The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
er mich an? Wieso hat er seiner Mutter am Abend von Lalis Party gesagt, er sei mit mir unterwegs, erzählt mir aber, er hätte für die Schule lernen müssen?
Und das mit den Extraschichten kommt mir irgendwie auch merkwürdig vor – ich war letzte Woche zweimal mit Missy und Dorrit im Hamburger Shack und er hat beide Male nicht gearbeitet.
Ich klopfe an die Tür des Lehrerzimmers und nehme mir fest vor, der Sache so bald wie möglich auf den Grund zu gehen. Als niemand auf mein Klopfen reagiert, trete ich einfach ein und sehe die Betreuerin der Schülerzeitung Ms Smidgens und die Hauswirtschafts- und Schreibmaschinenlehrerin Ms Pizchiek rauchend am Tisch sitzen. Die beiden unterhalten sich über die Farbberatung, die neuerdings bei G. Fox – einem großen Bekleidungshaus in Hartford – angeboten wird.
»Also Susie schwärmt in den höchsten Tönen davon. Sie sagt, diese Beratung hätte ihr Leben verändert«, erzählt Ms Pizchiek gerade und bläst eine Rauchwolke an die Zimmerdecke. »Bisher hat sie ja immer gedeckte Blautöne getragen, aber jetzt hat
sich herausgestellt, dass sie in Wirklichkeit eher der Herbsttyp ist und mehr Orange tragen sollte.«
»Orange ist eine Farbe, die ausschließlich Kürbissen steht«, meint Ms Smidgens, was sie mir sofort ein bisschen sympathischer macht. »Wenn du mich fragst, ist die Sache mit der Farbberatung kompletter Schwachsinn und nur dazu da, naiven Dummchen das Geld aus der Tasche zu ziehen.« Und absolut sinnlos, füge ich in Gedanken hinzu, wenn man wie Ms Pizchiek einen ungesunden fahlgrauen Raucherteint hat, weil man ungefähr drei Schachteln Zigaretten am Tag wegqualmt.
»Ach, jetzt sei doch keine solche Spielverderberin! Das macht sicher Spaß!«, entgegnet Ms Pizchiek mit ungebrochener Begeisterung. »Weißt du was? Wir trommeln die anderen Mädels zusammen und gehen Samstag erst gemeinsam zur Farbberatung und anschließend noch eine Kleinigkeit essen …« Sie schaut plötzlich auf und sieht mich in der Tür stehen. »Ja bitte? «, fragt sie ziemlich unfreundlich. Das Lehrerzimmer ist für Schüler eigentlich absolut tabu.
»Ich würde gern mit Ms Smidgens sprechen«, antworte ich, und an Ms Smidgens gewandt: »Hätten Sie vielleicht kurz Zeit für mich?«
Ms Smidgens muss von Ms Pizchiek ziemlich gelangweilt sein, denn statt mich abzuwimmeln, sagt sie: »Carrie Bradshaw, richtig? Kommen Sie ruhig rein. Aber machen Sie bitte die Tür hinter sich zu.«
Ich halte unwillkürlich die Luft an, als ich in den verrauchten Raum trete. Obwohl ich selbst ab und zu rauche, würde ich mir hier am liebsten mit der Hand vor dem Gesicht herumwedeln, aber weil das extrem unhöflich wäre, atme ich stattdessen unaufällig durch den Mund.
»Ich wollte Sie fragen, ob …«
»Ich kann mir schon denken, worum es geht«, unterbricht sie mich und drückt ihre Zigarette aus. »Es ist jedes Jahr dasselbe. Plötzlich kommen irgendwelche Schüler aus den Abschluss-klassen an und wollen unbedingt für den Nutmeg schreiben. Wahrscheinlich brauchen Sie noch etwas, um Ihren Lebenslauf für die Unibewerbung aufzupeppen, stimmt’s?«
»Nein, eigentlich nicht.« Der Nikotingestank beginnt, mir auf den Magen zu schlagen.
»Woher kommt Ihr plötzliches Interesse dann?«, fragt Ms Smidgens und zündet sich die nächste Zigarette an.
»Ich könnte mir vorstellen, dass ein bisschen frischer Wind der Schülerzeitung guttun würde.«
Mit dieser Antwort kann ich offensichtlich nicht bei ihr punkten, denn sie schnaubt nur abfällig: »Ach ja?«, als hätte sie diesen Satz schon tausendmal gehört.
»Außerdem glaube ich, dass ich ganz gut schreiben kann.« So schnell gebe ich nicht auf.
Ms Smidgens sieht allerdings nicht sonderlich beeindruckt aus. »Schreiben wollen sie alle. Aber wir brauchen dringend Leute fürs Layout.«
Ich spüre deutlich, dass sie mich loswerden will, bleibe aber trotzdem mit angehaltenem Atem und hervorquellenden Augäpfeln – so fühlt es sich zumindest an – vor ihr stehen. Mein Gesichtsausdruck scheint tatsächlich ziemlich besorgniserregend zu wirken, denn auf einmal lenkt sie ein. »Na schön, Carrie. Wenn Sie bereit sind, am Layout mitzuarbeiten, lässt sich vielleicht das eine oder andere Thema finden, über das Sie schreiben könnten. Die Redaktion trifft sich dreimal wöchentlich – montags, mittwochs und freitags jeweils um vier.
Und wer mehr als eine Sitzung pro Woche verpasst, der fliegt. Verstanden?«
»Verstanden.« Ich nicke
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