The Cocka Hola Company: Roman
zu Fasci NATION. Simpel nickt seriös und formuliert bedachtsam. Krauss schnaubt, Simpel sei ein unglaublicher Warmduscher, und einen Anwalt zu bezahlen, nur damit der daneben sitzt, während Simpel fertig gemacht wird, das heiße doch Geld zum Klo runterspülen. Simpel besteht darauf. Kraus wiederholt das Argument mit der Spülung. Simpel sagt, so kommen sie nicht weiter. Krauss antwortet, ja, genau, jetzt, wo Krauss seine »dreckige Vergangenheit« aufgerollt hat, kommt Simpel überhaupt nicht mehr weiter, absolut nicht, »what so ever! «
Simpel ist anpassungsfähig. Auf seine Weise. Das muss man ihm lassen. Der Fick-Fakt hat seine Wirkung gehabt, okay, Simpel ist vor Schreck und Überraschung erstarrt und alles, Bilder von DESIREVOLUTION in Trümmern stehen vor seinem inneren Auge, und er reagiert reflexhaft, indem er panikartig überlegt, welche Folgen das hier für ihn und seine Familie und seine Umgebung haben wird. Aber das war eben; jetzt hat er schon wieder einen gewissen Überblick über die Situation. Er findet seit jeher, dass keine Situation so schwierig sein kann, dass sie sich nicht zum Vorteil wenden lässt. Und jetzt ist Robert Jegleim der rettende Ausweg.
Inspektor Krauss vergeudet noch ein bisschen Zeit, indem er Simpel anherrscht und beschimpft – zornig stellt er fest, dass der Häftling die Situation durchaus meistert (der Fetisch-Rausch ebbt ab) –, dann ruft er zwei Beamte herein. Sie bringen Simpel wieder in das Besucherzimmer. Von dort führen ihn dieselben zwei Gefängniswärter, die ihn vorhin abgeholt hatten, wieder in die U-Haft. Unterwegs sagt er, er müsse mal telefonieren. Einer der Wärter verspricht, ihn für den Abend dafür anzumelden, macht ihn aber darauf aufmerksam, dass er nicht mehr als zweimal zwanzig Minuten pro Woche telefonieren darf.
Um 15.30 Uhr wird ihm ein nicht sonderlich schmackhaftes Abendessen gebracht. Die Kartoffeln schafft er, aber der Sauerkohl bleibt liegen. Preiselbeeren sind auch nicht gerade Simpels Lieblingsspeise. Er denkt so angestrengt nach, dass er langsam isst. Zweierlei steht auf seiner Liste: 1) Das verdammte Scheißarschloch, das sie verpfiffen hat; 2) unbedingt den MedienRobert ins Boot kriegen. Simpels Freude darüber, verhaftet zu sein, hat dafür gesorgt, dass er seit gestern nicht mehr als vier-, fünfmal an Xanax gedacht hat; jetzt, nachdem er weiß, wie bedroht er und die Seinen sind, würde er ein Milligrämmchen oder zwei nicht ausschlagen. Er drückt den Knopf der Gegensprechanlage zum Wärterzimmer. Auf seine Bitte um ein Beruhigungsmittel kriegt er zu hören, da müssten sie erst mal seine Akte ansehen. Gut, dadrin steht das eine oder andere; aber Xanax wird er allenfalls via Eisenmann von PillenPasztor kriegen. Eine grässliche Vorstellung, auf irgendeine wirkungslose skandinavische Scheißdroge angewiesen zu sein.
Erst um 20.00 Uhr kann Simpel telefonieren. Er wird in den Telefonraum gebracht und ruft PapaHans an. Ganz unglaublich, wie viele schwachsinnige Zeichnungen die Gefängnisinsassen auf dem Quadratmeter Wand neben dem Telefon untergebracht haben. Es klingelt eineinhalb Mal, dann nimmt PapaHans ab, brennend interessiert, wie die Dinge stehen. Simpel berichtet behutsam, wie schlecht sie stehen, während PapaHans am anderen Ende fortwährend flucht. Dann fragt Simpel PapaHans, was er meint, ob das Telefon wohl abgehört wird.
– Was weiß ich, Scheiße. Aber du rufst mich ja wohl nicht an, um mich so blödsinniges Zeug zu fragen?
– Ich glaub nicht, dass es abgehört wird, nein. Glaub ich nicht, Scheiße nochmal. Das dürfen die nicht so einfach. Dann müssen sie einen informieren. Mir hat jedenfalls keiner gesagt, dass das ganze Gefängnis zuhört. Nein … nein … das kann nicht sein, das glaub ich nicht … egal … Unter uns ist ein Verräter, Hans, und ihr müsst verdammt nochmal sofort rausfinden, wer das ist. Ich kann mich nicht darum kümmern. Es ist einer von uns, ganz klar, sonst hätten die hier nicht diese Infos. Einer von uns, verdammte Scheiße! Ich hab keine Ahnung, wer das sein könnte, so viel ich auch nachdenke. Und mach dich darauf gefasst, dass du demnächst Besuch von der Trachtengruppe kriegst. Und mach einen Rundruf, damit alle anderen auch aufwachen. Du musst das tun, ich darf hier nicht so viel telefonieren, deswegen muss ich jetzt auch auflegen. Tschüß … tschüß …
– Tschüß … (klick)
Hoppla, das war sicher das unerfreulichste Gespräch, das Simpel jemals mit PapaHans hatte.
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