The Green Mile
Coffey. Er wischte sich seine Tränen mit dem Handballen fort. Seine Augen waren rot und wirkten wie entzündet, und er sah aus, als wäre er ebenfalls erschöpft. Ich weiß nicht, warum er das hätte sein sollen, ein Mann, der vielleicht zwei Stunden über den Hof schlurfte und den Rest der Zeit in seiner Zelle saß oder lag, aber ich zweifelte nicht an dem, was ich sah. Es war zu offensichtlich.
»Armer Del«, sagte er mit leiser, heiserer Stimme. »Armer alter Del.«
»Ja«, sagte ich. »Armer alter Del. John, bist du okay?«
»Er hat es hinter sich«, sagte Coffey. »Del hat es hinter sich, nicht wahr, Boss?«
»Ja. Beantworte meine Frage, John. Bist du okay?«
»Del hat es hinter sich, er ist der Glückliche. Ganz egal, wie es passiert ist, er ist der Glückliche.«
Ich dachte, Delacroix hätte ihm da widersprochen, aber das sagte ich nicht. Stattdessen spähte ich in Coffeys Zelle. »Wo ist Mr. Jingles?«
»Ist dort runter gerannt«. Coffey wies durch die Gitterstäbe den Gang hinunter zur Tür der Gummizelle.
Ich nickte. »Nun, er wird schon wiederkommen.«
Aber das war nicht der Fall; Mr. Jingles’ Tage auf der Green Mile waren vorüber. Die einzige Spur von ihm, auf die wir jemals stießen, war das, was Brutal in diesem Winter fand: ein paar bunte Holzsplitter und der Geruch von Pfefferminzbonbons, der aus einem Loch in einem Balken drang.
Ich wollte wieder gehen, aber ich tat es nicht. Ich schaute John Coffey an, und er sah mich an, als wüsste er alles, was ich dachte. Eine innere Stimme forderte mich auf wegzugehen, zum Wachpult zurückzukehren und meinen Bericht zu schreiben. Stattdessen sagte ich seinen Namen: »John Coffey.«
»Ja, Boss?«, erwiderte er sofort.
Manchmal ist man dazu verdammt, etwas unbedingt wissen zu wollen, und so ging es mir in diesem Augenblick. Ich ließ mich auf ein Knie sinken und zog einen meiner Schuhe aus.
7
Der Regen hatte aufgehört, als ich nach Hause kam, und ein verspäteter, grinsender Mond tauchte über den Hügeln im Norden auf. Meine Schläfrigkeit war anscheinend mit den Wolken verschwunden. Ich war hellwach, und ich konnte Delacroix an mir riechen. Ich dachte, dass ich ihn auf meiner Haut – Barbecue, ich und du, stinke stinke, puh-puh-puh – noch lange riechen würde.
Janice erwartete mich wie immer in Hinrichtungsnächten. Ich wollte ihr die Geschichte nicht erzählen, sah keinen Sinn darin, sie damit zu quälen, doch sie sah mein Gesicht, als ich durch die Küchentür kam, und wollte alles wissen. So setzte ich mich hin, nahm ihre warmen Hände in meine kalten (die Heizung in meinem alten Ford funktionierte kaum, und seit dem Gewitter hatten sich die Temperaturen gedreht) und erzählte ihr alles, was sie glaubte hören zu wollen. Ungefähr in der Mitte der Geschichte brach ich heulend zusammen, was ich nicht erwartet hatte. Ich schämte mich ein bisschen, aber nur ein bisschen; es war Janice, verstehen Sie, und sie maß mich nie an den Zeiten, an denen ich von dem Weg abwich, den ein Mann einhalten sollte … den Weg, den ich jedenfalls einhalten wollte. Ein Mann mit einer guten Frau ist das glücklichste von Gottes Geschöpfen, und einer ohne muss zu den unglücklichsten zählen, denke ich; das einzige Glück ihres Lebens ist, dass sie nicht wissen, wie arm sie dran sind. Ich heulte, und Janice hielt meinen Kopf gegen ihre Brust, und als mein eigenes Gewitter vorüber war, fühlte ich mich besser … jedenfalls ein bisschen. Und ich glaube, da sah ich zum ersten Mal bewusst meine Idee vor mir. Nicht den Schuh; das meine ich nicht. Der Schuh war damit verknüpft, aber anders. Meine wirkliche Idee war in diesem Augenblick jedoch eine sonderbare Erkenntnis: dass John Coffey und Melinda Moores, so unterschiedlich sie auch in Größe und Geschlecht und Hautfarbe waren, genau die gleichen Augen hatten: kummervoll, traurig, den Blick wie in die Ferne gerichtet. Sterbende Augen.
»Komm ins Bett«, sagte meine Frau schließlich. »Komm mit mir ins Bett, Paul.«
Das tat ich dann, und wir liebten uns, und als es vorüber war, schlief sie ein. Als ich dort lag und das Grinsen des Mondes beobachtete, dachte ich an John Coffeys Worte, dass er dabei geholfen hatte. Ich habe Dels Maus dabei geholfen. Ich habe Mr. Jingles dabei geholfen. Er ist eine Zirkusmaus. Klar. Und vielleicht, sagte ich mir, sind wir alle Zirkusmäuse, die herumlaufen und nicht ahnen, dass Gott und all seine himmlischen Heerscharen uns durch unsere Hausenblasenfenster in unseren
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