The Best Year of my Life – Ein Jahr als Gastschüler (German Edition)
bei
ihren Versuchen, sich in Englisch auszudrücken! Heute habe ich auch die
schlechteste Note meines Lebens bekommen: die erste Matheklausur mit F – also ungenügend,
also eine Sechs! Ich war geschockt, jedoch kann ich dies auf meinen
„Jahresurlaub“ an der amerikanischen High School zurückführen. Diese Note
konnte ich aber mit meiner Zwei in Englisch locker ausgleichen, und ich hoffe,
dass es nur ein Ausrutscher war ...
Die große
Lucero-Bartel-Familie feierte den schönen Tag im Restaurant bei Steak und Wein.
Den für Amerikaner ungewöhnlich hohen Alkoholkonsum hat man ihnen nicht
angemerkt.
DIENSTAG ging es über die
Zitadelle Jülich, die Zuckerrübenfabrik, die DRK-Rettungswache und den
Hambacher Tagebau mit den riesigen Schaufelbaggern nach Cologne (Köln). Der
Kölner Dom und natürlich das „Kölsche Bier“ haben meinen Gasteltern die Sprache
verschlagen. Eine nette Führung in Englisch rundete das Finale ihrer christlichen
Pilgerfahrt ab. Letztes Abendmahl: Fondue.
MITTWOCH ging es wieder über
die Autobahn zum Flughafen Frankfurt. Auf dem Weg staunten sie unter anderem
über die schnelle ICE-Trasse und den Zuckerrübenanbau (in Amerika wird Zucker
überwiegend aus Zuckerrohr gewonnen), die Autobahn und die grüne Landschaft. Am
Flughafen spürten auch meine Gasteltern die Ausmaße der „US Homeland Security“:
zusätzliche Gepäckkontrolle, Gewichtslimit von
32 auf 23 Kilogramm reduziert. Nach dem Check-in beobachteten wir einen
Protestmarsch: „Wir haben keine Menschenrechte in Afghanistan.“ Das betrifft ja
die beiden US-Bürger ...
Nach einem Kaffee überließen
mir die beiden noch ihre restlichen, vom Wechselkurs her betrachtet teuren
Euros! Der Abschied war kurz und schmerzlos bei der hektischen
Sicherheitskontrolle. Auf Wiedersehen! Der Gesamteindruck meiner Gasteltern war
wohl sehr überwältigend. Und doch war es so, als ob es erst gestern gewesen
wäre, meine Abreise aus den USA.
Nun muss ich den versäumten
Unterrichtsstoff nachholen. Auf den Rückweg erinnere ich mich an die schönen
Tage – ob wir uns so schnell wiedersehen?
Weihnachten und Neujahr
Montag,
26. Dezember, 18:02 Uhr
Weihnachten war ein ganz
besonderes Fest. Erst jetzt habe ich die großen Unterschiede zwischen meiner
richtigen Familie und meinen Gasteltern erkannt. Bei uns feiert man viel
romantischer und ruhiger, im Kerzenschein mit leiser Weihnachtsmusik im
Hintergrund. Vor der Bescherung gab es traditionsgemäß Kartoffelsalat mit Würstchen.
Es ist doch viel ruhiger, nur mit Bruder und Eltern zu feiern statt mit der
Familie in Hundertschaften. Ich fühlte mich bestätigt, als ich nachts um 3:30
Uhr (also 19:30 Uhr in New Mexico) die Bescherung meiner Gastfamilie am Telefon
mitverfolgte. Sie waren gerade aus der Kirche heraus, die Gastbrüder suchten
verzweifelt einen Parkplatz vor dem Haus, der Plastik-Tannenbaum funkelt in
sechs Farben und mit drei Melodien, unter ihm Geschenke gestapelt für
35 Personen! So groß ist der Unterschied.
Gerade bin ich bei meiner Schwester
im schönen Österreich zu Besuch. Ich bin erkältet. Statt Süßigkeiten gibt es
hier richtige Medizin, bitter und ohne Zucker. Um mich tummeln sich drei Hunde
mit kompletter Narrenfreiheit – bei meinen Gasteltern müssten diese auch im
tiefsten Winter draußen in der Garage übernachten. Doch das Schneeschaufeln ist
gleich geblieben.
Jetzt mache ich mir Gedanken
um Silvester. Bei den Mormonen feiere ich leider nicht mehr, aber mit meinen
Freunden und richtigem Feuerwerk wird es sicher auch schön.
E-Mails aus aller Welt
wünschen mir ein „Happy New Year“. An der linken Hand trage ich eines dieser
Gummibänder aus den USA. Ach ja, meine Hose und mein T-Shirt sind auch noch aus
den Staaten. Das Hintergrundbild meines amerikanischen Laptops zeigt gerade die
große Limousine. Im Übrigen gab es Ärger mit der Agentur der Limousine, die ich
zur Prom gemietet hatte. Da haben die mir zum Jahresende die 350 Euro noch
einmal abgebucht. Das Kreditkarteninstitut hat aber alles anstandslos
zurückgezahlt und die Karte gesperrt.
Da ich meine Gasteltern auch
„online“ gebracht habe, sendete ich ihnen Satellitenbilder aus Deutschland und
Amerika. Meiner zweiten Schwester durfte ich gestern noch „ein gutes, gesundes
und erfolgreiches neues Jahr“ übersetzten. Man sieht also, welche Spuren ein
Austauschjahr hinterlassen hat. Ich bin gespannt, was die Zukunft bringt.
Gerne würde ich meine dritte
Heimat (die zweite ist
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