunend verharrten die Gefährten.
Was kann denn das …? dachte Gawaine nervös. Als er die Spitze des Kammes erreichte, blieb er ebenfalls wie angewurzelt stehen und starrte nur. Der schmale Weg, dem sie gefolgt waren, führte einen sanften Hang hinab und verlief dann über ebene Erde. Er endete unmittelbar vor einer Wand – einer weißen Wand, die so hoch war wie drei Männer, die auf ihren Schultern standen. Und schon der Wind, der von Norden aus darüber hinwegblies, ließ ahnen, daß das, was hier und da in langen, gefährlichen Zapfen von der Mauer herabhing, tatsächlich Eis war.
Die Gefährten schauten sich das eine Zeitlang sprachlos an. Schließlich ging Naitachal an Cedric und Wulfgar vorbei und übernahm die Führung. Die anderen folgten ihm und verteilten sich, als sie den Fuß der Mauer erreichten. »Wie eigenartig«, murmelte der Barde. »Anscheinend gab es den Weg vor der Mauer. Es sieht ganz so aus, als würde sie ihn kreuzen.«
»Seht nur, wie alt diese Mauer erscheint«, sagte Raven leise.
»Und wie hoch«, fügte Cedric ruhig hinzu.
»Aber nirgendwo ist Schnee oder Eis zu sehen, außer auf dieser Mauer«, bemerkte Arturis. Doch selbst er flüsterte.
»Ausgesprochen merkwürdig«, erklärte Naitachal.
Gawaine schaute seinen Meister an. »Was für eine Mauer«, sagte er leise. »Ich frage mich, was sich wohl dahinter befindet.«
»Du sprichst mir aus der Seele, Bardling«, sagte Cedric sofort.
Ja! Was war denn nun auf der anderen Seite – Ein Turm? Ein Schatz? Aber welcher vernünftige Mann wollte schon ein solch schreckliches, tückisches Hindernis erklimmen? Du, antwortete sofort Gawaines innere Stimme. Aber das hier ist nicht richtig, nicht normal.
Warum solltest du so etwas Verrücktes machen und eine Mauer ersteigen, wo doch eigentlich gar keine Mauer da sein dürfte? »Weil sie da ist«, flüsterte er, und die Debatte in seinem Inneren verstummte. Er trat noch einen Schritt vor, dann noch einen und legte die Hand gegen die kalten, weißen Steine.
»Ich möchte mal wissen …« Der Barde rieb sich nachdenklich das Kinn. »Es muß doch einen Weg hinüber geben, meint Ihr nicht?«
»Wir sollten weiter suchen. Vielleicht ist sie ja an
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