The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
riss mich aus meinen Träumen. Er hielt mir seine ineinander verschränkten Hände hin, damit ich den Fuß hineinstellte, um aufsteigen zu können. Ich schüttelte den Kopf, um dieses Gefühl der Verwirrung abzuschütteln. Ich wollte wieder Herr über meine widersprüchlichen Empfindungen werden.
Paytons Geduld war am Ende, und mit einem Fluch, den ich nicht verstand, fasste er mich um die Taille und hob mich mit einer einzigen kraftvollen Bewegung in den Sattel. Meine Haut kribbelte unter dem groben Hauskleid, als hätten sich seine Hände durch den Stoff hindurch gebrannt, und meinen Lippen entfuhr ein erstickter Seufzer.
Sein abweisender Blick ruhte auf mir und schien mich warnen zu wollen, ihm ja keinen Ärger zu machen. Dann kam Ross zurück. Ehe ich auch nur einen klaren Gedanken hatte fassen können, saß der rothaarige Schotte hinter mir und trieb sein Pferd fort von dem Mann, der mein Herz in seinen Händen hielt.
Der mein Herz hielt, ohne mich auch nur zu kennen. Der irgendwann, in weiter Zukunft, bereit war, sein Leben für mich zu geben, sich aber jetzt noch nicht einmal nach mir umdrehte.
Ich sah ihm nach, wie er zu einem stattlicheren Pferd eilte, elegant aufsaß und zügig an uns vorbeizog. Es tat so weh, dass er mich nicht sah. Nicht irgendwo tief in seinem Innersten erkannte, wer ich war, sich nicht augenblicklich wieder in mich verliebte.
Andererseits fragte ich mich, ob meine Gefühle für ihn richtig waren. Hinterging ich den Payton, der 2010 auf mich wartete, indem ich mich zu seinem früheren Ich hingezogen fühlte? Konnte der moderne Payton, den ich so sehr liebte, schon heute in dem rauen Schotten stecken?
Eines war jedenfalls klar. Seine Nähe verwirrte mich. Die Ähnlichkeit mit meinem Payton war so stark, dass sie anscheinend meine Sinne täuschte, denn noch jetzt, wo er ein ganzes Stück vor uns ritt, meinte ich, seinen warmen, vertrauten Duft in der Nase zu haben. Es kam mir vor, als lägen seine Hände noch immer um meine Taille.
Die Zeit verging, und ich tat nichts anderes, als den starken Rücken vor mir zu betrachten. Mehrfach versuchte ich, Payton allein durch die Kraft meiner Gedanken dazu zu bringen, sich zu mir umzudrehen, aber sein Blick blieb stur nach vorne gerichtet.
Jede Bewegung seiner Muskeln unter seinem Hemd war mir inzwischen vertraut, und ich wünschte, Ross würde näher heranreiten, damit ich die Schweißperlen in Paytons Nacken sehen könnte. Mir vorstellen könnte, wie es wäre, mit den Händen durch seinen verschwitzten Haaransatz zu gleiten und ihn zu einem Kuss an mich heranzuziehen.
Mir entfuhr ein Seufzen, und Ross rutschte ungemütlich hinter mir im Sattel herum.
„Kannst du noch sitzen?“, fragte er.
„Hm? Sitzen? Nein, … ich meine, ja, ich werde es schon schaffen, aber warum fallen wir immer weiter zurück?“
Ross schnalzte mit der Zunge. Er beugte sich etwas zur Seite und sah sich den hinteren Huf des Pferdes an.
„Siehst du den Unterschied zwischen meinem Pferd und deren Pferde?“ Er deutete mit der Hand, die die Zügel hielt, nach vorne.
Ich nickte. Selbst ich konnte erkennen, dass unseres älter und in weniger guter Verfassung war als Paytons oder Seans Pferd.
„Und was bedeutet das?“
„Die doppelte Last wird ihm zu viel. Es hatte kaum eine Pause, denn ich war die ganze Nacht mit ihm unterwegs, um das Gelände rund um unser Lager zu sichern. Dougal wusste, dass dieser hier schon mit meinem Gewicht zu kämpfen hatte, darum nahm er dich gestern auf sein Pferd. Aber es ist nicht mehr weit. Wir haben nur noch wenige Meilen vor uns. Wir befinden uns schon jetzt auf den Schafweiden, die McRae hütet. Darum ist es nicht so schlimm, wenn wir das Pferd nun schonen.“
Tatsächlich waren die anderen inzwischen aus unserer Sichtweite verschwunden, und Ross ließ das Pferd noch langsamer gehen.
In die Ruhe hinein wurde mir ein dringendes Bedürfnis bewusst, und ich trommelte nervös mit den Fingern auf meinem Oberschenkel. Wenige Meilen hatte er gesagt. Wie lange würden wir für wenige Meilen noch brauchen? Und gäbe es dort überhaupt eine Toilette? Oder nur eine Handvoll Schotten mehr, die mir dabei zusehen würden, wie ich hinter dem nächstbesten Busch verschwand?
Ich schluckte meinen Stolz hinunter und presste mein Anliegen heraus:
„Ross, … es tut mir leid, ich weiß, wir haben keine Zeit, aber ich muss wirklich mal …“
„Du musst was?“, fragte er und schien noch immer in die Betrachtung des Hinterlaufes seines
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