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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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standen Wärter, aber Anderson hatte recht – Wild Billy war einfach alles egal. Er streifte die Kette über Deans Kopf und begann ihn damit zu würgen.«
    Elaine erschauerte.
    »Jedenfalls musste ich an all das denken und konnte nicht schlafen, also ging ich hier runter. Ich schaltete AMC ein und dachte, vielleicht kommst du runter, dann hätten wir ein kleines Rendezvous …«
    Sie lachte und küsste meine Stirn, gerade oberhalb der Augenbraue. Ich hatte stets ein herrliches Kribbeln überall empfunden, wenn Janice das getan hatte, und als Elaine mich jetzt an diesem frühen Morgen küsste, kribbelte es immer noch überall. Manche Dinge ändern sich wohl nie.
    »… und da lief dieser alte Schwarz-Weiß-Gangsterfilm aus den Vierzigern. Der Todeskuss heißt er.«
    Ich spürte, dass ich wieder zittern wollte, und kämpfte dagegen an.
    »Richard Widmark spielt dort mit«, sagte ich. »Ich glaube, es war seine erste große Rolle. Ich hab den Film nie mit Jan angesehen – wir machten uns eigentlich nichts aus Gangsterfilmen -, aber ich habe irgendwo gelesen, dass Widmark den Bösewicht höllisch gut spielt. Und das stimmt. Er ist bleich … scheint nicht zu gehen, sondern zu gleiten … nennt die Leute immer ›Scheißer‹ … redet über Verräter … wie sehr er Verräter hasst …«
    Ich begann wieder zu zittern, sosehr ich mich auch bemühte, es zu unterdrücken. Ich konnte einfach nichts dafür.
    »Blondes Haar«, flüsterte ich. »Strähniges blondes Haar. Ich habe bis zu der Szene, in der er diese alte Frau in einem Rollstuhl die Treppe hinunterstößt, zugeschaut und dann abgeschaltet.«
    »Er hat dich an Wharton erinnert?«
    »Er war Wharton«, sagte ich. »Naturgetreu.«
    »Paul …«, begann Elaine und verstummte. Sie schaute auf den leeren Bildschirm (die rote Anzeige des Kabel-Receivers war noch an und zeigte die 10, den AMC-Kanal), und dann sah sie wieder mich an.
    »Was?« , fragte ich. »Was, Elaine?« Und ich dachte: Sie wird mir sagen, dass ich nicht mehr darüber schreiben soll. Dass ich die Seiten, die ich bis jetzt geschrieben habe, zerreißen und einfach aufhören soll.
    Aber sie sagte: »Lass dich davon nicht aufhalten.«
    Ich starrte sie mit offenem Mund an.
    »Mach den Mund zu, Paul – es könnte eine Fliege hineinfliegen.«
    »Verzeihung. Es ist nur …«
    »Du hast gedacht, ich würde dir genau das Gegenteil sagen, nicht wahr?«
    »Ja.«
    Sie ergriff meine Hände (sanft, so sanft waren ihre langen und schönen Finger, ihre knorrigen und hässlichen Knöchel), neigte sich vor und schaute mir in die blauen Augen. Ihre Augen waren haselnussbraun, und das linke war leicht getrübt vom Nebel des grauen Stars. »Ich mag zu alt und gebrechlich zum Leben sein«, begann sie, »aber ich bin nicht zu alt zum Denken. Was sind ein paar schlaflose Nächte in unserem Alter? Was bedeutet es schon, einen Geist auf dem Bildschirm zu sehen? Willst du mir weismachen, es sei der einzige Geist, den du jemals gesehen hast?«
    Ich dachte an Direktor Moores, an Harry Terwilliger und Brutus Howell. Ich dachte an meine Mutter und an Jan, meine Frau, die in Alabama gestorben war. Mit Geistern kannte ich mich aus, das kann man wohl sagen.
    »Nein«, sagte ich. »Es war nicht der erste Geist, den ich gesehen habe. Aber, Elaine – es war ein Schock. Weil er es war.«
    Sie küsste mich von Neuem und erhob sich. Sie zuckte dabei zusammen und presste die Hände auf ihre Hüften, als befürchtete sie, dass sie aus ihrer Haut springen könnten, wenn sie nicht sehr vorsichtig war.
    »Mir ist nicht mehr nach Fernsehen«, sagte sie. »Ich habe mir eine zusätzliche Pille für einen besonders schlimmen Tag … oder für eine besonders schlimme Nacht aufgehoben. Ich werde sie nehmen und wieder ins Bett gehen. Vielleicht solltest du das auch tun.«
    »Ja«, erwiderte ich, »das sollte ich wohl tun.« Einen wilden Augenblick lang dachte ich daran, ihr vorzuschlagen, zusammen ins Bett zu gehen, aber dann sah ich den Schmerz in ihren Augen und besann mich eines Besseren. Denn vielleicht hätte sie Ja gesagt, und zwar nur mir zuliebe. Nicht gerade toll.
    Wir verließen den Fernsehraum (ich werde ihn nicht mit diesem anderen Namen würdigen, nicht einmal, um ironisch zu sein) Seite an Seite, und ich passte mich Elaines Schritten an, die langsam und quälend vorsichtig waren. Im Gebäude war es still bis auf das Stöhnen von jemandem, der hinter irgendeiner geschlossenen Tür in den Klauen eines schlechten Traums gefangen war.
    »Wirst

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