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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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fest umklammert, die Knie in die Falten der Decke gehängt. Sie konnte den kalten, groben Stein der Mauer vor ihrem Gesicht riechen, und einmal, als sie ihren Schwerpunkt veränderte, konnte sie spüren, wie die ganze Konstruktion wegzukippen drohte.
    »Festhalten!«, rief sie erschrocken. »Drückt sie gegen die Wand!«
    Die anderen Frauen fassten zu, und gemeinsam brachten sie die Konstruktion ins Gleichgewicht. Gaia hielt den Atem an und drehte sich um, den Rücken zur Wand. Schweiß brach ihr auf Gesicht und Nacken aus, als sie sich langsam aufrichtete und auf ihren Fersen auf der obersten Kante der zusammengebundenen Bänke zum Stehen kann. Ihre Augen waren noch immer gut zehn Zentimeter unterhalb des Fensterrands. Wenn sie aber ihren Arm mit dem kleinen Spiegel ausstreckte, konnte sie den violetten Himmel und die Dächer der in Dämmerlicht liegenden Stadt in dem kleinen Stückchen Glas erkennen.
    Berauscht von dem Anblick sog Gaia die Luft ein und vergaß einen Moment lang sogar ihren unsicheren Stand.
    »Kannst du etwas erkennen?«, fragte Sephie von unten.
    »Ja. Die Stadt«, sagte Gaia. »Und den Himmel.«
    Die Frauen unter ihr murmelten begeistert.
    »Kannst du das Fenster erreichen?«, fragte Cotty.
    Gaia nickte. »Wenn ich mich umdrehen könnte, käme ich sicher hin, aber ich kann nicht.«
    »Gibt es irgendwas, woran man ein Seil festbinden könnte?«, fragte Cotty.
    Gaia spähte in den Spiegel und untersuchte den Fensterrand. »Ich weiß nicht.«
    »Komm runter. Schnell«, sagte Myrna. »Die Wache.«
    Panisch kletterte Gaia herab.
    »Rasch!«, sagte Sephie, und alle acht Frauen rissen an den Decken und wickelten sie auseinander. Atemlos trugen sie die Bänke an ihre ursprünglichen Plätze zurück. »Ihr da, schnell«, Sephie zeigte mit dem Finger, »in eure Betten!«
    Die Hälfte der Frauen ergriff die Flucht, sodass nur ein paar von ihnen noch in dem dunklen Gemeinschaftsraum saßen, als die Wache um die Ecke bog.
    Gaias Herz raste. Sie hielt die Arme vor der Brust verschränkt, den Blick gesenkt, und sah im Halblicht einen dunklen Fleck auf ihrem Handgelenk. Es war eine feine Blutspur. Schnell verbarg sie ihre verletzte Hand unter dem Ärmel und drückte fest zu.
    »Persephone Frank?«, rief die Wache.
    Gaia fühlte, wie Sephie neben ihr auf der Bank sich versteifte. Ihr rundes Gesicht hatte noch nie so sehr wie der Mond ausgesehen, so ernst und fern.
    »Ja?«, fragte Sephie.
    »Du sollst mitkommen«, sagte der Soldat.
    Gaia sah furchtsam auf und fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Myrna erhob sich.
    »Wohin bringt ihr sie?«, fragte Myrna mit ihrer trockenen, harten Stimme.
    Der Soldat antwortete nicht.
    »Es ist schon spät«, fragte Myrna weiter, »wird sie heute Nacht zurück sein?«
    Sephie ging zu Gaia und umarmte sie kurz. »Sei vorsichtig«, flüsterte sie. »Bleib standhaft.«
    Sephie schloss auch Myrna in die Arme, und ihre bleichen Finger packten den Stoff an Myrnas Schultern so heftig, dass es ein schabendes Geräusch gab. Dann nahm die Wache sie beim Arm.
    »Lass mich los«, sagte Sephie und kämpfte sich frei. »Ich komme ja schon.«
    Cotty begann zu schluchzen, und die anderen Frauen kamen, aufgeschreckt von dem Tumult, aus den Schlafräumen. Sephie aber schritt vor der Wache her aus der Tür, das Kinn hoch erhoben, bereit, zu ertragen, was immer auch kommen mochte. Die schwere Tür schloss sich mit einem lauten, dumpfen Knall.
    »Was werden sie mit ihr machen?«, fragte Gaia Myrna mit erstickter Stimme.
    Myrna zuckte die Achseln, drehte sich weg und strich mit einer Hand langsam die Wand entlang.
    »Myrna!«, rief Gaia. »Was werden sie mit ihr machen?«
    Myrna warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Warum fragst du mich das, du Idiotin? Ich weiß nichts.«
    »Aber ist es dir denn egal?«, fragte Gaia.
    Myrna wandte sich ab, ohne eine Antwort zu geben, schloss die Augen und lehnte ihre Stirn gegen die Wand. Sie hob eine schwere Faust und legte sie neben ihr Gesicht, als ob sie eins werden wolle mit dem Stein.
    »Oh nein«, flüsterte Gaia und sank auf der Bank zusammen. Langsam gingen die anderen Frauen zu Bett, doch Gaia sah weiter zu dem dritten Fenster und dem dunkler werdenden Ausschnitt purpurnen Himmels hoch. Sie wusste nicht, worauf sie lauschte, aber sie lauschte noch bis spät in die Nacht. Sie wagte nicht, an ihre Mutter zu denken, und hoffte nur, dass die Wachen Sephie zurückbringen würden.

13
    Gezeichnet
    In der nächsten Nacht versuchte Gaia, die anderen zu

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