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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sah kein bisschen beschützt aus. Er sah aus, als hätte er Melindas Stelle in diesem Grab eingenommen, von dem Harry gesprochen hatte.
    Aber ich konnte in diesem Augenblick nicht über John Coffey nachdenken.
    Ich wandte mich an die anderen. »Dean, hol Percys Waffe und den Hickory-Stock.«
    »Okay.« Dean ging zum Wachpult, schloss die Schublade auf, nahm den Revolver und den Schlagstock heraus und kehrte damit zurück.
    »Bereit?«, fragte ich. Meine Männer – gute Männer, und ich war nie stolzer auf sie als in dieser Nacht – nickten. Harry und Dean wirkten nervös; Brutal war so unerschütterlich wie immer. »Okay. Ich rede. Je weniger ihr sagt, desto besser wird es vermutlich sein, und um so schneller haben wir alles hinter uns … zum Besseren oder Schlechteren. Okay?«
    Sie nickten abermals. Ich atmete tief durch und ging über die Green Mile zur Gummizelle.
    Percy blickte blinzelnd auf, als das Licht auf ihn fiel. Er hockte am Boden und leckte an dem Isolierband, das ich ihm über den Mund geklebt hatte. Der Teil, den ich um seinen Nacken gewunden hatte, hatte sich gelöst (vermutlich durch den Schweiß und die Pomade in seinem Haar), und er hatte es fast geschafft, auch den Rest teilweise zu lösen. Noch eine Stunde, und er hätte aus Leibeskräften um Hilfe gebrüllt.
    Er schob sich mit den Füßen auf dem Boden weiter zurück, als wir eintraten. Dann verharrte er, weil ihm wohl klar geworden war, dass er nur in die Südostecke der Zelle krabbeln konnte.
    Ich nahm seine Waffe und den Schlagstock von Dean entgegen und hielt sie Percy hin. »Willst du die zurückhaben?«, fragte ich.
    Er schaute mich misstrauisch an und nickte dann. »Brutal, Harry«, sagte ich. »Stellt ihn auf die Füße.«
    Sie bückten sich, packten ihn unter den Segeltucharmen der Zwangsjacke und zogen ihn hoch. Ich ging auf ihn zu, bis wir fast Nase an Nase standen. Ich roch seinen sauren Schweiß, mit dem er übergossen zu sein schien. Einiger davon war ihm vermutlich bei seinen Anstrengungen ausgebrochen, sich von dem Isolierband zu befreien oder gelegentlich gegen die Tür zu treten, aber ich glaube, der meiste Schweiß war auf gute alte Angst zurückzuführen: die Furcht vor dem, was wir ihm vielleicht antaten, wenn wir zurückkehrten.
    Sie werden mir nichts tun, sie sind keine Mörder, hatte sich Percy wohl gesagt … und dann hatte er vielleicht an Old Sparky gedacht, und es war ihm in den Sinn gekommen, dass wir in gewisser Weise eben doch Mörder waren. Ich selbst hatte siebenundsiebzig Menschen getötet, mehr als jeder der Männer, die ich je auf den heißen Stuhl geschnallt hatte, mehr als Sergeant York sich im Ersten Weltkrieg als Verdienst anrechnen konnte. Percy zu ermorden würde nicht logisch sein, aber wir hatten uns bereits unlogisch verhalten. Das hatte er sich vermutlich gesagt, als er dort mit den Armen hinter dem Rücken gehockt und versucht hatte, mit der Zunge das Isolierband vom Mund zu lösen. Und außerdem hatte Logik höchstwahrscheinlich wenig Macht über die Gedanken einer Person, die in einer Gummizelle auf dem Boden hockt, so fest eingeschnürt, wie es die Spinne mit der Fliege in ihrem Netz tut. Wenn ich ihn jetzt nicht dort hatte, wo ich ihn haben wollte, würde ich ihn nie dorthin bekommen.
    »Ich nehme das Isolierband von deinem Mund, wenn du versprichst, dass du nicht rumbrüllst«, sagte ich. »Ich will mit dir reden, nicht brüllen. Also, was ist? Wirst du ruhig sein?«
    Ich sah Erleichterung in seinen Augen, als ihm klar wurde, dass er wirklich eine gute Chance hatte, mit heiler Haut davonzukommen, wenn ich mit ihm reden wollte. Er nickte.
    »Wenn du Krach machst, klebe ich dir das Isolierband wieder auf den Mund«, sagte ich. »Hast du das verstanden?« Wieder ein Nicken, diesmal ziemlich ungeduldig.
    Ich nahm das Ende des Isolierbandes, das er schon etwas gelöst hatte, und riss hart daran. Es gab ein lautes Ratschen. Brutal zuckte zusammen. Percy jaulte vor Schmerzen.
    »Lass mich aus dieser Irrenjacke raus, du Lutscherich«, zischte er.
    »Gleich«, erwiderte ich.
    »Auf der Stelle! Sofo…«
    Ich schlug ihm ins Gesicht. Es war geschehen, bevor ich überhaupt wusste, dass ich es tun würde … aber ich hatte natürlich gewusst, dass es vielleicht dazu kommen könnte. Sogar während des ersten Gesprächs über Percy, das ich mit Direktor Hal Moores gehabt und bei dem Hal mir geraten hatte, Percy die Leitung bei der Hinrichtung von Delacroix zu überlassen, hatte ich gewusst, dass es

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