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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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beißende Hitze erfasste mein Ohr. Eine Klinge . Ich bekam die Pistole zu fassen, aber Jax’ nächster Hieb schlug sie mir aus der Hand. Die Klinge des Stocks glitt über meinen Arm, drang durch die Jacke und bohrte sich tief in mein Fleisch. Ein greller Schrei löste sich aus meiner Kehle und scheiterte an meinen versiegelten Lippen, während in meinem Arm Schmerz explodierte.
    »Komm schon, Wandler, setze deinen Geist ein!« Lachend richtete Jaxon die Klinge auf mich. »Nutze den Schmerz. Lass deine Wunden hinter dir.«
    Amelia schleuderte die nächsten Geister auf Jax. Ich hatte sie gerettet, nun rettete sie mich. Nick erwiderte das Feuer, sodass Amelia sich hinter einen der Löwen ducken musste. Zeke lag reglos auf dem Boden. Bitte sei nicht tot , dachte ich. Sie können dich doch nicht erwischt haben!
    Rote Haare blitzten auf. Antoinette war zurück. Ihren Hut hatte sie irgendwo verloren, was mich nicht weiter wunderte: Sie befand sich in einer Art Kampftrance – die Augen weit aufgerissen, die Nasenflügel gebläht. Ihr Bewusstsein stand praktisch in Flammen. Der reinste Hohn im Vergleich zur bläulichen Straßenbeleuchtung der Zitadelle, die eigentlich dazu gedacht war, erhitzte Gemüter zu besänftigen. Mit Händen, Füßen und Geistern schlug sie auf Situla ein, sodass diese kaum dazwischenkam. Situla schleuderte einen Geist auf sie. Antoinette brachte sich tänzelnd außer Reichweite.
    Und dann, ohne jede Vorwarnung, rannte sie los. Der Wächter entdeckte sie, als sie die schreiende Menge vor sich teilte.
    »Halt sie auf«, brüllte er.
    An mich gerichtet. Ich sprintete hinter Antoinette her. Das war meine Gelegenheit zur Flucht.
    Ein Wachmann erkannte meine Uniform und ließ mich durch, bevor er eine amaurotische Frau von den Füßen riss. Ein Mann – ein Flüsterer – packte meine Jacke, aber ich war zu schnell für ihn, er musste loslassen. Mein Bewusstsein bewegte sich mit Lichtgeschwindigkeit. Antoinette hielt direkt auf Westminster zu, das Archonitat. Sie musste völlig verrückt geworden sein, wenn sie in diese Richtung lief, aber ihre Gründe waren mir egal, denn sie verschaffte mir gerade eine einmalige Gelegenheit. Gegenüber des Archonitats befand sich eine U-B ahn-Station. Dort trieben sich immer jede Menge verdeckte Wachen herum, aber auch viele Pendler. Wenn ich Maske und Jacke ablegte, konnte ich mich an den Schranken vorbeimogeln und in der Menge untertauchen. Die Säulen draußen würden mich vor der NVD abschirmen, und ich musste nur eine Haltestelle in der Bahn überstehen, dann wäre ich in Green Park. Von dort aus schaffte ich es problemlos nach Seven Dials. Falls das nicht funktionierte, würde ich zur Themse laufen und schwimmen. Ich würde alles tun, um zu entkommen.
    Ich konnte es schaffen. Ich konnte es tatsächlich schaffen.
    Meine Beine trommelten auf das Pflaster. Der Schmerz in meinem Arm haute mich fast um, aber ich durfte nicht stehen bleiben. Antoinettes Trance schien ihr zusätzliches Tempo zu verleihen. Kein menschliches Wesen konnte so schnell laufen, es sei denn, er wurde von Geistern gelenkt. Ich versuchte, in Reichweite ihrer Auren zu bleiben, während ich mich zwischen Menschen und Autos hindurchschob.
    Mit quietschenden Reifen kam ein Taxi vor Antoinette zum Stehen. Sie rannte an einer Seite vorbei, Situla an der anderen, unmitelbar in eine Fußgängergruppe hinein. Ich nahm den direkten Weg, rannte auf das Auto zu, sprang auf das Dach und rutschte über die Heckklappe wieder runter. Antoinette hatte die Menschen in kürzester Zeit hinter sich gelassen, dicht hinter ihr pflügte sich Situla durch die Menge. Die Leute schrien. Einer starb. Ich durfte nicht stehen bleiben. Wenn ich nur einen Moment innehielt, waren Antoinette und Situla außer Reichweite. Endlich, als ich schon glaubte, meine Lunge würde gleich platzen, erreichten wir die Grenze von Whitehall.
    Laut Karte begann hier das Zentrum der Zitadelle: Parzelle I, Sektor 1. Seher mieden diese Gegend wie die Pest. Ich sah hoch zum Archonitat von Westminster. An meinen Fingern tropfte Blut hinab. Zeiger und Zahlen der großen Uhr hoben sich schwarz von dem rot leuchtenden Ziffernblatt ab. Hier tanzten Frank Weavers Marionetten. Wäre ich nicht in einer so lebensgefährlichen Lage gewesen, hätte ich zu gerne ein paar ausgewählte Graffiti an den Wänden hinterlassen.
    Ich rannte weiter Richtung Zentrum. Situla war direkt vor mir. Als sie die Brücke erreichte, drehte Antoinette sich um und stellte sich dem

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