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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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befand. Diesmal war ich es, der eingriff; als ein wenig später ein drittes Mal eine Katastrophe drohte, sollte Harry handeln. Wir alle bekamen in dieser Nacht unsere Chance, glauben Sie mir.
    Ich schob mich zwischen John und seinen Blick auf den elektrischen Stuhl, stellte mich auf die Zehenspitzen, um sicherzustellen, dass ich ihm die Sicht auf Old Sparky nahm. Ich schnippte zwei Mal direkt vor seinem Gesicht mit den Fingern.
    »Komm schon!«, sagte ich. »Geh! Du hast gesagt, dass du keine Ketten brauchst. Nun beweise es! Geh, großer Junge! Geh, John Coffey! Dort hinüber! Durch diese Tür!«
    Sein Blick wurde klar. »Ja, Boss.« Und Gott sei Dank setzte er sich in Bewegung.
    »Schau auf die Tür, John Coffey, nur auf die Tür und auf nichts sonst.«
    »Ja, Boss.« John heftete den Blick gehorsam auf die Tür.
    »Brutal«, sagte ich und zeigte auf sie.
    Er eilte voraus, schüttelte seinen Schlüsselbund aus und fand den richtigen Schlüssel. John starrte weiterhin auf die Tür zum Tunnel. Ich starrte auf John, aber aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass Harry nervöse Blicke zum Stuhl warf, als hätte er ihn nie zuvor gesehen.
    Etwas von ihnen ist noch dort drin … Ich höre sie schreien.
    Wenn das stimmte, dann musste Eduard Delacroix am längsten und lautesten von allen schreien, und ich war froh, dass ich nicht hören konnte, was John Coffey hörte.
    Brutal öffnete die Tür. Wir stiegen die Treppe hinab, Coffey an der Spitze. Am Fuß der Treppe schaute er bedrückt durch den Tunnel mit seiner niedrigen Backsteindecke. Er würde am Ende des Tunnels vom gebückten Gehen einen krummen Rücken haben, es sei denn …
    Ich zog den Leichenkarren heran. Das Laken, mit dem wir Dels Leiche verhüllt hatten, war entfernt (und vermutlich verbrannt) worden, und so war das schwarze Leder der Bahre zu sehen. »Leg dich da rauf«, forderte ich John auf. Er schaute mich zweifelnd an, und ich nickte aufmunternd. »Es wird leichter für dich und nicht schwerer für uns.«
    »Okay, Boss Edgecombe.« Er setzte sich auf die Bahre, legte sich dann hin und schaute besorgt mit seinen braunen Augen zu uns auf. Seine Füße mit den billigen Gefängnispantoffeln baumelten fast bis zum Boden. Brutal drängte sich dazwischen und schob John Coffey durch den feuchten Tunnel, wie er so viele andere geschoben hatte. Der einzige Unterschied bestand darin, dass der derzeitige Passagier noch atmete. Auf halbem Weg durch den Tunnel – unter dem Highway, wir hätten die gedämpften Geräusche von Wagenmotoren gehört, wenn es zu dieser Stunde Verkehr gegeben hätte – begann John zu lächeln.
    »Das ist lustig«, sagte er. Mir kam in den Sinn, dass er die nächste Fahrt mit dem Karren nicht lustig finden würde. Wenn er das nächste Mal mit dem Karren fuhr, würde er überhaupt nichts empfinden. Oder doch? Etwas von ihnen ist immer noch dort, hatte er gesagt; er konnte sie schreien hören.
    Ich erschauerte, aber weil ich hinter den anderen ging, sahen sie es nicht.
    »Ich hoffe, du hast an Aladin gedacht, Boss«, sagte Brutal, als wir ans andere Ende des Tunnels kamen.
    »Keine Sorge«, erwiderte ich. Aladin unterschied sich nicht von den anderen Schlüsseln, die ich damals bei mir hatte – und ich hatte ein Bund, das bestimmt vier Pfund wog -, aber es war der Hauptschlüssel aller Hauptschlüssel, der alles öffnete. Es gab in jenen Tagen einen Aladin für jeden der fünf Zellenblocks, und jeder war in der Obhut der Chefwärter. Andere Wärter konnten den Schlüssel ausleihen, aber nur der Obermotz brauchte nicht dafür zu unterschreiben.
    Am Ende des Tunnels befand sich ein stahlbeschlagenes Tor. Es erinnerte mich immer an Bilder von alten Burgen, die ich gesehen hatte; an die sagenhaften Tage, in denen Ritter kühn waren und das Rittertum blühte. Aber Cold Mountain war weit weg von Camelot. Hinter diesem Tor führte eine Treppe hinauf zu einer unauffälligen, schottartigen Tür mit Schildern wie BETRETEN VERBOTEN, STAATSBESITZ und HOCHSPANNUNG auf der Außenseite.
    Ich schloss das Tor auf, und Harry öffnete es weit. Wir stiegen hinauf, John Coffey wieder an der Spitze und mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf. Oben zwängte sich Harry an ihm vorbei (nicht ohne Schwierigkeiten, obwohl er der Schlankste von uns war) und schloss das Schott auf. Es war schwer. Er konnte es bewegen, aber nicht ganz aufschieben.
    »Hier, Boss«, sagte John. Er drängte sich wieder nach vorn – presste dabei Harry mit der Hüfte gegen die Wand –

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