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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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und zog das Schott mit einer Hand auf. Man hätte denken können, es wäre Karton statt Stahl.
    Der scharfe Wind von den Bergen, den wir jetzt die meiste Zeit bis März oder April haben würden, blies uns kalte Nachtluft ins Gesicht. Laub wirbelte durch die Luft, und John Coffey fing ein Blatt mit seiner freien Hand. Ich werde nie vergessen, wie er das Blatt anschaute oder wie er es unter seiner breiten, stattlichen Nase zerdrückte, um den Duft zu riechen. »Komm«, sagte Brutal. »Gehen wir, vorwärts marsch!«
    Wir stiegen hinaus. John zog das Schott zu, und Brutal schloss es ab – für diese Tür war der Aladinschlüssel nicht nötig, er wurde nur zum Öffnen des Tors und des Schaltkastens daneben gebraucht.
    »Hände an die Seiten, während du durchgehst, Großer«, murmelte Harry. »Berühr nicht den Draht. Er steht unter Strom, und du willst doch nicht verbrennen, oder?«
    Dann waren wir im Freien, standen in einer kleinen Gruppe neben der Straße (ich kann mir vorstellen, dass wir wie drei Hügel um einen Berg wirkten) und schauten hinüber zu den Mauern und Lichtern und Wachtürmen der Strafvollzugsanstalt Cold Mountain. Ich konnte tatsächlich den verschwommenen Umriss eines Wärters, der in die Fäuste blies, in einem der Türme sehen, aber nur einen Moment lang; die Fenster in den Türmen zur Straße hin waren klein und unscheinbar. Dennoch mussten wir sehr, sehr leise sein. Und wenn jetzt ein Wagen über die Straße kam, konnten wir große Probleme bekommen.
    »Los jetzt«, flüsterte ich. »Geh vor, Harry.«
    Wir stahlen uns nordwärts in einer Schlangenlinie am Highway entlang, Harry als Erster, dann John Coffey, Brutal und ich. Wir überquerten die erste Anhöhe und gingen auf der anderen Seite hinunter. Jetzt sahen wir vom Gefängnis nur noch den hellen Schein der Lichter in den Wipfeln der Bäume. Und immer noch führte Harry uns weiter.
    »Wo hast du denn geparkt?«, flüsterte Brutal und stieß Dampf in einem weißen Wölkchen aus. »In Baltimore?«
    »Gleich da vorn«, erwiderte Harry, und er klang nervös und gereizt. »Mach dir nicht gleich in die Hose, Brutus.«
    Aber Coffey wäre glücklich gewesen, bis zum Sonnenaufgang weiterzuwandern, vielleicht sogar bis zum nächsten Sonnenuntergang. Er schaute in alle Richtungen, wenn eine Eule schrie – nicht ängstlich, sondern erfreut, da bin ich mir ziemlich sicher. Mir kam in den Sinn, dass er sich zwar im Dunkel der Zelle fürchtete, aber hier draußen überhaupt keine Angst vor der Dunkelheit hatte. Er liebkoste die Nacht, rieb seine Sinne an ihr, wie ein Mann sein Gesicht an den Höhen und Tälern einer Frauenbrust reiben mag.
    »Wir biegen hier ab«, murmelte Harry.
    Ein schmaler Abzweig der Straße, unbefestigt, von Unkraut überwuchert, bog nach rechts ab. Wir folgten ihm und wanderten eine weitere Viertelmeile. Brutal fing wieder zu maulen an, als Harry stehen blieb, zur linken Seite des Pfads ging und die abgebrochenen Kiefernzweige zu entfernen begann, mit denen er den Wagen getarnt hatte. John und Brutal halfen ihm, und bevor ich mich an der Arbeit beteiligen konnte, hatten sie die verbeulte Schnauze eines alten Farmall-Trucks freigelegt, und die Scheinwerfer starrten uns wie Insektenaugen an.
    »Ich wollte so vorsichtig wie möglich sein, weißt du«, sagte Harry mit dünner, scheltender Stimme. »Das mag für dich ein großer Spaß sein, Brutus Howell, aber ich komme aus einer sehr religiösen Familie, habe Cousins, die so verdammt fromm sind, dass andere Christen dagegen wie Löwen aussehen, und wenn ich bei so etwas erwischt werde …«
    »Schon okay«, brummte Brutal. »Ich bin einfach nervös, das ist alles.«
    »Ich auch«, sagte Harry steif. »Wenn jetzt die verdammte alte Kiste nur startet …«
    Er ging um die Motorhaube des Trucks herum und murmelte immer noch vor sich hin, und Brutal zwinkerte mir zu. Für Coffey existierten wir nicht mehr. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und sog den Anblick der Sterne auf, die am Himmel funkelten.
    »Ich setze mich hinten zu ihm, wenn du willst«, bot Brutal an. Hinter uns winselte kurz der Anlasser des Farmalls, und es klang, als versuchte ein alter Hund sich an einem kalten Wintermorgen auf die Beine zu quälen; dann erwachte der Motor zum Leben. Harry gab einmal Gas und ließ ihn dann gemächlich tuckern. »Nicht nötig, dass wir ihn beide bewachen«, fügte Brutal hinzu.
    »Steig vorn ein«, sagte ich. »Du kannst auf der Rückfahrt mit ihm fahren. Wenn wir nicht in unserem

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