The Cocka Hola Company: Roman
doch angegeben bei dieser Adventsfeier?
– Na ja, angegeben …
– So, dann hör jetzt her. Ich will in eine Talkshow. Sonst nichts. Beschaff du mir eine Einladung in eine Show mit hoher Einschaltquote und mach den Säcken, die da verantwortlich sind, klar, dass sie mich frei reden lassen sollen. Du hast doch kapiert, worum es mir geht bei meinem Projekt, oder? Du musst die Talkshowleute davon überzeugen, dass sie dieses eine Mal alles vergessen sollen, Rücksicht aufs Publikum und all den Scheiß. Es wird sich für sie lohnen, das verspreche ich. Und, machst du’s …?
– Mmjjaa ..
– Machst du’s, hab ich gefragt?
– Ja, ja, ich mach’s, ich mach’s, Simpel, das Problem ist nur, ich kann dir nicht hier und jetzt versprechen, dass du morgen in einer Talkshow auftrittst, das kann ich einfach nicht, aber ich will tun, was ich kann, das verprech ich dir, ich verstehe gut, worum es dir geht, wirklich, verdammt gut, ich habe sogar ein persönliches Interesse daran, dass dein Projekt Öffentlichkeit bekommt, ich finde das echt verdammt wichtig. Ich hab gute Verbindungen, das kannst du mir glauben. Ich kann was bewirken. Und ich bin dir das schuldig. Aber, Simpel, wie gesagt, versprechen, dass du gleich morgen auf Sendung gehst, kann ich dir nicht …
– Ich bin ja auch nicht bescheuert … aber du musst mir dein Ehrenwort geben, dass du alles tust, was du kannst. Das ist verflucht das Mindeste, was ich verlangen kann.
– Ganz deiner Meinung, Simpel, ganz deiner Meinung … Ich meine, wenn man das, was du gemacht hast, zusammenfasst, dann ist das doch ein Superstoff. Dein Lebenslauf ist was für die Prime time, echt, Simpel. Aber in meiner Branche muss man immer scheißvorsichtig sein, man darf sich nicht zu früh freuen. Also lass die Korken erst knallen, wenn die Einladung wirklich kommt, einverstanden?
– Einverstanden oder nicht, egal, was soll ich hier in Alcatraz schon groß tun.
– Ha ha ha, der war gut, Simpel … Du, ich meld mich … Wo sitzt du überhaupt?
– Im Kreisgefängnis.
Simpel wird wieder in die Zelle gebracht. Unterwegs fragt er den Wärter – klarer Fall von Alkoholiker, »Wer dir das nicht am Gesicht ansieht, der hat Tomaten auf den Augen«, denkt Simpel –, ob es irgendwo PC und Drucker gibt, mit denen er arbeiten könnte. Ja, gibt es, sagt der Wärter, aber der Arbeitsraum ist nur tagsüber geöffnet. Simpel versucht kurz zu streiten, von wegen wen es interessiert, wann er arbeitet und wann nicht, er braucht ja nicht mal morgens aufzustehen, aber selbst dazu fehlt ihm die Energie. Er will Robert beim Wort nehmen und einen Lebenslauf schreiben, was er in seinen vierzig Lebensjahren noch nicht getan hat. Und dazu braucht er einen PC, denkt er, damit das einigermaßen seriös aussieht. Gut, wartet er bis morgen und nutzt den Abend, um sich noch ein paar brillante Titel auszudenken.
Aber so brillant läuft es dann nicht am Schreibtisch in der Zelle. Die Gedanken fliegen ihm nicht zu. Er denkt an Ritmeester und wie es ihm wohl ergehen wird. Wenn PapaHans ein bisschen Grips im Kopf hat, schickt er sofort Eisenmann hin, statt einen bescheuerten Brief zu schreiben oder so. Ritmeesters Video- und Zeitschriftensammlung ist sicher nicht so ganz legal. Das ist eins, aber wer weiß, wie Ritmeester nach der langen Zeit die Konfrontation mit Leuten, nein, mit ihren Fressen überstehen wird? Weiß der Henker. Das kann nicht gut gehen. Simpel schreibt SHINING/SCARFACE auf ein Blatt Papier und legt es auf den Stapel mit den beschriebenen Blättern. So langsam regt ihn die gelbe Farbe an den Wänden auf. Sonst pflegt Simpel auf solche Details eher zu scheißen, aber diese Farbe hier ist unerträglich. Quietschgelb. Er begreift gar nicht, dass ihm das was ausmacht. Die ganzen Theorien über die Wirkung von Farben sind doch alle Scheiße. Trotzdem, die Farbe quält Simpel. Und es quält ihn, dass er sich von einer Farbe quälen lässt, so was Bescheuertes! Wer erklärt, dass er sensibel für Farben und so ist, der ist ein verlogener Scheißspinner, lautet eine von Simpels Kerntheorien. Deswegen macht ihn das so nervös. »Ich kann hier nicht bleiben, wenn ich hier verblöde«, denkt er und schreibt auf ein frisches Blatt Papier: I HATE THE FACT THAT EVERYTHING, EVERY FUCKING THING, EVERY ACTION AND EVERY FUCKING ATTITUDE, EVERY REBELLION AND EVERY INDECENCY – everything – TURNS INTO DESIGN, SOONER OR LATER.
SONNTAG, 20. DEZEMBER, 07.00 H
(Aus Eisenmanns Perspektive)
Ich sitze am
Weitere Kostenlose Bücher