The Black Club, London - 3
in die Höhe – wie eine Trophäe. Der Vorgang des Öffnens dauerte jedoch noch einmal so lange. Sie konnte sich einfach nicht beruhigen. Ihr Körper wollte ihr nicht gehorchen.
Erleichterung machte sich in ihr breit, als das Schloss endlich ein Klicken verlauten ließ und die Tür aufschwang. Libba hüpfte in den Flur, so eilig hatte sie es. Nur eine Schrecksekunde verharrte sie, um festzustellen, ob ihr jemand gefolgt war. Dann verrammelte sie die Tür wieder. Sie ging so weit, einen Stuhl aus der Küche zu holen und diesen unter der Klinke zu verkeilen. Das würde einen Verbrecher zwar nicht ewig aufhalten, aber zumindest lange genug.
Libba legte den Kopf schief und betrachtete ihr Werk. Sie überlegte, ob es eine Möglichkeit gab, die Tür noch ein Stück besser abzusichern. Vielleicht sollte sie die Kommode aus dem Flur davorschieben? Im gleichen Augenblick musste sie fast hysterisch lachen. Wie kam sie auf diese abstrusen Ideen? Die Tür verbarrikadieren – als ob Damian Black wirklich hinter ihr her wäre.
Sie versuchte, das alles von sich abzuschütteln. Zunächst musste sie aus ihren Klamotten raus. Dieses verfluchte Gothic-Zeug sollte sie am besten gleich in die Mülltonne feuern. Sie schnappte sich einen großen Plastikbeutel, in den sie die Teile steckte, um ihn anschließend in die hinterste Ecke ihres Kleiderschrankes zu verbannen.
Dann ging sie ins Bad.
Nach einer heißen Dusche fühlte sich Libba wesentlich entspannter. Endlich kehrte die Ruhe in ihren Körper zurück. Etwas, das sie dringend benötigte, um die Erlebnisse in Damians Club zu verarbeiten. Was wohl geschehen wäre, wenn dieser Cedric sie nicht befreit hätte? Das wollte sie lieber nicht wissen.
Sie ging in die Küche, um Milch für eine heiße Schokolade aufzuwärmen. Das bewährte Hausmittel ihrer Mutter.
„Ach, Mama“, seufzte sie, „jetzt könnte ich dich wirklich brauchen.“
Zum ersten Mal, seit sie fortgegangen war, spürte sie so etwas wie Heimweh. Sie fragte sich, ob es besser wäre, das Handtuch zu werfen. Diesen Job aufzugeben. Ihre Eltern würden sie ganz sicher wieder in ihrem Heim aufnehmen. Allerdings würden sie ihr vermutlich auch jeden Tag vorhalten, dass sie in London gescheitert war.
Nein.
Libba seufzte. Sie musste sich bemühen, ihr Leben geregelt zu bekommen.
Eine Weile hielt sie den Becher heißer Schokolade mit beiden Händen umschlossen. Die Wärme und der süße Duft taten ihr gut.
Dann ging sie in ihr Wohnzimmer und kuschelte sich in den roten Ohrensessel, der so groß war, dass ihre Gestalt beinahe in ihm verschwand. Den Becher stellte sie achtlos auf dem Fußboden ab. Sie war eingeschlafen, ehe sie einen weiteren Gedanken an die vergangenen Stunden verschwenden konnte. Libba stand allein auf dem Bürgersteig einer langen, geraden Straße. Vor ihr ließ der Wind ein Stück zerknülltes Papier über den Asphalt tanzen. Das Weiß schimmerte im Mondlicht. Es war Nacht, und es war Vollmond.
Plötzlich raste ein Auto mit affenartiger Geschwindigkeit heran und riss das Stück Papier mit sich fort.
Libba stand an der Kante des Bürgersteiges und spürte den Sog, den das Auto hinter sich herzog. Es war jedoch kein Gefühl von Dauer. Als sie den Kopf hob und auf die gegenüberliegende Straßenseite schaute, entdeckte sie eine düstere Gestalt, der sie lieber nie mehr begegnet wäre. Vor allem nicht allein.
Damian Black stand dort mit glühenden Augen. Er stieß eigenartige Geräusche aus. Ein Grunzen und ein Grollen. Das Mondlicht schien er magisch anzuziehen, denn er stand wie in einem hellen Kegel in dunkler Nacht. Und auch sonst wirkte seine Erscheinung sehr beunruhigend.
Während er seinen finsteren Blick auf ihr ruhen ließ, verharrte Libba reglos. Ihr Verstand alarmierte sie, sofort davonzulaufen. Aber ihr Körper wollte sich nicht in Bewegung setzen. Aus irgendeinem Grund war sie gezwungen, stehen zu bleiben und Damian weiter anzustarren. Sie musste wissen, was als Nächstes geschah.
Damians Gestalt begann zu wachsen, in die Höhe und auch in die Breite. Sein ohnehin hässliches Gesicht verformte sich zu einer grauenhaften Fratze. Ihm wuchs eine Schnauze mit gefährlich aussehenden Hauern. Sein Grollen wurde lauter. Die verfilzten Haare pflanzten sich von seinem Kopf fort über den ganzen Körper hinab.
„Mein Gott“, wisperte Libba. Aus ihm wurde ein Tier.
Ein großes, mächtiges und abscheuliches Tier. Und es bewegte sich auf sie zu. Libba schrie auf. Endlich schaffte sie es, ihren
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