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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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geschlagen hätte, wenn er damit anfing. »Deine Zaubermaus ist immerhin entkommen.«
    »Ja, aber wir werden sie nicht wiedersehen«, sagte Dean. »Ich kann mir vorstellen, dass der verdammte Percy Wetmore sie diesmal für immer verjagt hat.«

3
    Das war logisch, aber falsch. Schon am nächsten Abend kehrte die Maus zurück, genau am ersten der beiden freien Abende, die Percy zustanden, bevor er in die Nachtschicht wechselte.
    Steamboat Willy tauchte gegen sieben Uhr auf. Ich war dort und sah seine Rückkehr, und Dean war ebenfalls dabei. Auch Harry Terwilliger. Harry saß am Wachpult. Ich hatte eigentlich Tagschicht, war aber länger geblieben, um eine zusätzliche Stunde mit Chief Bitterbuck zu verbringen, dessen Zeit fast gekommen war. Bitterbuck war äußerlich stoisch, wie es der Tradition seines Stammes entsprach, aber ich sah die Furcht vor dem Ende wie eine giftige Blume in ihm wachsen. Also sprachen wir miteinander. Man konnte mit ihnen tagsüber reden, aber das war nicht so gut, weil die Schreie und Gespräche (ganz zu schweigen vom Lärm gelegentlicher Schlägereien) vom Hof herüberdrangen, das Stampfen der Maschinen in der Schlosserei und hin und wieder die Schreie eines Wärters zu hören waren – nimm diese Hacke, oder leg jene Harke weg, oder beweg deinen faulen Arsch, Harvey. Nach vier Uhr wurde es ein wenig besser und nach sechs Uhr noch besser. Die Zeit von sechs bis acht Uhr war optimal. Danach spürte man, dass sich die düsteren Gedanken wieder in ihre Gehirne stahlen – man sah es in ihren Augen, so deutlich wie Schatten am Nachmittag -, und dann hörte man besser auf. Sie hörten noch, was man sagte, aber es ergab keinen Sinn mehr für sie. Nach acht Uhr dachten sie an die schlaflose Nacht und ihre Schrecken, sie stellten sich vor, wie sich die Kappe anfühlen würde, wenn sie auf ihrem Kopf befestigt wurde, und wie die Luft in dem schwarzen Beutel riechen würde, der über ihr schweißnasses Gesicht gestreift wurde.
    Aber ich erwischte den Chief zu einer guten Zeit. Er erzählte mir von seiner ersten Squaw und wie sie zusammen eine Hütte oben in Montana gebaut hatten. Das waren die glücklichsten Tage seines Lebens gewesen, sagte er. Das Wasser war so rein und so kalt, dass man jedes Mal, wenn man davon trank, das Gefühl hatte, sich in den Mund zu schneiden.
    »He, Mr. Edgecombe«, sagte er. »Meinen Sie, wenn ein Mann ehrlich bereut, was er falsch gemacht hat, dass er vielleicht in die Zeit zurückkehren darf, die seine glücklichste war, um dort für immer zu leben? Könnte so der Himmel sein?«
    »Genau das glaube ich«, antwortete ich, was eine Lüge war, die ich nicht im Geringsten bereute. Ich hatte auf dem hübschen Knie meiner Mutter viele Dinge über die Ewigkeit gelernt, und ich glaube, was die Heilige Schrift über Mörder sagt: dass es kein ewiges Leben für sie gibt. Ich denke, sie gehen schnurstracks zur Hölle, wo sie qualvoll verbrennen, bis Gott schließlich Gabriel mit einem Nicken auffordert, die Posaune des Jüngsten Gerichts zu blasen. Wenn er das tut, schließen sie die Augen … und sind vermutlich froh, dass sie es hinter sich haben. Aber gegenüber Bitterbuck oder einem der anderen gab ich nie auch nur eine Spur dieser Überzeugung zu erkennen. Ich nehme an, dass sie es tief in ihrem Herzen wussten. Wo ist dein Bruder? Sein Blut wird über dich kommen, sagte Gott zu Kain, und ich bezweife, dass die Worte für dieses besondere Problemkind sehr überraschend waren. Ich wette, er hörte Abels Blut bei jedem seiner Schritte aus der Erde zu ihm wimmern.
    Der Chief lächelte, als ich ihn verließ. Vielleicht dachte er an seine Hütte in Montana und an seine Squaw, die mit nackten Brüsten im Schein des Feuers lag. Er würde bald in ein wärmeres Feuer wandern, da gab es für mich keinen Zweifel.
    Ich ging über den Gang zurück, und Dean erzählte mir von seiner Meinungsverschiedenheit mit Percy in der vergangenen Nacht. Ich glaube, er hatte extra auf mich gewartet, damit er mir davon berichten konnte, und ich hörte aufmerksam zu. Beim Thema Percy hörte ich immer aufmerksam zu, denn ich stimmte mit Dean hundertprozentig überein – ich fand, dass Percy der Typ war, der eine Menge Ärger machen konnte, sowohl uns allen als auch sich selbst.
    Als Dean zu Ende erzählt hatte, kam Toot-Toot mit seinem roten Imbisswagen vorbei, den er mit handgeschriebenen Bibelzitaten beklebt hatte (»VERGELTET ihr also Jehova, du törichtes und unweises Volk?«, Fünftes Buch Mose, 32,

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